Der Weltkrieg am 5. August 1914

 

Deutsche Erfolge im Osten

Berlin, 5. Ang. (W. B.)
Kurz nachdem bei Soldau befindliche deutsche Truppen heute morgen angetreten waren, um starke russische Kavallerie zurückzuschlagen, erfolgte der Angriff einer russischen Kavalleriebrigade. Unter dem Feuer der deutschen Treppen brach der russische Kavallerieangriff unter schwersten Verlusten zusammen.

Berlin, 5. Ang. (W. B.)
Gestern nachmittag griff (wie schon gemeldet) deutsche Kavallerie das von Russen besetzte Kibarty an, einen an der Grenze nahe Stallupönen gelegenen russischen Ort. Die Besatzung von Kibarty verließ fluchtartig den Ort, der von unseren Truppen besetzt wurde. Eine in der Nähe befindliche russische Kavalleriedivision sah dem Kampf untätig zu. Der einzige Grenzschutz ist hiermit durchbrochen, was für unsere Aufklärung von größter Wichtigkeit ist.

Berlin, 5. Ang. (W. B.)
Deutsche Kavallerie besetzte gestern Wielun, südlich von Kalisch, von der russisch - polnischen Bevölkerung mit Jubel begrüßt.

 

Weitere Beschlagnahme russischer Staatsgelder

München, 5. Aug. (Priv.-Tel.)
Das Guthaben des russischen Staates bei der hiesigen Vereinsbank ist beschlagnahmt worden.

 

Österreichs Aktion in Serbien

Wien, 5. Aug. (Korr.-Bureau.)
Berichte der an der serbischen Grenze stehenden Truppen lassen erkennen, daß eine erhöhte Tätigkeit einzutreten beginnt. Bei Belgrad suchten serbische Festungsgeschütze der oberen und unteren Festung und der benachbarten Höhen durch heftiges Feuer die Bewegungen am diesseitigen Ufer und die Schiffahrt auf der Save und der Donau zu verhindern. Dieses veranlaßte die österreichischen Truppen gestern, das Artilleriefeuer zu eröffnen. Der Kampf endete damit, daß die serbischen Geschütze zum Schweigen gebracht wurden. Die Festungswerke sind schwer beschädigt, die Stadt blieb vollkommen verschont. An der Drina herrscht Ruhe. Sehr lobend wird die Tätigkeit der im Sicherheitsdienste verwendeten Truppen, insbesondere der Infanterie und Grenzjäger hervorgehoben.

 

Das französische Parlament

Paris, 5. Aug. (W. B.)
Die gestrige Sitzung der Kammer wurde von dem Präsidenten Deschanel pünktlich um 3 Uhr eröffnet. Der russische Botschafter Iswolski wohnte der Sitzung auf der Diplomatentribüne bei. Nachdem Deschanel Jaures einen Nachruf gewidmet hatte, der unter allgemeiner Aufmerksamkeit und mit begeistertem Beifall angehört wurde, gab er dem Ministerpräsidenten Viviani das Wort, der eine Botschaft des Präsidenten der Republik verlas, welche die Kammer stehend unter häufigen Beifallsrufen anhörte. Das Publikum stimmte in den Beifall der Deputierten ein.
Viviani erstattete darauf sein diplomatisches Eyposé über die Lage. Lauter Beifall ertönte, als der Redner der Haltung Belgiens huldigte. Mit Begeisterung nahm die Versammlung
die Mitteilung über die französische und russische Mobilisation, sowie die Ankündigung über die englische Mobilisation auf.
Viviani verlas darauf unter größter Aufmerksamkeit des Hauses die diplomatischen Dokumente, welche Frankreich und England verbinden. Zum Schlusse seiner Rede erklärte er inmitten unbeschreiblicher Ovationen: Wir sind ohne Vorwurf und ohne Furcht.
Minister Noulens zählte darauf die Gesetzesvorlagen auf deren Annahme die Regierung wünsche, namentlich diejenigen betreffend die Zulassung von Elsaß-Lothringern in die französische Armee. Sämtliche Gesetzvorlagen wurden angenommen. Der Präsident verlas sodann ein von der serbischen Skupschtina übersandtes Sympathietelegramm und seine Antwort darauf, in der er der tapferen serbischen Nation den Gruß ganz Frankreichs ausspricht. Darauf wurde die Sitzung aufgehoben.

 

Unsere Flotte in Aktion

Beschießung algerischer Plätze

Berlin 5. Aug. (W. B.)
Die im Mittelmeer befindlichen Deutschen Kriegsschiffe sind gestern an der Küste von Algier erschienen und haben einzelne befestigte Plätze zerstört, insbesondere Einschiffungsorte für französische Truppentransporte. Das Feuer wurde erwidert.

Unterseeboote am Sund

Kopenhagen, 5. Aug. (W. B.)
Drei deutsche Unterseeboote wurden gestern Nachmittag im Südausgang des Sundes gesichtet. Sie scheinen dort eine Vorpostenstellung eingenommen zu haben.

Der Sund durch Minen gesperrt

Berlin, 5. Aug.
In einer Sonderausgabe der vom Reichsmarineamt herausgegebenen Nachrichten für Seefahrer wird mitgeteilt: Im Kopenhagener Sunde, Königstief (Kongedyb),
Holländer Tief und Drohen liegen Minen. Die Fahrstraße der Dampfer führt durch die Flintrinne. Für Kopenhagen besteht Lotsenzwang. Die ungefähre Lage des Drogden-Feuerschiffs ist 55°O, 33°ON, 12°O, 43°O.

Ein deutsches Geschwader in der Richtung Memel-Libau

Petersburg 5. Aug.
Ein aus 19 Schiffen bestehendes deutsches Geschwader ist gestern in der Richtung Memel-Libau bemerkt worden.

 

Aus unseren Kolonien

Berlin, 5. Aug. (W. B.)
Die glühende vaterländische Begeisterung, die in diesen Tagen alle Deutschen des Mutterlandes erfüllt, hat nach eingetroffenen Meldungen auch die Volksgenossen unserer Schutzgebiete ergriffen. So richtete der Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika folgendes Telegramm an den Kaiser: "Ew. Majestät versichere die Deutschen Südwests unverbrüchliche Treue. Sie bitten zu Gott um den Sieg für das Vaterland. Die Truppe und die Bevölkerung sind voll Mut und Vertrauen. Alleruntertänigst Gouverneur Seitz."

 

Die Neutralen

Bukarest, 5. Aug. (W. B.)
Extrablätter melden, daß der gestrige Kronrat in Sinaja die Neutralität Rumäniens beschlossen hat.
Kopenhagen, 5. Aug. (W. B.)
Da der Krieg ausgebrochen ist zwischen Deutschland und Rußland und zwischen Deutschland und Frankreich, beschloß die dänische Regierung absolute Neutralität während dieser Kriege zu wahren.
Washington, 5. Aug.
Präsident Wilson erließ die Neutralitätserklärung der Vereinigten Staaten.

 

Erneuerung des Eisernen Kreuzes

Berlin, 5. Aug. (W. B.)
Durch Verordnung vom heutigen Tage erneuerte der Kaiser für den gegenwärtigen Feldzug den Orden des Eisernen Kreuzes.

Berlin, 5. Aug. (W. B.)
Der "Reichsanzeiger" veröffentlicht folgende Urkunde über die Erneuerung des Eisernen Kreuzes:

Wir, Wilhelm von Gottes Gnaden, König von Preußen usw.: Angesichts der ernsten Lage, in welche das teure Vaterland durch den ihm aufgezwungenen Krieg versetzt worden ist, und in dankbarer Erinnerung an die Heldentaten unserer Vorfahren in den großen Jahren der Befreiungskriege und des Kampfes für die Einigung Deutschlands, wollen wir das von unserm in Gott ruhenden Urgroßvater gestiftete Ordenseichen des Eisernen Kreuzes abermals wieder aufleben lassen. Das Eiserne Kreuz soll ohne Unterschied des Ranges und des Standes an Angehörige des Heeres, der Marine und des Landsturmes, an die Mitglieder der freiwilligen Krankenpflege und sonstige Personen, die eine Dienstverpflichtung mit dem Heere oder der Marine eingehen, oder als Heeres- oder Marinebeamte Verwendung finden, als Belohnung eines auf dem Kriegsschauplatz erworbenen Verdienstes verliehen werden. Auch solche Personen, die daheim Verdienste um das Wohl der deutschen Streitmacht und einer Verbündeten sich erwerben, sollen das Kreuz erhalten. Demgemäß verordnen wir, was folgt:
1. Die für diesen Krieg wieder ins Leben gerufene Auszeichnung des Eisernen Kreuzes soll wie früher auf zwei Klassen und einem Großkreuz bestehen. Ordenszeichen sowie das Band bleiben unverändert. Nur ist auf der Vorderseite unter dem W mit der Krone die Jahreszahl 1914 anzubringen.
2. Die zweite Klasse wird am schwarzen Bande mit weißer Einfassung im Knopfloch getragen, sofern sie für Verdienste auf dem Kriegsschauplatz erworben worden ist, für daheim erworbenes Verdienst am weißen Bande mit schwarzer Einfassung. Die erste Klasse wird auf der linken Brust, das Großkreuz um den Hals getragen.
3. Die erste Klasse kann erst nach Erwerbung der zweiten Klasse verliehen werden und wird neben dieser getragen.
4. Die Verleihung des Großkreuzes ist nicht durch die vorherige Erwerbung der ersten und zweiten Klasse bedingt. Sie kann nur erfolgen für eine gewonnene entscheidende Schlacht, durch welche der Feind zum Verlassen seiner Stellungen gezwungen oder für eine selbständige, von Erfolg gekrönte Führung einer Armee oder der Flotte, oder für die Eroberung einer großen Festung oder für die Erhaltung einer wichtigen Festung durch deren ausdauernde Verteidigung.
5. Alle mit dem Besitze des Militärehrenzeichens erster und zweiter Klasse verbundenen Vorzüge gehen, vorbehaltlich der verfassungsmäßigen Regelung der Ehrenzulage, auf das Eiserne Kreuz erster und zweiter Klasse über.
Urkundlich unter höchsteigenhändiger Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.

Gegeben Berlin, 5. August 1914.

Wilhelm II.,
v. Bethmann Hollweg,
Tirpitz,
Delbrück,
Beseler,
Breitenbach,
Sydow,
v. Trott zu Solz,
Freiherr v. Schorlemer,
Lentze,
v. Falkenhayn,
Löbell,
Kühn,
Jagow.

Der 1. Weltkrieg im August 1914

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1914)

 

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