Der Weltkrieg am 19. August 1914

 

Des Kaisers Abschiedsworte an seine Garde

Kaiser Wilhelm II.
Kaiser Wilhelm II.

Bevor das Leibregiment der Hohenzollern, das Erste Garderegiment zu Fuß, seine Garnison Potsdam verließ, hat sich, wie die "Hamburger Nachrichten" melden, der Kaiser als Chef des Regiments von seinen Grenadieren mit einer Ansprache verabschiedet, die folgenden Wortlaut hatte:

"Die früheren Generationen und auch alle, die heute hier stehen, haben die Soldaten des Ersten Garderegiments und Meiner Garde an diesem Orte schon öfter versammelt gesehen. Sonst war es der Fahneneid, das Gelübde, das wir vor dem Herrn schwuren, das uns hier vereinte. Heute sind alle hier erschienen, den Segen für die Waffen zu erbitten, da es jetzt darauf ankommt, den Fahneneid zu bewegen bis zum letzten Blutstropfen. Das Schwert soll entscheiden, das Ich jahrzehntelang in der Scheide gelassen habe. Ich erwarte von Meinem Ersten Garderegiment zu Fuß und Meiner Garde, daß sie ihrer glorreichen Geschichte ein neues Ruhmesblatt hinzufügen werden. Die heutige Feier findet uns im Vertrauen auf den höchsten Gott und in Erinnerung an die glorreichen Tage von Leuthen, Chlum und St. Privat. Unser alter Ruhm ist ein Appell an das deutsche Volk und sein Schwert. Und das ganze deutsche Volk bis auf den letzten Mann hat Das Schwert ergriffen. Und so ziehe Ich denn das Schwert, das Ich mit Gottes Hilfe Jahrzehnte in der Scheide gelassen habe." Bei diesen Worten zog der Kaiser das Schwert aus der Scheide und hielt es hoch über seinem Haupte. "Das Schwert ist gezogen, das Ich, ohne siegreich zu sein, ohne Ehre nicht wieder einstecken kann. Und ihr alle sollt und werdet Mir dafür sorgen, daß es erst in Ehren wieder eingesteckt werden wird. Dafür bürgt ihr Mir, daß Ich den Frieden Meinen Feinden diktieren kann. Auf in den Kampf mit den Gegnern und nieder mit den Feinden Brandenburgs. Drei Hurras auf unser Heer!" 

Der Regimentskommandeur erwiderte darauf:

"Eurer Majestät danke ich ganz untertänigst im Namen von fast siebentausend Grenadieren und Füsilieren für den überaus gnädigen Abschiedsgruß, den Eure Majestät uns zugerufen haben. Wir geloben hier auf dieser von der Tradition geheiligten Stätte, wo Jahrhunderte preußischen Ruhms auf uns herabsehen, den Grenadieren des großem Königs es gleich zu tun, die furchtlos einer Welt von Feinden entgegensahen, nur ihrem König und ihrer gerechten Sache vertrauend. So vertraut ein jeder von uns Eurer Majestät. Unser unbezwingbarer Wille zum Siege soll gleich sein dem, der die Stürmer von Chlum und St. Privat beseelt hat. Und jeder von uns, der in den beiden Regimentern in Reih und Glied steht, weiß, daß es nur eins gibt für uns: zu siegen oder zu sterben. Dies geloben wir, indem wir in den altpreußischen Schlachtruf einstimmen, mit dem wir heute unser Leben aufs neue bis zum letzten Blutstropfen Eurer Majestät weihen: Seine Majestät der Kaiser und König, unser geliebter Kriegsherr und Regimentschef, hurra!" 2)

 

Ein japanisches Ultimatum 

Berlin, 19. Aug. (Priv.-Tel.)
Nachdem durch das offiziöse Telegraphenbureau bekanntgegeben worden ist, was in politischen Kreisen schon seit mehreren Tagen besprochen wurde, daß Japan im Begriff stehe, ein Ultimatum wegen Kiautschou an Deutschland zu richten, besteht kaum ein Zweifel darüber, daß diese Absicht ausgeführt werden wird, oder schon ausgeführt ist. Auch der Inhalt des Ultimatums wird keine Überraschung sein. Japan verlangt einfach Kiautschou mit allem Zubehör. Ebenso wenig besteht ein Zweifel, wie Deutschlands Antwort auf dieses Ultimatum allein lauten kann.
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Das Ultimatum 

Berlin, 19. Aug. (W. B.)
Der hiesige japanische Geschäftsträger hat im Auftrag seiner Regierung dem Auswärtigen Amt eine Note überreicht, worin unter Berufung auf das englisch-japanische Bündnis die sofortige Zurückziehung der deutschen Kriegsschiffe aus den japanischen und chinesischen Gewässern oder die Abrüstung dieser Schiffe, ferner bis zum 15. September die bedingungslose Übergabe des gesamten Pachtgebietes von Kiautschou an die japanischen Behörden und die unbedingte Annahme dieser Forderungen bis zum 23. August verlangt wird.
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Zur Einnahme von Schabatz 

Wien, 19. Aug. (W. B.)
Ungarische Blätter erfahren Einzelheiten über die Einnahme von Schabatz, aus denen hervorgeht, daß Frauen und Kinder aus alten Karabinern schossen und Bomben warfen, ohne jedoch viel Unheil anzurichten. Serbische Soldaten schossen auf Abteilungen des Roten Kreuzes und auf Ärzte. Scharenweise schwammen serbische Soldaten in vollständiger Ausrüstung durch die Save, die Donau und die Drina zu den Österreichern herüber, so daß in kurzer Zeit 500 serbische Deserteure eingefangen wurden. Die Soldaten hoben hervor, wie glänzend sich die österreichischen Geschütze bewähren, welche eiserne Disziplin bei den Österreichern herrsche und wie sparsam sie mit der Munition umgingen.
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Vom serbischen Kriegsschauplatz 

Wien, 19. Aug. (Priv.-Tel.)
Wie die "Reichspost" meldet, haben die österreichisch-ungarischen Truppen auch bei Progar, 23 Kilometer westlich von Semlin, die Save überschritten und die serbische Stadt Obrenowatsch genommen.
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Vom westlichen Kriegsschauplatz 

Berlin, 19. Aug. (W. B.)
Die französische 5. Kavalleriedivision wurde heute unter schweren Verlusten bei Perwez, (nördlich von Namur) von unserer Kavallerie zurückgeworfen.

Berlin, 19. Aug. (W. B.)
Bayerische und badische Truppen schlugen die bis Weiler (15 Kilometer nordwestlich
von Schlettstadt) vorgedrungene 55. Infanteriebrigade, brachten ihr große Verluste bei und warfen sie über die Vogesen zurück.

Köln, 19. Aug. (Priv.-Tel.)
Angesichts der fortdauernden Lügen der ausländischen Presse stellt die "Kölnische Zeitung" fest, daß der Kommandant der Festung Lüttich, General Léman, heute im Automobil als Gefangener in Köln eingetroffen ist.
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Der 1. Weltkrieg im August 1914

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1914)

 

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