Das
Ergebnis der österreichischen Kriegsanleihe
Wien,
24. November. (Priv.-Tel.)
Das Ergebnis der österreichischen Kriegsanleihe, deren
Subskriptionsfrist heute um 12 Uhr mittags abgelaufen ist, beträgt bis 12
Uhr mittags 1441 Millionen Kronen. Da die formale Durchführung
zahlreicher Zeichnungen durch den Krieg erschwert ist, dürfen die
Zeichnungsstellen auch weiterhin Anmeldungen entgegennehmen.
Die
"Frankfurter Zeitung" schrieb dazu:
Dieses Ergebnis der österreichischen Anleihe-Emission wird man auch
in Deutschland mit lebhafter Befriedigung begrüßen. Als Österreich und
Ungarn ihre Kriegsanleihen zur Zeichnung auflegten, wählten sie denselben
Weg, den im September Deutschland für seine Kriegsanleihe mit so großem
Erfolg beschritten hatte: sie setzten nicht einen bestimmten Anleihebetrag
fest, sondern ließen die Summe der Anleihe frei, um so nur ernsthafte
Zeichnungen zu erhalten und alle Schein-Zeichnungen, die nur in der
Spekulation auf eine Reduktion bei der Zuteilung abgegeben würden, zu
verhindern, und um auf der anderen Seite der Sparkraft und dem
Patriotismus der Bürger jeden Spielraum zu lassen. Jede Zeichnung mußte
auf volle Zuteilung rechnen, aber jede Zeichnung durfte auch volle
Zuteilung erwarten: wer dem Staate Geld zur Führung seines
Existenzkampfes zur Verfügung stellen wollte, der fand dazu in dem Erwerb
der hochrentierenden Anleihen Gelegenheit.
Dieser Appell an die Freiwilligkeit der Bürger hat auch bei unseren Verbündeten
einen vollen Erfolg gehabt. Die österreichisch - ungarischen Behörden
erwarteten, als sie zu der Emission schritten, in beiden Hälften der
Monarchie einen Gesamtbetrag von etwa 1½ Milliarden Kronen. Jetzt stellt
sich heraus, daß diese Summe schon fast allein von der österreichischen
Hälfte aufgebracht worden ist: die Zeichnungen in Österreich erreichen
schon jetzt (sie werden noch wachsen, da die Listen noch weiter offen
gehalten werden sollen) einen Betrag von 1441 Millionen Kronen, in Ungarn
aber werden die Zeichnungen gleichzeitig bereits auf 800 Millionen Kronen
geschätzt - das ergibt mithin schon eine Summe von 2½ Milliarden Kronen,
reichlich 1900 Millionen Mark, die die beiden Reichshälften für ihre
finanzielle Kriegsrüstung mit dieser ersten Emission aufgebracht haben.
Unseren Gegnern wird dieses Resultat wieder einiges zu denken geben, das
ihnen wenig Freude bereiten wird. Sie hatten darauf gebaut, daß Österreich-Ungarn
finanziell schwach sei, geschwächt vor allem auch durch die außerordentlichen
Aufwendungen für die Teilmobilisierungen, die es während der
Balkankrisen der letzten Jahre, in diesem Vorspiel unseres Krieges, hatte
vornehmen müssen - und nun erfahren sie, daß dieses Österreich-Ungarn
ganz aus eigener Kraft und ohne Zwang, rein auf dem Wege der freiwilligen
Zahlung, einen Betrag von 2½ Milliarden Kronen aufzubringen imstande ist.
Und sie hatten noch viel mehr darauf gebaut, daß Österreich-Ungarn
politisch schwach sei durch den Widerstreit der Nationalitäten - und müssen
nun dieses Zeichnungsresultat erleben, das doch nur möglich war durch die
Hingabe und Opferbereitschaft der weitesten Schichten des Volkes. Das ist
für unsere Gegner eine sehr nützliche Lehre. Sie wird noch
eindringlicher durch das bisherige Ergebnis ihrer eigenen Finanzrüstung,
vor allem in Frankreich (von Rußland, dessen Finanz- und Wirtschaftslage
immer problematischer wird, gar nicht zu reden). Frankreich, das sich vor
dem Kriege so gern den "Bankier der Welt" nennen ließ, ist noch
immer nicht imstande gewesen, eine wirkliche, große Kriegsanleihe
auszugeben, hat es doch in großem Umfange nicht einmal die Einzahlungen
auf die große, vor dem Kriege aufgenommene Rüstungs-Anleihe einziehen können;
jetzt muß es den Griechen mitteilen, daß sie das Geld auf die Anleihe,
die Frankreich ihnen im Frühjahr bewilligt hatte, "erst nach dem
Kriege" erhalten könnten. Mit welchem Neide mag das reiche
Frankreich jetzt auf das arme Österreich-Ungarn blicken, das so prompt
die Milliarden aufbringt, die man in Frankreich bisher so gar nicht flüssig
machen konnte.
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