Der Weltkrieg am 7. Dezember 1914

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Durchgreifender Erfolg bei Lodz

Großes Hauptquartier, 7. Dezember, vormittags.
Vom westlichen Kriegsschauplatz und dem östlich der Masurischen Seenplatte liegen keine besonderen Nachrichten vor.
In Nordpolen haben wir in langem Ringen um Lodz durch das Zurückwerfen der nördlich, westlich und südwestlich dieser Stadt stehenden starken russischen Kräfte einen durchgreifenden Erfolg errungen. Lodz ist in unserem Besitz. Die Ergebnisse der Schlacht lassen sich bei der Ausdehnung des Kampffeldes noch nicht übersehen. Die russischen Verluste sind zweifellos sehr groß.
Versuche der Russen, aus Südpolen ihrer bedrängten Armee in Nordpolen zu Hilfe zu kommen, wurden durch das Eingreifen österreichisch-ungarischer und deutscher Kräfte in der Gegend südwestlich Piotrkow vereitelt.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Die Russen bei Piotrkow zurückgedrängt

Wien, 7. Dezember, mittags.
Amtlich wird verlautbart:
Das Ringen um die Entscheidung auf dem russischen Kriegsschauplatz dauert an. Österreichisch-ungarische und deutsche Truppen wiesen im Angriff im Raume südwestlich Piotrkow die über Noworadomsk nordwärts vorstrebenden russischen Kräfte zurück, indessen deutsche Truppen den Feind zum Weichen zwangen.
In Westgalizien sind gleichfalls schwere Kämpfe im Gange. Ihr Ergebnis steht noch aus. In diesem Raume nahmen unsere und die deutschen Truppen gestern neuerdings 1500 Russen gefangen.
In den Karpathen wird weiter gekämpft. An manchen Stellen hat der Feind starke Kräfte wieder hinter den Gebirgskamm zurückgezogen.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Generalmajor.
1)

 

Umgruppierung der österreichisch-ungarischen Truppen in Serbien

Wien, 7. Dezember.
Vom südlichen Kriegsschauplatz wird aus Wien amtlich gemeldet:
Die mit der Einnahme von Belgrad bedingten Operationen erfordern nunmehr eine Umgruppierung unserer Kräfte, deren Details sich naturgemäß der allgemeinen Verlautbarung entziehen.
1)

 

Eine Ansprache Poincarés

Paris, 7. Dezember. (Priv.-Tel.)
Nach einer Havas-Meldung unternahm die Patriotenliga gestern wie alljährlich ihre Fahrt nach dem Schlachtfelde von Champigny. Auf dem Schlachtfelde hielt der Präsident Poincaré eine Ansprache, in der er sagte: Damit der Friede lange und glücklich ausfalle, müsse er gewährleistet sein durch die vollständige Sühne für die verletzten Rechte, und Frankreich müsse sich vorsehen gegen künftige Angriffe. Es müsse die Parole aufstellen: Sühne für das Vergangene und Garantien für die Zukunft.
2)

 

Die Neutralität der Schweiz

Bern, 7. Dezember. (Priv.-Tel.)
Der Bundesrat unterbreitet der Bundesversammlung einen Bericht über die von ihm seit der Mobilmachung kraft seiner Vollmachten getroffenen Maßnahmen. Er führt darin die Antworten an, welche auf seine Neutralitätserklärung eingingen; diejenige Deutschlands ist besonders warm gehalten. Sie lautete: "Die Kaiserliche Regierung hat von der Erklärung des Bundesrats mit aufrichtiger Genugtuung Kenntnis genommen und vertraut darauf, daß die Eidgenossenschaft, gestützt auf ihr kraftvolles Heer und den unbeugsamen Willen des gesamten Schweizervolkes, jede Verletzung ihrer Neutralität zurückweisen wird. Die Kaiserliche Regierung erneuert bei diesem Anlaß ihre bereits vor Ausbruch des Krieges dem hohen Bundesrate abgegebene feierliche Versicherung, daß das Deutsche Reich die Neutralität der Schweiz auf das peinlichste beobachten wird. Das aufrichtige Vertrauensverhältnis, das von jeher zwischen den beiden benachbarten Ländern bestanden hat, bürgt dafür, daß auch während dieses Krieges diese Beziehungen unverändert fortbestehen werden.
Die französische Regierung machte in ihrer Antwort Vorbehalte betreffs des Rechtes der Schweiz, Savoyen zu besetzen, indem sie behauptet, dieser Besetzung müsse ein Vertrag mit Frankreich vorangehen. Der Bundesrat hielt an seinem Standpunkt fest, hob jedoch hervor, die Frage sei nicht aktuell, da es sich nur um eine Eventualität handle. Der Bericht setzt weiter auseinander, daß die Lage der Neutralen im jetzigen Krieg ganz wesentlich verschlechtert worden sei im Vergleich zu dem, was man bisher als durch die Londoner Seerechts-Erklärung gedeckte und bestätigte völkerrechtliche Gemeinansicht betrachten durste. Einmal sei der Inhalt der relativen Konterbande erweitert worden, zweitens werde der Grundsatz nicht mehr anerkannt, daß die neutrale Flagge die Ladung decke und daß für neutrale Häfen und neutrale Länder bestimmte Waren dem Durchsuchungs- und Beschlagnahmerecht nicht unterliegen. Der Bundesrat habe nicht ermangelt, Schritte zu tun, um das Recht der Neutralen zu wahren. Jedoch habe diese Frage bisher keine Lösung gefunden.

Bern, 7. Dezember. (Priv.-Tel.)
Der Bundesrat teilt folgendes mit:
Auf die Vorstellungen, welche der Bundesrat bei der britischen und bei der französischen Regierung wegen des Überfliegens von schweizerischem Gebiet durch englische Flugzeuge erhoben hat, hat der französische Botschafter eine Erklärung des französischen Ministers des Äußern abgegeben dahingehend, daß derselbe den Vorfall, sofern er erwiesen sei, aufrichtigst bedauere. Dieser Vorfall könne gewiß nur einer Unachtsamkeit zugeschrieben werden. Im übrigen lege die französische Regierung mehr als je Gewicht auf die schweizerische Neutralität. Sie wolle, daß diese durch ihre Truppen beobachtet werde, einerlei, ob es sich um das Gebiet der Eidgenossenschaft oder um den darüber liegenden Luftraum handele.
Die britische Regierung hat heute durch ihren Gesandten dem Bundesrat eine Note überreichen lassen, in welcher sie ausführt, daß die Flieger, welche am Angriff auf die Zeppelinwerft teilnahmen, die bestimmte Weisung hatten, schweizerisches Gebiet nicht zu überfliegen. Wenn sie es dennoch getan hätten, so sei das auf Unachtsamkeit und auf die Schwierigkeiten zurückzuführen, in großer Höhe die wirkliche Lage eines Luftfahrzeuges festzustellen. Auf Grund der schweizerischerseits gebrachten Beweise für das Überfliegen schweizerischen Gebiets halte die britische Regierung darauf, dem Bundesrat zu versichern, daß dies entgegen ihren Absichten geschehen sei, und spreche ihm dafür ihr lebhaftes Bedauern aus. Die britische Regierung wünsche im Anschluß daran festzustellen, daß aus den ihren Fliegern erteilten Instruktionen und aus dem dem Bundesrat wegen deren Nichtbeobachtung ausgesprochenen Bedauern keine allgemeinen Schlüsse auf die englische Anerkennung eines nicht unbestritten geltenden völkerrechtlichen Grundsatzes betreffend die Gebietshoheit über den Luftraum gezogen werden könnten.
Der Bundesrat hat den beiden Regierungen für ihre Erklärung gedankt und die Gelegenheit benutzt, der britischen Regierung neuerdings mitzuteilen, daß mit Rücksicht darauf, daß keine völkerrechtliche Beschränkung der Gebietshoheit über den Luftraum bestehe, er die letztere im vollen Umfange geltend machen müsse und schon bei Anlaß der Mobilisation der Truppen entsprechende Weisungen zum Schutze derselben erlassen habe.
2)

 

Der Vatikan und der Krieg

Rom, 7. Dezember. (Priv.-Tel.)
Wie ein neues Informationsbureau "La Corrispondenza" erfährt, ersuchte der Papst die Oberhäupter der kriegführenden Mächte, am Weihnachtstage einen eintägigen Waffenstillstand eintreten zu lassen.
England fährt fort, der Kurie entgegenzukommen. Es räumte den katholischen Bischöfen einen zensurfreien diplomatischen Verkehr mit dem Vatikan ein.
2)

 

Regierungswechsel in Serbien


Paschitsch

Rom, 7. Dezember. (W. B.)
Die "Agenzia Stefani" meldet aus Nisch: 
Das Kabinett Paschitsch ist zurückgetreten. Ein neues Kabinett unter dem Vorsitz Paschitschs ist in der Bildung begriffen.

Rom, 7. Dezember. (Priv.-Tel.) 
Aus Nisch wird gemeldet: 
Das neue Ministerium ist ein Koalitionskabinett. Paschitsch hat wie bisher den Vorsitz und das Äußere, Oberst Bojowitsch ist Kriegsminister.
2)

 

Rücktritt des portugiesischen Kabinetts

Lissabon, 7. Dezember. (W. B.)
Das ganze portugiesische Kabinett ist zurückgetreten Es soll ein Nationalkabinett aus Mitgliedern aller Parteien gebildet werden.
2)

 

Die Stadt Hindenburg

Zabrze, 7. Dezember. (W. B.)
Der Gemeindevorstand hat beschlossen, daß die Stadt den Namen Hindenburg annehme und hat dies dem Generalfeldmarschall mitgeteilt Darauf ist dem Gemeindevorstand aus dem Hauptquartier-Ost folgendes vom 4. Dezember datiertes Telegramm zugegangen: "Dem Gemeindevorstand teile ich ergebenst mit, daß Generalfeldmarschall v. Hindenburg gestattet, daß bei der Namensänderung Ihrer Gemeinde sein Name gewählt werde;
Exzellenz bemerkt jedoch, hierdurch nicht der Kgl. Regierung als der hierzu zuständigen Behörde vorgreifen zu wollen. I. A. Caemmerer, Hauptmann, Erster Adjutant."
2)

 

Der 1. Weltkrieg im Dezember 1914

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1914)

 

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