Der
mißlungene Durchbruchsversuch in der Champagne
Die
"Frankfurter Zeitung" schreibt:
Die Angriffe der Franzosen gegen unsere Stellung im Raum zwischen
Reims und dem Argonnenwald haben im Verlauf der großen Dezember-Offensive
Joffres zum ersten Male eine Rolle gespielt, die über die im Verlauf
der vorausgegangenen Annäherungsarbeiten unternommenen Vorstöße
beträchtlich hinausging. Seit Mitte Dezember etwa versuchten die
Franzosen wochenlang gegen die Linie Souain - Tahure mit dem Ziel auf
die dahinterliegenden Orte Rethel und Vouziers durchzustoßen und
unsere rückwärtigen Verbindungen zu durchschneiden. Dadurch
konnten die französischen Positionen bei Reims und vor allem im weiteren
Raum von Verdun erleichtert werden.
Etwas nördlich der Römerstraße, die von Reims durch die Champagne nach
Vienne zu den Argonnen führt, war die französische Front seit der Neuaufstellung
der Armeen in der zweiten Septemberhälfte zu suchen. Auf den Höhen in
der Linie Souain-Perthes-Servon hatten sich die Deutschen eingegraben.
Ein welliges Terrain, mit vielen scharfen Einschnitten und übersät mit
zahllosen kleineren und größeren Waldparzellen, von denen unsere Skizze
nur die hauptsächlichsten zeigt. Von Perthes nach Maisons de Champagne
läuft ein Höhenweg, der über den Kamm einer wichtigen Hügelkette gezogen
ist. Aus der Skizze ist ersichtlich, daß nördlich davon weitere beherrschende
Hügelreihen dem Verteidiger zur Verfügung stehen. Hinter diesen liegt
dann die Bahnlinie Reims - Verdun, deren Erreichung für die Franzosen
ein sehr begehrenswertes Ziel sein muß. Als Ergebnis der Dezemberkämpfe,
die angeblich, wie die Bulletins versicherten, zur Erstürmung zahlreicher
deutscher Schützengräben geführt haben, meldete die französische Heeresleitung
Anfang Januar als einzig greifbaren Erfolg, daß der Punkt 200 westlich
von Perthes genommen und behauptet werde, und daß die Franzosen zwei Kilometer
nordöstlich von Le Mesnil ein Gehölz in Besitz genommen hätten. Im übrigen
las man zwar jeden Tag von Fortschritten und hörte von Ortsbestimmungen,
wie westlich und nördlich von Perthes, nördlich von Mesnil und Beausejour,
ohne daß es möglich gewesen wäre, aus diesen Angaben irgendwie die Lage
der neuen französischen Gräben genauer bestimmen zu können. So viel stand
aber fest, daß die französischen Stellungen im Verlauf der langen Offensive
nur geringen und völlig belanglosen Raum gewonnen hatten und im ganzen
etwa in einer Linie nördlich von folgenden Orten verlaufen mußten: Souain,
Perthes, Le Mesnil, Beausejour, Massiges, Ville sur Tourbe. Durch einen
deutschen Gegenangriff kam dann die beherrschende Höhe 191 bei Massiges
in unseren Besitz.
Nun kam die große Offensive im Februar und März, die nach dem deutschen
Tagesbericht völlig und kläglich gescheitert ist. Es sollte ein Durchbruchsversuch
sein, bei dem in dem schmalen Raum zwischen Perthes und Beausejour über
sechs feindliche Armeekorps zum Sturm angesetzt wurden, nachdem eine ungeheure
Kanonade gegen unsere Gräben gerichtet worden war. - Und nun der Erfolg:
anstatt daß unsere Linie durchbrochen oder wenigstens schwer eingeknickt
worden wäre, finden wir die Franzosen im großen ganzen in denselben Stellungen,
die sie schon im Januar vor diesem neuen Angriff eingenommen hatten, in
Stellungen, die sich sogar von denen des vergangenen Herbstes nur dadurch
unterscheiden, daß die Franzosen ein wenig auf die Höhen emporgekrochen
sind. Nämlich: am 26. Februar sprachen die Bulletins davon, daß man ein
Gehölz "nordwestlich von Perthes", und eines "nördlich
von Mesnil" genommen habe und daß man nördlich von Mesnil am Kamm
des Hügels stehe. Am 2. März war man irgendwo über einen Kamm gekommen,
am 3. focht man im Wald "westlich (!) von Perthes", am 5 war
man nordöstlich von Mesnil "jenseits des Kammes" und am 10 März
hatte man ebendort und nur dort den Kammweg, der von Perthes nach Maisons
de Champagne führt, erreicht und hielt die Höhe 196. Nirgends haben sie
diese Linie überschritten. Bei Beausejour und Massiges können sie keinen
Punkt nennen, wo sie einen auf der Karte von jedermann feststellbaren
Fortschritt gemacht hätten, so daß ihnen nur die Genugtuung bleibt, zum
hundertsten oder zweihundertsten Male zu versichern, daß sie "vorangekommen"
seien, eine Art des Siegens, die die "Guerre Sociale" zu einem
so unfreundlichen Kommentar angeregt hat, daß der französische Zensor
von den "Gedanken eines einfältigen Zivilmenschen" nur die verheißungsvolle
Überschrift und ein schönes Kärtchen von der Champagne hat stehen lassen.
Dann vor einer großen, weißen Lücke die traurigen Worte: "Jeden Tag
erzählt uns unser Bulletin, daß wir da vorrücken."
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