Der Weltkrieg am 29. April 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Neue feindliche Angriffe bei Ypern abgeschlagen

Großes Hauptquartier, 29. April.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Unsere auf dem westlichen Kanalufer befindlichen Stellungen nördlich von Ypern am Yperlee-Bach bei Steenstraate und Het Sas werden seit gestern Nachmittag ununterbrochen, aber vergeblich angegriffen. Östlich des Kanals scheiterte ein gegen unseren rechten Flügel von Franzosen, Algeriern und Engländern gestern Abend gemeinsam unternommener Angriff unter sehr starken Verlusten für die Feinde. Die Zahl der von uns in den Kämpfen nördlich von Ypern erbeuteten feindlichen Geschütze hat sich auf 63 erhöht.
Feindliche Minensprengungen an der Eisenbahn La Bassée-Béthune und in der Champagne nördlich von Le Mesnil waren erfolglos. Bei Le Mesnil wurden heftige französische Angriffe gegen die von uns gestern Nacht eroberten Stellungen unter starken Verlusten für den Feind abgeschlagen. Die hier gemachten französischen Gefangenen befanden sich in jammervoller Verfassung; sie zitterten vor Angst, da ihnen von ihren Offizieren vorgeredet war, sie würden, in deutsche Gefangenschaft geraten, sofort erschossen.
Auf den Maashöhen südöstlich von Verdun schoben wir unsere Stellungen um einige hundert Meter vor und befestigten sie.
In den Vogesen ist die Lage unverändert.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Südlich von Kalwarja setzten wir uns in Besitz des Dorfes Kowale und der Höhe südlich davon.
Bei Dachowo südlich von Sochaczew eroberten wir einen russischen Stützpunkt.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Russischer Vorstoß im Oportale abgewiesen

Wien, 29. April.
Amtlich wird verlautbart:
Die allgemeine Lage ist unverändert.
An der Front in Russisch-Polen und in den Karpathen an mehreren Abschnitten heftige Geschützkämpfe. Unsere Artillerie feuerte mit guter Wirkung gegen russische Unterkunfts- und Munitionsobjekte. Im Oportale versuchte der Feind nach mehrstündigem erfolglosen Artilleriefeuer nachts einen Vorstoß gegen die Höhenstellungen unserer Infanterie wurde jedoch nach kurzem Kampfe an der ganzen Front abgewiesen.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Ein erfolgreicher Kampf in der Luft

Basel, 29. April. (Priv.-Tel.)
Gestern flogen drei französische Flugzeuge von Belfort nach Lörrach. Als das Herannahen der Flieger gemeldet worden war, stieg von deutscher Seite ein Kampfflugzeug auf, das bei Altkirch einen Angriff auf die französischen Flugzeuge unternahm. Eines der französischen Flugzeuge flog sofort nach Belfort zurück, das zweite setzte seinen Flug weiter fort, während das dritte von dem deutschen Flieger attackiert wurde. Bei diesem Kampfe erhielt der Führer des französischen Luftschiffes einen Kopfschuß, der französische Apparat fiel sodann, weil führerlos, aus 2000 Meter Höhe in die Tiefe, wobei auch der Beobachter zerschmettert wurde.
2)

 

Deutsche Bomben auf Nancy

Paris, 29. April. (W. B.)
Nach einer Meldung des "Temps" aus Nancy überflog ein deutsches Flugzeug, das sehr hoch flog, das Zentrum von Nancy. Drei Bomben fielen in der Nähe des Justizpalastes herab; drei Personen wurden getötet und sechs schwer verletzt. Andere Personen, deren Zahl und Identität nicht feststeht, wurden leicht verletzt. Das deutsche Flugzeug wurde heftig beschossen, verschwand aber schnell. Nach einer anderen Meldung des "Temps" wurden am Dienstag Bomben auf Nancy geworfen, von denen fünf Personen getötet wurden.
2)

 

Die siegreichen Kämpfe der Türken auf Gallipoli

Konstantinopel, 29. April.
In den ergänzenden Berichten über die Vorgänge an den Dardanellen treten die Tapferkeit und der Elan der osmanischen Offiziere und Soldaten immer deutlicher zutage. Während der Kämpfe auf der Halbinsel Gallipoli, insbesondere bei Kaba Tepe, kämpften die türkischen Truppen zwei Tage und eine Nacht hindurch ununterbrochen, ohne die geringste Erschöpfung zu zeigen, gegen stets von neuem heranrückende feindliche Kräfte. Bei den ersten Kämpfen von Kum Kale gaben die türkischen Truppen keinen einzigen Gewehrschuß ab, sondern warfen den Feind bloß mit dem Bajonett zurück. Während der Kämpfe beschossen 40 feindliche Kriegsschiffe, darunter der russische Kreuzer "Askold", die zur Beobachtung aufgestellt waren, von Zeit zu Zeit Sed-ül-Bahr und Kum Kale. Die türkischen Forts erwiderten das Feuer mit Erfolg und brachten zwei Torpedoboote und ein Transportschiff zum Sinken. Ein schwer beschädigter Kreuzer mußte, wie schon gemeldet, nach Tenedos geschleppt werden. Die von den Türken gewonnene Kriegsbeute umfaßt eine große Zahl von Gewehren und eine Menge Munition.
1)

 

Der 1. Weltkrieg im April 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1915)

 

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