Der
Schauplatz des Durchbruchs
Kriegspressequartier,
4. Mai. (Priv.-Tel.)
Der Überschuß an Stoßkraft, mit dem unsere Angriffe gegen die
westliche Flanke und hiermit auch gegen den Rücken der russischen
Karpathenstellungen am Sonntag und Montag fortgesetzt wurden, hat
diesen Flügel in ununterbrochener Breite von 40 Kilometer eingedrückt
und bereits an die Wasserscheide der Höhen zwischen Dunajec und
Wisloka verschoben. Die Verluste der Russen sind ungeheuer, da
namentlich unsere schwere Artillerie mit hervorragender Wirkung in Tätigkeit
trat. Obwohl schon bisher ein großer Sieg errungen wurde, ist die
Aktion noch keineswegs abgeschlossen. Unsere Truppen drängen dem
weichenden Gegner stürmisch nach und halten nur, wenn die schwere,
gleichfalls folgende Artillerie ihr Feuer neuerdings gegen die
vorbereiteten russischen Aufnahmestellungen richtet, um erneutes
Festsetzen des Feindes in diesen zu verhindern.
Die Umfassung des südlichen Teiles der breiten geworfenen Fronten fängt
bereits an, wirksam zu werden. Ebenso ist ein Teil der Armee des
Erzherzogs Josef Ferdinand bereits im Vorrücken begriffen. Der
Kampf wird durch die größte Aktivität der Führung
charakterisiert und erstrebt besonders, es nicht zu einem Versanden
im Positionskriege kommen zu lassen.
Kriegspressequartier, 4. Mai. (Priv.-Tel.)
Der Übergang über den Dunajec wurde von unseren Pionieren am
äußersten linken Flügel der westgalizischen Front durchgeführt.
Als Übergangspunkt war die Gegend von Otfinow gewählt worden, wo
in Friedenszeiten eine Fähre über den Fluß führt. Der Dunajec
fließt dort zwischen hohen Überschwemmungsdämmen. Auf dem linken
Ufer, wo unsere Truppen standen, dehnt sich zwischen Damm und freiem
Wasser ein sumpfiges, stark mit Schilf verwachsenes Terrain. Der Übergang
war äußerst schwierig, da jeder Mann, der in Sicht der Russen kam,
sofort beschossen wurde. Die Pioniere begannen daher, im Damm ein
Loch zu graben, eben breit genug, daß ein Ponton durchgebracht
werden konnte. Diese Arbeit, die nur unter dem Schutz der Dunkelheit
vorgenommen werden konnte, nahm drei Nächte in Anspruch. Bei
Morgengrauen wurde das Loch gegen Sicht der Russen immer wieder mit
Sandsäcken und Schilfbelag maskiert. Als es breit genug war, legten
die Pioniere, abermals nachts, Gleise bis ins Wasser hinab. Auf
diesen wurden mittels Rädern die Pontons in der Nacht von Samstag
auf Sonntag hinabgelassen. Im Morgengrauen erfolgte der Überfall,
der die Ortschaft Otfinow in unseren Besitz brachte und die
Festsetzung am jenseitigen Dunajecufer zur Folge hatte, wobei 1000
Russen gefangen wurden.
Aussagen von Gefangenen schildern übereinstimmend die Wirkung der
verbündeten Artillerie, die furchtbarer war, als man sie sich
vorzustellen vermag. Die Leute, die sich von den erlittenen Qualen
und Strapazen durchweg noch nicht zu erholen vermochten, sagen übereinstimmend,
daß sie sich´s in der Hölle nicht ärger vorstellen können, als
es vier Stunden lang in ihren Schützengräben gewesen sei. Korps,
Divisionen, Brigaden und Regimenter schmolzen zusammen wie in der
Glut eines Hochofens. Nach keiner Seite hin war eine Rettung möglich,
denn es gab keinen Flecken Erde, auf den die vierhundert Geschütze
der Verbündeten nicht gewirkt hätten. Bei einer russischen
Reservedivision wurden sämtliche Generäle und Stabsoffiziere getötet
oder verwundet. Dazu tobte der Irrsinn in den Reihen der Russen, und
von allen Seiten übertönten hysterische Schreie noch das Gebrüll
unserer Geschütze, das für menschliche Nerven zu stark war. Über
die Reste der Russen, die sich scheu in die letzten Winkel der Schützengräben
drückten, brach dann der gewaltige Ansturm unserer Infanteriemassen
los, vor denen auch die herbeieilenden russischen Reserven
zusammenschmolzen. 2) |