Der Weltkrieg am 17. Juni 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Die Russen nördlich von Sieniawa über die Grenze gedrängt

Großes Hauptquartier, 17. Juni.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Nördlich des Teiches von Bellevaarde wurden die vorgestern verlorenen Grabenstücke zum größten Teil zurückerobert.
Die Engländer und Franzosen setzten gestern ihre Durchbruchsversuche fort. Nördlich des Kanals von La Bassée wurden die Engländer von Westfalen und Sachsen im Handgemenge überwältigt und zu beschleunigtem Rückzuge in ihre Stellungen gezwungen. Gegen die Front von westlich Liévin bis Arras richteten die Franzosen fortgesetzt neue Angriffe. An der Lorettohöhe wurde ihnen ein völlig zerschossener Graben überlassen, südlich Souchez gelang es ihnen, in unserer Stellung in einer Breite von 600 Meter Fuß zu fassen, dort wird noch gekämpft. An allen anderen Stellen wurden sie blutig abgewiesen. Die unter größtem Munitionseinsatz und ohne Rücksicht auf die schwersten Verluste geführten Angriffe haben somit wiederum mit einer Niederlage der Franzosen und Engländer geendet. Die für uns siegreichen Nahkämpfe legen erneut Zeugnis ab von der glänzenden Tapferkeit und unerschütterlichen Ausdauer unserer Truppen.
Mit dem gleichen Mißerfolg endeten französische Angriffe bei Moulins-sous-Touvent, wir nahmen dort 5 Offiziere, 300 Mann gefangen.
In den Vogesen dauerten die lebhaften Kämpfe zwischen Fecht- und Lauchtal gestern noch an, kamen aber am Abend zum Stillstand. Abgesehen von einem kleinen Geländeverlust nordwestlich Metzeral haben wir alle unsere Stellungen behauptet. 100 Gefangene fielen in unsere Hände.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Mehrere russische Angriffe wurden abgewiesen, sonst keine besonderen Ereignisse.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Nördlich Sieniawa zwangen die Angriffe der verbündeten Truppen die Russen zur Aufgabe ihrer Stellung und zum Rückzuge auf Tarnogrod.
Die Armee des Generaloberst v. Mackensen drängte in scharfer Verfolgung dem Feinde nach. Dachnow und Lubaczow wurden gestürmt. Das südliche Smolinka-Ufer wurde vom Gegner gesäubert, bei Niemirow der russische Widerstand schnell gebrochen, die Straße Niemirow-Jaworow überschritten; weiter südlich gingen die Russen gegen die Wereszyca zurück.
Südöstlich der Dnjestrsümpfe ist die Lage unverändert.

Die Behauptung im amtlichen französischen Bericht vom 16. Juni, 11 Uhr abends, daß die Kathedrale von Reims mit Brandgranaten beschossen worden sei, ist unwahr. Unser Feuer richtete sich vielmehr gegen die Ostkasernen sowie gegen die Batterien am Gleisdreieck nördlich von Reims, die lebhaft auf unsere Stellungen gefeuert hatten. 

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Neuer Luftangriff auf die englische Nordostküste

Berlin, 17. Juni.
In der Nacht vom 15. zum 16. Juni haben unsere Marineluftschiffe einen Angriff auf die Nordostküste Englands ausgeführt. Ein befestigter Küstenplatz wurde mit Bomben beworfen, durch die eine Reihe industrieller Anlagen, darunter ein Hochofenwerk, in Brand gesetzt und zum Teil zerstört wurde. Die Luftschiffe wurden stark beschossen, besonders heftig von einer Strandbatterie. Letztere wurde angegriffen und zum Schweigen gebracht. Die Luftschiffe erlitten keinerlei Beschädigung.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes.
gez. Behncke.
1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Der Westteil von Grodek erstürmt

Wien, 17. Juni, mittags.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Auch gestern konnten die geschlagenen russischen Armeen nirgends standhalten.
In Mittelgalizien setzten sie auf der ganzen Front, durch starke Nachhuten gedeckt, den Rückzug in nordöstlicher und östlicher Richtung fort. Die verbündeten Armeen verfolgen scharf. Nördlich Sieniawa dringen unsere Truppen über Cieplice und Cewkow vor und haben gestern starke russische Kräfte, die noch auf galizischem Boden kämpften, unter schweren Verlusten über die Reichsgrenze zurückgeworfen.
Östlich anschließend erreichten verbündete Truppen Lubaczow, entrissen den Russen nach heftigem Kampf Niemirow und drangen weiter auf Janow vor.
An der Lemberger Straße warfen Truppen der Armee Boehm starke russische Nachhuten bei Wolczuchy noch in den Abendstunden über die Wereszyca und erstürmten mitternachts den Westteil von Grodek. Auch südlich Grodek wurde das Westufer der Wereszyca vom Feinde gesäubert.
Südlich des Dnjestr ist die Situation im allgemeinen unverändert.
Italienischer Kriegsschauplatz:
An der Isonzofront schlugen unsere Truppen bei Plava wieder mehrere Angriffe unter schweren Verlusten für den Gegner ab. Im Felsgebiet des Krn dauern die Kämpfe der Gebirgstruppen fort.
An der Kärntner Grenze hat sich gestern nichts Wesentliches ereignet.
In Tirol wurden feindliche Vorstöße gegen das Tillier-Cher-Joch, im Tofanegebiet bei Tre Sassi, Buchenstein und auf dem Monte Coston (östlich Folgaria) zurückgewiesen

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Der 1. Weltkrieg im Juni 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

 

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