Der Weltkrieg am 23. August 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Die Festung Ossowiec besetzt

Großes Hauptquartier, 23. August.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Heute früh erschien eine feindliche Flotte von etwa 40 Schiffen vor Zeebrügge, die, nachdem sie von unserer Küstenartillerie beschossen wurde, in nordwestlicher Richtung wieder abdampfte.
In den Vogesen sind nördlich von Münster neue Kämpfe in der Linie Lingekopf - Schratzmännle - Barrenkopf im Gange. Starke französische Angriffe führten gestern abend teilweise bis in unsere Stellungen. Gegenangriffe warfen den Feind am Lingekopf wieder zurück; am Schratzmännle und Barrenkopf dauerten heftige Nahkämpfe um einzelne Grabenstücke die ganze Nacht an, etwa 30 Alpenjäger wurden gefangen genommen.
Bei Wavrin (südwestlich von Lille) wurde ein englisches Flugzeug heruntergeschossen.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg:
Die Truppen des Generalobersten v. Eichhorn sind östlich und südlich von Kowno im weiteren Vorschreiten.
Am Bobr besetzten wir die von den Russen geräumte Festung Ossowiec.
Nördlich und südlich von Tykocin fanden erfolgreiche Gefechte statt. Tykocin wurde genommen, es fielen dabei 1200 Gefangene (darunter 11 Offiziere) und 7 Maschinengewehre in unsere Hand.
Nördlich von Bielsk mißlangen verzweifelte russische Gegenstöße unter sehr erheblichen Verlusten für den Gegner, südlich dieser Stadt ging es vorwärts.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern:
Die Heeresgruppe hat unter hartnäckigen Kämpfen die Linie Kleszczele-Razna überschritten und ist im weiteren günstigen Angriffe; es wurden 3050 Gefangene gemacht und 16 Maschinengewehre erbeutet.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Mackensen:
Der Übergang über den Pulwa-Abschnitt ist auf der Front zwischen Razna und der Mündung nach heftigem Widerstand erzwungen; der Angriff über den Bug oberhalb des Pulwa-Abschnittes macht Fortschritte.
Vor Brest-Litowsk ist die Lage unverändert.
Beiderseits des Switjazsees und bei Piszcza (östlich von Wlodawa) wurde der Feind gestern geschlagen und nach Nordosten zurückgetrieben.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Deutsche U-Boote am Finnischen Meerbusen

Berlin, 23. August. (Amtlich.)
Am 16. August hat ein deutsches Unterseeboot am Eingang des Finnischen Meerbusens ein russisches Hilfsschiff durch einen Torpedoschuß versenkt.
Vor Zeebrügge ist in der Nacht vom 22. zum 23. August ein deutsches Vorpostenboot durch zwei feindliche Zerstörer angegriffen und nach tapferer Gegenwehr zum Sinken gebracht worden. Ein Teil der Besatzung konnte gerettet werden.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes.
gez. Behncke.

 

Blick auf Tomein
Blick auf Tomein

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Siegreiche Kämpfe der k. u. k. Truppen bei Riasno - Ein Vierteljahr italienischer Krieg

Wien, 23. August.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Östlich der unteren Pulwa und der von Riasno nach Norden führenden Eisenbahn ist ein Kampf von großer Heftigkeit im Gange. Der Feind verteidigt jeden Fußbreit Boden aufs zäheste, wurde aber entlang der ganzen Front an vielen Punkten geworfen, wobei zahlreiche Gefangene in unsere Hand fielen. Besonders heiß kämpften unsere bewährten siebenbürgischen Regimenter bei den nördlich Riasno gelegenen Dörfern Gola und Suchodol. Das Infanterieregiment Nr. 64 nahm bei der Erstürmung einer von russischen Grenadieren verteidigten Schanze die aus 7 Offizieren und 900 Mann bestehende Besatzung gefangen und erbeutete 7 Maschinengewehre. Vor Brest-Litowsk nichts Neues.
Östlich Wlodawa drangen deutsche Truppen über die Seenzone hinaus. Im Raume um Wladimir-Wolynskij schoben wir unsere Sicherungen bis gegen Turyjsk und in die Gegend östlich Luboml vor, die Russen wurden zurückgetrieben.
In Ostgalizien herrschte Ruhe.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Auch gestern schlugen unsere Truppen mehrere Angriffe der Italiener gegen die Hochfläche von Doberdo ab; stellenweise kam es wieder bis zum Handgemenge. Vielfach versucht sich der Feind nunmehr methodisch an unsere Verteidigungslinien heranzuarbeiten. Der Brückenkopf Tolmein stand nachmittags unter Artillerieschnellfeuer, hierauf griff die feindliche Infanterie bis in die Nacht hinein wiederholt vergeblich an; sie erlitt schwere Verluste. An den übrigen Fronten hat sich nichts Wesentliches ereignet. Das Feuer der schweren Artillerie auf unsere Tiroler Werke ließ zeitweise nach.
Heute ist ein Vierteljahr seit der Kriegserklärung unseres einstigen Verbündeten verflossen. Die ungezählten Angriffe des italienischen Heeres haben nirgends ihre Ziele erreicht; wohl aber kosten sie dem Feinde ungeheure Opfer. Unsere Truppen halten nach wie vor ihre Stellungen an oder nahe der Grenze.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Der türkische Heeresbericht:

Angriffe bei Anaforta vollständig zurückgeschlagen

Konstantinopel, 23. August.
Der Feind griff die neue Front bei Anaforta an, aber wir schlugen den Feind durch einen Gegenangriff vollständig zurück und brachten ihm schwere Verluste bei. Bei dem Angriff vom 21. d. M. erlitt der Feind gewaltige Verluste. Allein vor einem Teil unserer Gräben zählten wir mehr als 500 Tote und außerdem nahmen wir einen Offizier und eine Anzahl Soldaten gefangen.
Vor Ari Burun und Sed ul Bahr hat sich nichts Wesentliches ereignet. An der Irakfront griffen unsere Truppen eine englische Abteilung bei Akike am Euphrat an und fügten ihr große Verluste zu; sie erbeuteten mehr als 200 Gewehre.

 

Der 1. Weltkrieg im August 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 3
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

 

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