Der Weltkrieg am 29. September 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Neue erbitterte Angriffe an der Westfront abgeschlagen

Großes Hauptquartier, 29. September.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Die feindlichen Durchbruchsversuche wurden auf den bisherigen Angriffsabschnitten mit Erbitterung fortgesetzt.
Ein Gegenangriff nach einem abermals gescheiterten englischen Gasangriffe führte zum Wiedergewinn eines Teiles des nördlich Loos von uns aufgegebenen Geländes. Heftige englische Angriffe aus der Gegend Loos brachen unter starken Verlusten zusammen. Wiederholte erbitterte französische Angriffe in Gegend Souchez-Neuville wurden, teilweise durch heftige Gegenangriffe, zurückgewiesen.
Auch in der Champagne blieben alle feindlichen Durchbruchsversuche erfolglos. Ihr einziges Ergebnis war, daß der Feind nordwestlich Souain in einer Strecke von 100 Metern noch nicht wieder aus unserem Graben vertrieben werden konnte. An dem unbeugsamen Widerstand badischer Bataillone sowie des rheinischen Reserveregiments Nr. 65 und des westfälischen Infanterie-Regiments Nr. 158 brachen sich die unausgesetzt vordringenden französischen Angriffswellen.
Die schweren Verluste, die sich der Feind beim oft wiederholten Sturm gegen die Höhen bei Massiges zuzog, waren vergeblich. Die Höhen sind restlos von unseren Truppen gehalten.
Die Versuche der Franzosen, die bei Fille Morte verlorenen Gräben zurückzuerobern, scheiterten. Die Gefangenenzahl erhöhte sich. In Flandern wurden zwei englische Flugzeuge heruntergeschossen, die Insassen gefangengenommen.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg:
Der Angriff südwestlich von Dünaburg ist bis in Höhe des Swentensees vorgedrungen. Südlich des Dryswjatysees und bei Poskawy dauern die Kavalleriegefechte an. - Unsere Kavallerie hat, nachdem sie die Operationen des Generalobersten von Eichhorn durch Vorgehen gegen die Flanke des Feindes wirksam unterstützt hatte, die Gegend bei und östlich von Wilejka verlassen; der Gegner blieb untätig. Westlich von Wilejka wurden unvorsichtig vorgehende feindliche Kolonnen durch Artilleriefeuer zersprengt. - Zwischen Smorgon und Wischnew sind unsere Truppen im siegreichen Vorschreiten.
Bei den Heeresgruppen des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern und des Generalfeldmarschalls v. Mackensen hat sich nichts Wesentliches ereignet.
Heeresgruppe des Generals v. Linsingen:
Die Russen sind hinter den Kornim und die Putilowka geworfen.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Weiteres Zurückdrängen der Russen in Wolhynien

Wien, 29. September.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Die Lage in Ostgalizien und an der Iwka ist unverändert. Feindliche Abteilungen, die westlich von Tarnopol gegen unsere Hindernisse vorzudringen versuchen, wurden durch Feuer vertrieben. Im wolhynischen Festungsgebiet warfen unsere Truppen den Gegner aus allen westlich der oberen Putilowka eingerichteten Nachhutstellungen. Weiter nördlich erstürmten sie das zäh verteidigte Dorf Boguslawka. Bei den k. und k. Streitkräften in Litauen verlief der Tag ruhig.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Im Stilfser Joch-Gebiet vernichtete unser Artilleriefeuer mehrere feindliche Geschütze. Ein auf der Hochfläche von Vielgereuth nördlich des Coston angesetzter italienischer Angriff brach nach kurzem Feuergefecht zusammen. Gegen den Mrzli Vrh und den Tolmeiner Brückenkopf begann gestern nachmittag ein sehr heftiges Artilleriefeuer, dem abends je ein Angriff auf den genannten Berg und bei Dolje folgte. Beide Angriffe wurden an unseren Hindernissen abgeschlagen; bei Dolje warfen unsere Truppen den durch zerschossene Hindernisstellen eingedrungenen Feind sogleich wieder hinaus. Wie immer blieben alle Stellungen fest in unserem Besitz. Im übrigen ging die Gefechtstätigkeit auch an der küstenländischen Front über das gewöhnliche Geschützfeuer und Geplänkel nicht hinaus.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Keine besonderen Ereignisse.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 29. September.
In der Nacht zum 27. September unternahmen unsere aufklärenden Kolonnen bei Anaforta einen überraschenden Angriff mit Bomben auf die feindlichen Schützengräben. Sie erbeuteten über 50 Gewehre, Bajonette und Ferngläser. Bei Ari Burun brachten unsere auf dem rechten Flügel stehenden Batterien eine feindliche Batterie von drei Geschützen zum Schweigen und zerstörten ein Geschütz. Bei Sed ül Bahr am 27. September auf der ganzen Front beiderseitiges Gewehrfeuer, auf dem linken Flügel Artillerieduell und Kampf mit Bomben im Zentrum. Einige 50 Feinde suchten anzugreifen, sie waren aber kaum einige Schritte von ihrem Unterstand entfernt, als sie zum großen Teil durch unser Feuer vernichtet wurden. Der Rest flüchtete in die Schützengräben zurück. Am 27. September traf eines unserer Flugzeuge mit einer Bombe eine feindliche Flughalle auf Lemnos.

 

Zur Explosion des "Benedetto Brin"

Mailand, 29. September.
Über die Ausdehnung der Katastrophe auf dem Linienschiff "Benedetto Brin" liegen laut "Secolo" folgende Einzelheiten vor: Das Schiff ist unbrauchbar, da die ganze innere Einrichtung des hinteren Schiffsteils in die Luft geflogen ist und die Maschinenräume und Masten zerstört sind. Der Schiffskiel ist an mehreren Stellen schwer beschädigt. Bis gestern abend wurden zahlreiche verstümmelte Marinesoldaten geborgen, die infolge der Heftigkeit der Explosion nicht durch Ertrinken umgekommen sind. Der größte Teil der Toten ist unkenntlich. Die Explosion wird, wie ein Gerücht wissen will, auf Kurzschluß zurückgeführt, doch glaubt man auch an eine böswillige Tat. "Benedetto Brin" diente als Admiralschiff einer Division des Geschwaders von Brindisi.

 

Der 1. Weltkrieg im September 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 3
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

 

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