Schatzsekretär
v. Helfferich über den neuen Zehnmilliardenkredit
Schatzsekretär Dr. Helfferich
Berlin,
14. Dezember.
Im Reichstage begründete Schatzsekretär Dr. Helfferich
die neue Zehnmilliarden-Kreditvorlage.
Bezüglich der Kriegskosten bemerkte der Schatzsekretär: "Im
August habe ich die täglichen Gesamtkosten des Krieges auf nahezu
300 Millionen geschätzt. Dies reicht heute nicht mehr aus. Meine
Ziffern kommen jetzt mit 320 bis 330 Millionen aus. Die monatlichen Kriegskosten
kommen damit hart an die 10 Milliarden Mark heran, die jährlichen
Kosten auf nahezu 120 Milliarden Mark. Von diesen gewaltigen Kriegskosten
entfällt auch heute noch etwas weniger als zwei Drittel auf unsere
Feinde, etwas mehr als ein Drittel auf uns und unsere Verbündeten.
In der Höhe der laufenden Kriegskosten hat England mit einem Tagesbedarf,
der drüben selbst mit etwa 100 Millionen Mark angegeben wird, uns
wohl endgültig überholt. Auch was den Gesamtbetrag der bisher
aufgelaufenen Kriegskosten anlangt, dürfte England heute dicht vor
uns an erster Stelle stehen. Sein Vorsprung wird sich rasch vergrößern."
Nach einem ausführlichen Vergleich der Verhältnisse der Geldbeschaffung
bei uns und den Gegnern, namentlich in England, sagte der Schatzsekretär:
"Wir wollen uns in aller Ruhe und Nüchternheit Rechenschaft
davon geben, daß mit der englischen Finanz- und Wirtschaftsmacht
die Grundlagen des englischen Weltreichs ins Wanken geraten. Deutschland
steht zum Gelde anders. Wir können es vertragen, ärmer zu werden,
und bleiben doch, was wir sind; ein verarmtes England heißt: finis
Britanniae. Wir haben den 30jährigen Krieg, wir haben die napoleonischen
Kriege überstanden. Wenn aber das britische Weltreich erst einmal
in die Brüche gegangen ist, dann wird es in Jahrtausenden nicht wieder
auferstehen; und dieses England spricht das frevelhafte Wort vom Erschöpfungskrieg.
Wir wissen, daß wir das Nötige zum Leben und Kämpfen haben
und haben werden. Der Feind soll wissen, daß wir auf jeden Überfluß
verzichten, daß wir, wenn es nötig ist, lieber jede Not ertragen,
als des Feindes Gebot. (Lebhaftes Bravo!) Er soll aber auch wissen, daß
uns außerdem nach wie vor unser scharfes Schwert zur Verfügung
steht und ein ungebrochener Kampfesmut und Siegeszuversicht. (Bravo!)
Die Verantwortung allerdings für das Blut, das dann weiterhin fließt,
für all die Not, die weiter über die Welt kommt, fällt
auf jene, die sich nicht entschließen können, aus unseren Waffenerfolgen,
die uns keine Welt mehr streitig machen kann, die Folgerung zu ziehen,
uns das Recht auf die Sicherung unserer Zukunft zuzugestehen. Erschöpfungskrieg,
meine Herren? Wir stehen fest wie gewachsener Fels in heimischem Boden.
An den goldenen Pfeilern des britischen Weltreichs aber leuchtet in Flammenschrift,
wie an Belsazars Palast, das "Mene tekel upharsin". (Wiederholter
Beifall und Händeklatschen.) |