Der Weltkrieg am 29. Dezember 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Neue Kämpfe am Hartmannsweilerkopf

Großes Hauptquartier, 29. Dezember.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Westende wurde wiederum durch einen feindlichen Monitor beschossen, diesmal ohne jede Wirkung. Der gestern berichtete feindliche Vorstoß am Hirzstein brach bereits in unserem Feuer zusammen. Am Abend griffen die Franzosen zweimal die von uns zurückeroberten Stellungen auf dem Hartmannsweilerkopf an. Sie drangen teilweise in unsere Gräben ein. Nach dem ersten Angriff wurde der Feind überall sofort wieder vertrieben. Die Kämpfe um einzelne Grabenstücke nach dem zweiten Angriff sind noch im Gange. An Gefangenen büßten die Franzosen bisher 5 Offiziere und über 200 Mann ein.
Die Engländer verloren gestern zwei Flugzeuge, von denen das eine nordöstlich von Lens durch das Feuer unserer Abwehrgeschütze zur Landung gezwungen, das andere, ein Großkampfflugzeug, nördlich von Ham im Luftkampf abgeschossen wurde. Am 27. Dezember verbrannte ein weiteres englisches Flugzeug westlich von Lille.
Östlicher Kriegsschauplatz:
An der Küste bei Raggasem (nordwestlich von Tukkum) scheiterte der Vorstoß einer stärkeren russischen Abteilung.
Südlich von Pinsk wurde eine russische Feldwache überfallen und aufgehoben.
Balkankriegsschauplatz:
Nichts Neues.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Zusammenbruch russischer Angriffe an der beßarabischen Front

Wien, 29. Dezember.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
An der beßarabischen Grenze wiederholte der Feind gestern seine von starkem Artilleriefeuer eingeleiteten Angriffe in der tags zuvor geübten Art. Seine Angriffskolonnen brachen überall - stellenweise knapp vor unseren Hindernissen - unter unserem Kleingewehr- und Geschützfeuer zusammen. Die russischen Verluste sind groß. Östlich Burkanow nahmen wir einige Sicherungsabteilungen vor stärkeren russischen Kräften näher gegen unsere Hauptstellung zurück. In Wolhynien stellenweise Geschützkampf.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Auch gestern hielt die lebhafte Tätigkeit der Italiener an der Süd- und Südostfront Tirols an. Im Suganaabschnitte wurde ein feindlicher Angriff auf den Monte Carbonile (südöstlich Barco) abgewiesen, ebenso scheiterten nächtliche Unternehmungen des Gegners im Col di Lana-Gebiet. An der küstenländischen Front fanden an mehreren Stellen Geschütz-, Handgranaten- und Minenwerferkämpfe statt.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Lage unverändert; keine besonderen Ereignisse.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Feldmarschall v. Mackensen in Sofia

Sofia, 29. Dezember. (Meldung der bulgarischen Telegraphen-Agentur.)
Generalfeldmarschall v. Mackensen ist heute in Sofia eingetroffen, wo er vom König in Audienz empfangen wurde. Nach der Audienz fand zu Ehren des Generalfeldmarschalls große Frühstückstafel zu 40 Gedecken statt. Am Abend erfolgte die Rückreise des Generalfeldmarschalls in das Hauptquartier. Die Bevölkerung bereitete ihm einen begeisterten Empfang.

 

Der türkische Heeresbericht:

Die Schlacht bei Kut el Amara

Konstantinopel, 29. Dezember.
An der Irakfront dauert die Schlacht bei Kut el Amara mit längeren Pausen fort. Bei der Einnahme von Scheikh Said erbeuteten wir 450 Kannen Petroleum und Benzin, die den Engländern gehörten.
An der Kaukasusfront hat sich außer Patrouillengefechten nichts ereignet.
An der Dardanellenfront brachte in der Nacht vom 27. zum 28. und am 28. Dezember unsere Artillerie in Erwiderung des Feuer eines feindlichen Kreuzers und eines Torpedobootes die Geschütze dieser beiden Kriegsschiffe, die ein wirkungsloses Feuer gegen Anaforta und Ari Burun gerichtet hatten, zum Schweigen und zwang sie, sich zu entfernen. Bei Sed ül Bahr fand in der Nacht vom 27. zum 28. und am 28. Dezember ein heftiger Kampf mit Bomben
und Lufttorpedos auf dem rechten und dem linken Flügel statt. Im Zentrum Artilleriekampf. Nachmittags beschossen zwei Kreuzer eine kurze Zeit den rechten Flügel, stellten aber infolge der Gegenwirkung unserer Artillerie ihr Feuer ein und entfernten sich. Einer der Kreuzer wurde von einem Geschoß getroffen. Vormittags holte unsere Artillerie einen Zweidecker, der Yeni Chehir und Kum Kale überflog, herunter; er fiel auf der Höhe von Tekke Burun ins Meer und wurde auf Imbros zu abgeschleppt. Unsere anatolischen Küstenbatterien beschossen wirkungsvoll die Landungsstellen von Tekke Burun und Sed ül Bahr und ihre Umgebung. Am 27. Dezember unternahm eines unserer Wasserflugzeuge Er-kundungsflüge über Lemnos und Mavro und warf erfolgreich Bomben auf die Hafenspeicher von Mudros, wo ein Brand hervorgerufen wurde.

 

Einführung der Heeresdienstpflicht in England

London, 29. Dezember.
Reuter meldet:
Der gestrige Kabinettsrat wird sich wahrscheinlich als einer der wichtigsten in der britischen Geschichte herausstellen. Es wurde bei dieser Beratung tatsächlich der großen Meinungsverschiedenheiten über den Militärdienst ein Ende gemacht. Die Erklärung Asquiths, daß Dienstpflicht notwendig ist, kam nicht unerwartet und wurde im allgemeinen gut aufgenommen. Die Opposition gegen die Dienstpflicht im Kabinett ist sehr klein, und im Gegensatz zu den übertriebenen Gerüchten glaubt man, daß die Minister, welche ursprünglich dagegen waren, jetzt im Amte bleiben werden.

 

Der 1. Weltkrieg im Dezember 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 3
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

 

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