Der Weltkrieg am 9. März 1916

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Dorf und Panzerfeste Vaux genommen

Großes Hauptquartier, 9. März.   
Westlicher Kriegsschauplatz:
Vielfach steigerte sich die beiderseitige Artillerietätigkeit zu größerer Lebhaftigkeit.
Die Franzosen haben den westlichen Teil des Grabens beim Gehöfte Maisons de Champagne, in dem gestern mit Handgranaten gekämpft wurde, wiedergewonnen.
Westlich der Maas sind unsere Truppen beschäftigt, die im Rabenwald noch befindlichen Franzosennester auszuräumen.
Östlich des Flusses wurde zur Abkürzung der Verbindung unserer Stellung südlich des Douaumont mit den Linien in der Woëvre nach gründlicher Artillerievorbereitung das Dorf und die Panzerfeste Vaux nebst zahlreichen anschließenden Befestigungen des Gegners unter Führung des Kommandeurs der 9. Reservedivision, Generals der Infanterie v. Guretzky-Cornitz, durch die posenschen Reserveregimenter Nr. 6 und 19 in glänzendem nächtlichen Angriff genommen.
In einer großen Zahl von Luftkämpfen in der Gegend von Verdun sind unsere Flieger Sieger geblieben; mit Sicherheit sind drei feindliche Flugzeuge abgeschossen. Alle unsere Flugzeuge sind zurückgekehrt, mehrere ihrer tapferen Führer verwundet. Feindliche Truppen in den Ortschaften westlich und südlich von Verdun wurden ausgiebig mit Bomben belegt.
Durch den Angriff eines französischen Flugzeuggeschwaders im Festungsbereich von Metz wurden zwei Zivilpersonen getötet und mehrere Privathäuser beschädigt. Im Luftkampf wurde das Flugzeug des Geschwaderführers abgeschossen. Er ist gefangengenommen, sein Begleiter tot.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Russische Vorstöße gegen unsere Vorpostenstellungen hatten nirgends Erfolg.
Wie nachträglich gemeldet wird, wurden die Bahnanlagen an der Strecke nach Minsk sowie feindliche Truppen in Mir in der Nacht zum 8. Februar von einem unserer Luftschiffe angegriffen.
Balkankriegsschauplatz:
Die Lage ist unverändert.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Krieg mit Portugal!

Berlin, 9. März. (W. B. Amtlich.)
Der kaiserliche Gesandte in Lissabon, Dr. Rosen, ist angewiesen worden, heute von der portugiesischen Regierung unter gleichzeitiger Überreichung einer ausführlichen Erklärung der deutschen Regierung seine Pässe zu verlangen. Dem hiesigen portugiesischen Gesandten Dr. Sigonio Paes sind heute ebenfalls seine Pässe zugestellt worden.
2)

 

Der neueste Feind


Der portugiesisches Ministerpräsident Costa

Berlin, 9. März. (Priv.-Tel.)
Das deutsche Volk wird ohne Erschütterung vernommen haben, daß wir uns mit Portugal jetzt im Kriegszustand befinden, einem Kriegszustand, der durch verschiedene Handlungen Portugals gegen uns, vor allem aber durch die rechtswidrige Beschlagnahme der in portugiesischen Häfen liegenden deutschen Schiffe herbeigeführt worden ist. Damit haben wir, wenn wir recht zählen - denn dieses Zählen ist allmählich nicht so leicht - den elften Feind. Es klänge leichtfertig, wenn man sagen wollte, auf einen mehr oder weniger komme es nicht an. Aber dieser Zutritt Portugals zu unseren Feinden erschwert unsere Kriegführung und unsere Mittel der Abwehr aller Voraussicht nach in einem kaum meßbaren Grade. Das Land dieses elften Feindes zählt zwar beinahe 6 Millionen Einwohner, aber es ist militärisch, wirtschaftlich und finanziell nicht so beschaffen, daß es als neuer Feind ernstlich in Betracht käme.
Schon lange vor dem Kriege ist Portugal durch strenge Abhängigkeit von England eine Art Vasallenstaat gewesen.
Mit der Möglichkeit, daß es nicht nur tatsächlich, sondern auch formell sich im Kriege als englische Gefolgschaft bewähren werde, hat man von Anfang an gerechnet. Es muß anerkannt werden, daß die frühere portugiesische Regierung des Generals Pimenta di Castro versucht hat, die Neutralität zu wahren. Seit diese Regierung aber durch eine innere Umwälzung, hinter der England stand, gestürzt worden ist, hat das jetzige Kabinett Costa dem Drange Englands zu direkten feindlichen Handlungen gegen uns keinen Widerstand mehr entgegensetzen wollen oder können. England braucht Transportschiffe, Portugal hat sich dazu hergegeben, diesem englischen Bedürfnis durch Beschlagnahme deutscher Schiffe nachzukommen. Es liegt nicht an Englands Mühe der Nachlässigkeit, daß andere neutrale Staaten noch nicht zu ähnlichen Handlungen sich haben zwingen lassen.
Darüber, daß Portugal nur als englischer Handlanger zu werten ist, besteht in der öffentlichen Meinung und in den Blättern kein Zweifel, und die Abhängigkeit des Kleinstaates wird hier und da auch als eine Art Entschuldigung angesehen. In der Erklärung, die heute in Lissabon unser Gesandter Dr. Rosen der portugiesischen Regierung überreicht hat, wird ja auch gesagt, daß die deutsche Regierung in langnötiger Würdigung der schwierigen Lage Portugals, d. h. eben seiner Abhängigkeit von England, es bisher vermieden hatte, ernstere Konsequenzen aus dem Verhalten der portugiesischen Regierung zu ziehen. Jetzt mußte sie es tun, nachdem feststeht, daß Portugal sich als Vasallen Englands betrachtet und sich von diesem gebrauchen läßt Unser Gesandter in Lissabon Dr. Rosen wird morgen Portugal verlassen und sich zunächst nach Spanien begeben. Der hiesige portugiesische Gesandte Dr. Paes reist morgen von hier ab - wie es der diplomatische Brauch auch den Vertretern eines feindlichen Landes gegenüber verlangt - ungekränkt, in einem Salonwagen und unter höflichem Geleit, zunächst nach der Schweiz.
2)

 

Kriegserklärung Deutschlands an Portugal

Berlin, 9. März.
Die "Nordd. Allg. Z." veröffentlicht folgendes:
Am 23. Februar hat die portugiesische Regierung die in portugiesischen Hafen liegenden deutschen Schiffe beschlagnahmt. Unmittelbar nach Bekanntwerden dieses Vorganges erhielt der Kaiserliche Gesandte in Lissabon Dr. Rosen Auftrag, gegen die Maßnahme zu protestieren und ihre Aufhebung zu verlangen. Die betreffende Note wurde am 27. Februar der portugiesischen Regierung übergeben. Ungeachtet dieser Tatsache verbreitete die portugiesische Regierung in Lissabon in ihrer offiziösen Presse die Nachricht, daß eine deutsche Protestnote überhaupt nicht existiere; in der portugiesischen Kongreßsitzung leugnete der Justizminister sogar offiziell das Vorhandensein der Note ab. Die von dem Kaiserlichen Gesandten verlangte Richtigstellung der Preßnotiz unterblieb. Erst am 4. März erschien der hiesige portugiesische Gesandte im Auftrage seiner Regierung im Auswärtigen Amt, um eine Note zu übergeben, welche die deutsche Forderung ablehnte. Eine Abschrift dieser Note wurde am selben Tage dem Kaiserlichen Gesandten in Lissabon übergeben. Daraufhin erhielt dieser die Anweisung, der portugiesischen Regierung die nachstehend wiedergegebene Erklärung zuzustellen. Die Übergabe dieser Erklärung soll heute (9. d. M.) in Lissabon erfolgen. Eine Abschrift derselben wurde dem hiesigen portugiesischen Gesandten übermittelt. "Seit Kriegsbeginn hat die portugiesische Regierung durch neutralitätswidrige Handlungen die Feinde des Deutschen Reichs unterstützt. Englischen Truppen wurde in vier Fällen der Durchmarsch durch Mozambique gestattet. Die Versorgung deutscher Schiffe mit Kohlen wurde verboten. Ein neutralitätswidrig ausgedehnter Aufenthalt englischer Kriegsschiffe in portugiesischen Häfen wurde zugelassen, England die Benutzung Madeiras als Flottenstützpunkt gewährt. Der Entente wurden Geschütze und Kriegsmaterial der verschiedensten Art, England überdies ein Torpedobootzerstörer verkauft. Deutsche Kabeln wurden unterbrochen. Das Archiv des Kaiserlichen Vizekonsulats in Mossamedes wurde beschlagnahmt.
Expeditionen wurden nach Afrika entsandt und offen als gegen Deutschland gerichtet bezeichnet. An der Grenze von Deutsch-Südwestafrika und Angola wurde der deutsche Bezirksamtmann Dr. Schulde, Jena, sowie zwei Offiziere und Mannschaften durch eine Einladung über die Grenze nach Naulila gelockt, dort am 19. Oktober 1914 für verhaftet erklärt, und, als sie sich ihrer Festnahme zu entziehen suchten, zum Teil niedergeschossen, die Überlebenden mit Gewalt gefangengenommen. Retorsionsmaßnahmen unserer Schutztruppe folgten. Von Deutschland abgeschnitten, handelte die Schutztruppe in der durch das portugiesische Vorgehen hervorgerufenen Annahme, daß Portugal sich mit uns im Kriegszustand befinde. Die portugiesische Regierung remonstrierte wegen der letzteren Vorgänge, ohne die ersteren zu erwähnen, und beantwortete unser Verlangen, uns mit unseren Kolonialbehörden einen ungehinderten chiffrierten Telegrammverkehr zwecks Ausklärung des Sachverhalts zu verschaffen, überhaupt nicht.
Während der Kriegsdauer ergingen sich unter mehr oder weniger offenkundiger Begünstigung durch die portugiesische Regierung Presse und Parlament in gröblichen Beschimpfungen des deutschen Volkes. In der Kammersitzung vom 23. November 1914 sprach der Führer der Partei der Evolutionisten in Gegenwart fremder Diplomaten sowie der portugiesischen Minister schwere Beleidigungen gegen Deutschland aus, ohne daß ein Einspruch seitens des Kammerpräsidenten oder eines Ministers erfolgt wäre. Der Kaiserliche Gesandte erhielt auf seine Vorstellungen nur die Antwort, daß der betreffende Passus im offiziellen Sitzungsbericht nicht enthalten sei.
Wir haben gegen diese Vorgänge in jedem Einzelfalle protestiert, sowie verschiedentlich die ernstesten Vorstellungen erhoben und die portugiesische Regierung für alle Folgen verantwortlich gemacht. Eine Remedur erfolgte jedoch nicht. Die Kaiserliche Regierung hatte gleichwohl in langmütiger Würdigung der schwierigen Lage Portugals es bisher vermieden, ernstere Konsequenzen aus dem Verhalten der portugiesischen Regierung zu ziehen.
Am 23. Februar erfolgte auf Grund eines Dekrets vom gleichen Tage ohne vorherige Verhandlung die Beschlagnahme der deutschen Schiffe. Diese wurden militärisch besetzt und die Mannschaften von Bord geschickt. Die Kaiserliche Regierung hat gegen diesen flagranten Rechtsbruch protestiert und die Aufhebung der Beschlagnahme der Schiffe verlangt. Die portugiesische Regierung hat das Verlangen abgelehnt und ihre Gewaltmaßregel durch Rechtsausführungen zu begründen versucht. Sie geht davon aus, daß unsere durch den Krieg in den portugiesischen Häfen festgelegten Schiffe infolge der Festlegung nicht dem Artikel 2 des deutsch-portugiesischen Handels- und Schiffahrtsvertrages, sondern ebenso wie anderes im Lande befindliches Eigentum der unbeschränkten Gebietshoheit und damit dem unbeschränkten Zugriff Portugals unterlägen. Weiterhin aber meint sie sich innerhalb der Grenzen dieses Artikels gehalten zu haben, da die Requisition der Schiffe einem dringenden wirtschaftlichen Bedürfnis entspräche, auch in dem Beschlagnahmedekret eine später festzusetzende Entschädigung vorgesehen sei. Diese Ausführungen erscheinen als leere Ausflüchte. Der Artikel 2 bezieht sich auf jede Requisition deutschen, in portugiesischem Gebiete befindlichen Eigentums, so daß es dahingestellt bleiben kann, ob die angebliche Festlegung der deutschen Schiffe in portugiesischen Häfen ihre Rechtslage verändert hat. Den genannten Artikel hat aber die portugiesische Regierung nach doppelter Richtung verletzt. Einmal hat sie sich bei der Requisition nicht in den vertraglichen Grenzen gehalten, da Artikel 2 die Befriedigung eines staatlichen Bedürfnisses voraussetzt, während die Beschlagnahme offenbar unverhältnismäßig mehr deutsche Schiffe getroffen hat, als zur Beseitigung des Schiffsraummangels für Portugal erforderlich war. Sodann aber macht der Artikel die Beschlagnahme der Schiffe von einer vorhergehenden Vereinbarung mit den Beteiligten über die zu bewilligende Entschädigung abhängig, während die portugiesische Regierung nicht einmal versucht hat, sich mit den deutschen Reedereien unmittelbar oder durch Vermittlung der deutschen Regierung zu verständigen. Das ganze Vorgehen der portugiesischen Regierung stellt sich somit als ein schwerer Rechts- und Vertragsbruch dar.
Die portugiesische Regierung hat durch dieses Vorgehen offen zu erkennen gegeben, daß sie sich als Vasallen Englands betrachtet, der den englischen Interessen und Wünschen alle anderen Rücksichten unterordnet. Sie hat endlich die Beschlagnahme der Schiffe unter Formen vollzogen, in denen eine beabsichtigte Herausforderung Deutschlands erblickt werden muß. Die deutsche Flagge wurde auf den deutschen Schiffen niedergeholt, die portugiesische Flagge mit Kriegswimpel gesetzt. Das Admiralsschiff schoß Salut.
Die Kaiserliche Regierung sieht sich gezwungen, aus dem Verhalten der portugiesischen Regierung die notwendigen Folgerungen zu ziehen. Sie betrachtet sich von jetzt ab als mit der portugiesischen Regierung im Kriegszustande befindlich."
1)

 

Eine neue deutsche Denkschrift über den U-Boot-Krieg

Washington, 9. März. (Reuter-Meldung.)
Graf Bernstorff hat Staatssekretär Lansing eine neue umfangreiche Denkschrift über die Unterseebootfrage überreicht, in der Beschwerde geführt wird, daß England sich die Haltung Amerikas zunutze mache, um seine bewaffneten Handelsschiffe anzuweisen, gegen Unterseeboote angriffsweise vorzugehen. Die Denkschrift gibt zu, daß das Völkerrecht für die Anwendung von Unterseebooten keine Vorschriften enthält, und macht das Anerbieten, die Unterseeboote nach den vor dem Kriege herrschenden Grundsätzen des Völkerrecht zu gebrauchen, falls auch England diese achten wird.

Berlin, 9. März.
Von zuständiger Seite erfahren wir:
Die vom Reuterschen Bureau verbreitete Meldung über die vom Grafen Bernstorff dem Staatssekretär Lansing überreichte Denkschrift betreffend den Unterseebootkrieg dürfte, wie gewöhnlich, nicht in allen Punkten zutreffend sein. Graf Bernstorff hat allerdings in diesen Tagen der amerikanischen Regierung eine ausführliche Denkschrift überreicht, die einen historischen Rückblick auf die ganze Entwicklung der Frage des Unterseebootkrieges und die mit der amerikanischen Regierung gepflogenen Verhandlungen enthält, in der neue Vorschläge nicht gemacht werden.
1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Artilleriekämpfe am Col di Lana

Wien, 9. März.
Amtlich wird verlautbart: 
Russischer und südöstlicher Kriegsschauplatz:
Nichts Neues.

Italienischer Kriegsschauplatz:
An der Südwestfront ist die Gefechtstätigkeit noch immer durch die Witterung sehr eingeschränkt, nur im Abschnitte des Col di Lana und am San Michele kam es gestern zu lebhafteren Artilleriekämpfen.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
1)

 

Englischer Mißerfolg am Tigris

London, 9. März. (Amtlicher Kriegsbericht.)
General Aylmers rückte am 6. März auf dem rechten Ufer des Tigris vor und erreichte Efsinn, eine Stellung 7 Meilen östlich von Kut el Amara. Die Stellung wurde angegriffen, aber Aylmers vermochte den Feind nicht daraus zu vertreiben. Aylmers meldet, der Feind leide sehr und zeige, abgesehen von Verstärkungsarbeiten an seiner Stellung, keine Tätigkeit. Unsere Verluste seien nicht schwer.
1)

  

Der 1. Weltkrieg im März 1916

ZURÜCK   HAUPTSEITE   WEITER

 

Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 4
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

2) "Frankfurter Zeitung" (1916)

 

© 2005 stahlgewitter.com