Der Weltkrieg am 30. April 1916

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

Der deutsche Heeresbericht:

Neue französische Angriffe gegen den "Toten Mann" gescheitert

Großes Hauptquartier, 30. April.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Mehrfach wiederholten die Engländer ihre Gegenangriffe bei Givenchy-en-Gohelle, ohne Erfolg zu erringen.
Nördlich der Somme und nordwestlich der Oise fanden für uns erfolgreiche Patrouillengefechte statt.
Links der Maas griffen gestern abend starke französische Kräfte unsere Stellungen auf der Höhe "Toter Mann" und die anschließenden Linien bis nördlich des Caurettewäldchens an. Nach hartnäckigen Kämpfen an dem Ostabfall der Höhe ist der Angriff abgeschlagen.
Rechts des Flusses scheiterte ein feindlicher Vorstoß nordwestlich des Gehöftes Thiaumont. Ein deutscher Flieger schoß über Verdun-Belleray im Kampf mit drei Gegnern einen derselben ab.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Südlich des Naroczsees wurden nachts noch 4 russische Geschütze und 1 Maschinengewehr erbeutet, sowie 83 Gefangene eingebracht.
Balkankriegsschauplatz:
Nichts Neues.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Fortdauer der Beschießung von Görz

Wien, 30. April.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Nördlich von Mlynow sind unsere Abteilungen vor überlegenen russischen Angriffen aus den am 28. d. M. erkämpften russischen Vorstellungen wieder zurückgenommen worden. Die Zahl der gestern gemeldeten Gefangenen ist auf mehr als 200 angewachsen.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Die Geschützkämpfe, die an vielen Stellen der Front geführt wurden, gingen nicht über das gewöhnliche Maß heraus. Zeitweise stand die Stadt Görz wieder unter Feuer.
Unsere Flieger bewarfen die feindlichen Barackenlager bei Villa Vicentina mit Bomben. Nach glücklich bestandenem Luftkampf kehrten sämtliche Flugzeuge wohlbehalten heim. Bei San Daniele del Friuli kämpfte ein eigener gegen vier feindliche Flieger und zwang einen davon, im Sturzflug niederzugehen.
Im Adamellogebiet griffen italienische Abteilungen, die von Dosson di Genova vorrückten, unsere Stellungen am Topetepasse an.
Der italienische Preßbericht vom 28. d. M. enthält die gänzlich erfundene Behauptung, daß unsere Infanterie "immer häufiger" von Explosivgeschossen Gebrauch mache. Demgegenüber sei nun festgestellt, daß die italienischen Handlungen wider das Völkerrecht (Verwendung von Explosivgeschossen und Gasgranaten, Beschießung deutlich gekennzeichneter Sanitätsanstalten, Kirchen und Klöster usw.), als zu häufig vorkommend, nicht mehr verzeichnet werden.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Unverändert.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
1)

 

Irak 1916: Bei Kut el Amara gefangene Engländer werden abtransportiert
Bei Kut el Amara (Irak) gefangene Engländer werden abtransportiert

Der türkische Heeresbericht:

Der türkische Bericht über den Fall von 
Kut el Amara


General Townshend

Konstantinopel, 30. April.
Nachdem die in Kut el Amara eingeschlossene  englische Armee  sich  ungefähr fünf Monate unter dem Druck unserer heldenhaften Truppen befunden hat, hat sie sich schließlich der siegreichen Kaiserlichen Armee ergeben müssen. Dieses Ereignis, das eine der ruhmreichsten und glänzendsten Seiten in den militärischen Annalen der ottomanischen Armee darstellt, hat sich folgendermaßen abgespielt:
Nachdem die englische Armee in Kut el Amara ihre Lebensmittelvorräte aufgebraucht hatte, erwartete sie, daß entweder ihre Landsleute oder ihre Verbündeten ihr zur Hilfe kommen würden. Das englische Kabinett, das die Lage der Belagerten sehr genau kannte, sandte dem Führer des englischen Expeditionskorps im Irak Befehl über Befehl, um ihn zur Eile anzutreiben, damit er die Stellung unserer Truppen bei Felahie, koste es, was es wolle, angreife und durchbreche, um der Armee des Generals Townshend Hilfe zu bringen. Die in unseren letzten amtlichen Berichten gemeldeten englischen Angriffe, die unter ungeheuren Verlusten an dem heldenhaften Widerstande unserer Truppen scheiterten, zielten sämtlich auf eine Befreiung Townshends hin. Da die Engländer merkten, daß sie den Widerstand der Türken nicht brechen und ihnen ihre Beute nicht streitig machen könnten, stellten sie ihre Angriffe auf Felahie ein. Sie versuchten dann mit allen möglichen Mitteln den belagerten Platz mit Lebensmitteln zu versehen. Sie warfen zuerst Säcke mit Mehl aus den Flugzeugen herab. Aber unsere Waffen zerstörten auch diese Hoffnung der Engländer. Unsere Kampfflugzeuge begannen diese alten feindlichen Flugzeuge eins nach dem anderen abzuschießen. Der Feind griff zu einem anderen Mittel. Er versuchte unter dem Schutze der Nacht ein mit Lebensmitteln beladenes Schiff in die Festung zu bringen. Aber unsere allzeit aufmerksamen Truppen bemächtigten sich dieses Schiffes, das Hunderte Tonnen von Lebensmitteln barg. Dem General Townshend blieb keine Hoffnung. Er war ebenso überzeugt, daß das Versprechen des russischen, in Persien kämpfenden Generals, ihm in Kut el Amara binnen kurzem die Hand zu reichen, nichtig sei. Am 26. April wandte sich General Townshend an den Oberbefehlshaber unserer Irakarmee und ließ ihm wissen, daß er bereit sei, Kut el Amara zu übergeben, falls ihm und seiner Armee freier Abzug gewährt würde. Es wurde ihm geantwortet, daß ihm kein anderer Ausweg als der der bedingungslosen Übergabe bliebe. Der englische Oberbefehlshaber machte dann neue Vorschläge. Sei es, daß er nicht die günstige Lage unserer Armee kannte, oder daß er glaubte, die türkischen Führer mit Geld gewinnen zu können, bot er uns an, alle seine Geschütze und eine Million Pfund Sterling zu übergeben. Man wiederholte ihm, was man zuerst geantwortet hatte. Townshend ließ darauf wissen, daß er dies dem Oberbefehlshaber der englischen Irakarmee melden würde. Dieser befand sich aber zu weit entfernt, um ihm helfen zu können. Da schließlich Townshend alle Hoffnung verloren hatte, so übergab er sich mit der gesamten englischen Armee von Kut el Amara dem Befehlshaber der siegreichen türkischen Armee. Die bisherige Zählung ergibt, daß 5 Generale, 277 britische und 274 indische Offiziere und 13300 Soldaten zu Gefangenen gemacht worden sind. Die Aufgabe unserer Truppen bestand auf der einen Seite darin, die Ausfallsversuche zu verhindern, auf die man seitens des belagerten Feindes jeden Augenblick gefaßt war, der sich in mit allen Mitteln der modernen Technik furchtbar verschanzten Stellungen befand, anderseits sollten sie ebenso die wiederholten heftigen Angriffe des Feindes abweisen, die jeden Tag im Hinblick auf den Entsatz von Kut el Amara stärker wurden. Den Leib bis zur Hälfte im Sumpf und im Kampf mit allen Schwierigkeiten der Jahreszeit und des Klimas, so haben unsere Soldaten ihre Aufgabe erfüllt. Sie können aber auch mit vollem Recht auf ihren glänzenden Sieg stolz sein, den sie soeben über die britischen Waffen davongetragen haben.
Ein feindliches Torpedoboot, das sich am 28. April einem Teil der Küste zwischen Ari Burun und Sed ül Bahr zu nähern versuchte, wurde von einem Geschoß unserer Artillerie, die auf sein Feuer antwortete, getroffen. Es entfernte sich in der Richtung auf Imbros, von Rauch und Flammen eingehüllt. Feindliche Schiffe, die sich von Zeit zu Zeit der Küste von Smyrna genähert hatten, beschossen wirkungslos einige Örtlichkeiten und entfernten sich alsdann.

 

Der Aufruhr in Irland

London, 30. April. (W. B.)
"Daily Mail" veröffentlicht folgenden Bericht aus der Umgegend von Dublin vom 27. April: Am Ostermontag hielt die sogenannte Bürgerarmee im Phönix-Park eine Parade ab. Sie marschierte mit geladenen Gewehren und aufgepflanztem Bajonett nach der Stadt zurück und traf auf dem Wege eine Abteilung der Dubliner Garnison, die in einer anderen Richtung marschierte. Zwei Mann von der Bürgerarmee schossen auf die Soldaten, töteten drei Offiziere und mehrere Mann. Die Soldaten erwiderten das Feuer. Drei von den Aufständischen wurden erschossen. Das war das Zeichen für eine allgemeine Revolte. Auf die Meldung rückte Militär aus. Um 11 Uhr 15 Minuten begann der Kampf an verschiedenen Plätzen und in den Straßen außerhalb der Stadt. Die Absicht der Sinn-Feiner war offenbar, die Aufmerksamkeit des Militärs von den Hauptzielen ihres Angriffs abzulenken, namentlich vom Postamt, dem Schloß und dem Gericht, sowie von ein paar anderen Gebäuden und St. Stephens - Green. Im Postamt wurden von Postbeamten, die mit den Rebellen unter einer Decke steckten, alle Telegraphenapparate zerstört und die Telephonverbindungen abgeschnitten. Die Postbeamten beteiligten sich von dem Fenster aus an dem Gefecht. Eine Abteilung Soldaten drang in das Gebäude ein. Im Erdgeschoß fand ein wilder Kampf statt. Schließlich wurde das Erdgeschoß mit dem Bajonett gestürmt. Aber die Rebellen erhielten Verstärkungen und erneuerten den Angriff. Das Postamt soll im Laufe des Tages und in der Nacht dreimal genommen und wieder verloren worden sein. Der Angriff auf das Schloß schlug fehl. In der Sackville Street bemächtigten sich die Rebellen aller Straßenbahnwagen, die umgestürzt und in Barrikaden verwandelt wurden. Automobile und Lastwagen wurden in derselben Weise verwendet. St. Stephens - Green ist besetzt worden. Ein Stacheldraht war über die Straßen gezogen worden. Mehrere bekannte Klubs an den Plätzen wurden als Beobachtungsposten und Schützenstände benutzt. Man baute aus allen möglichen Gegenständen Barrikaden. Die Bücher der berühmten Gerichtsbibliothek mußten als Sandsäcke dienen. Die Soldaten bemächtigten sich des Shelbourne-Hotels. Sie stellten auf dem Balkon ein Maschinengewehr auf und beschossen die Rebellen auf St. Stephens-Green. Den ganzen Montag wurde hin und her gekämpft. Die Stadt ist vollständig dunkel Alle Straßenlampen sind entweder gelöscht oder in Trümmer geschlagen worden. In mehreren Straßen wurde geplündert. Bei Tagesanbruch kamen Verstärkungen an. Die Rebellen bemächtigten sich zweier Zeitungen. Sie wurden am Dienstag durch das Schießen von einem Kanonenboot, das den Liffeyfluß heraufgefahren kam, vertrieben. Die Rebellen sollen ungefähr 12000 Mann zählen, von welchen der sogenannten Bürgerarmee etwa 2000 Mann angehören. Der Verlust des Militärs scheint erheblich.

Paris, 30. April. (Priv.-Tel.)
Nach den hier eingetroffenen Meldungen läßt sich die Überrumpelung von Dublin dadurch erklären, daß die Rebellen zu Tausenden mit einem Vergnügungszug in der Stadt ankamen und zunächst einen Aufzug organisierten, der wie eine einfache Freiwilligenparade aussah. Am Montag waren zirka 12000 Rebellen Herren der Stadt. Viele Burger wurden in den Straßen durch Geschosse getroffen. Als die Truppen am Dienstag Verstärkungen erhielten, wurde zunächst Liberty Hall, das Hauptquartier der Rebellen, mit zwei Kanonen zusammengeschossen und die Ruinen erstürmt. Auch in der Graston Street, wo die Rebellen Barrikaden errichtet hatten, wurde heftig gekämpft. Noch am Mittwoch morgen hielten die Rebellen die Zentralpost, auf der ihre Fahnen wehten. Sie hatten die Angestellten mit Bajonetten verjagt. Beim Kampfe mit den Truppen wechselte das Gebäude mehrmals die Hand. Seit Mittwoch abend betrachten sich die Truppen als Herren der Situation. Eine Rebellenstellung nach der andern fällt. Man hofft auf gänzliche Niederschlagung der Revolution binnen weniger Tage.
2)

 

Der 1. Weltkrieg im April 1916

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1) TEXTQUELLEN:
Amtliche Kriegs-Depeschen
Nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus
4. Band
Nationaler Verlag, Berlin SW 68
(1916)

2) "Frankfurter Zeitung" (1916)

 

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