Der Weltkrieg am 28. Juli 1916

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 

Der deutsche Heeresbericht:

Zwei russische Armeekorps zurückgeschlagen

Großes Hauptquartier, 28. Juli. 
Westlicher Kriegsschauplatz: Ein deutscher Patrouillenvorstoß brachte in der Gegend von Neuve-Chapelle 30 Gefangene (darunter 3 Offiziere) und 2 Maschinengewehre ein. 
Dem nördlich der Somme zur größten Kraft gesteigerten englischen Feuer folgten im Laufe des Nachmittags starke Angriffe, die bei Pozières sowie mehrfach am Foureauxwalde und südöstlich davon vor unseren Stellungen völlig zusammenbrachen. Sie führten in Longueval und im Delvillewald zu erbitterten Nahkämpfen; aber auch hier kann sich der Feind keiner Erfolge rühmen. 
Südlich der Somme ist es bei beiderseits lebhaft fortgesetzter Artillerietätigkeit nur zu Vorstößen feindlicher Handgranatentrupps bei Soyecourt gekommen; sie sind abgewiesen.
Östlich der Maas sind die französischen Unternehmungen gegen das Werk Thiaumont erfolglos geblieben. 
Östlicher Kriegsschauplatz: 
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinzen Leopold von Bayern: 
Die Russen haben ihre Angriffe mit starken Kräften erneuert. Sechsmal sind sie seit gestern nachmittag gegen die Front Skrobowa-Wygoda (östlich von Gorodischtsche) mit zwei Armeekorps vergeblich angelaufen, weitere Angriffe sind im Gange. Mehrmals fluteten die Angriffswellen zweier Divisionen vor unseren Schtscharastellungen nordwestlich von Ljachowitschi zurück. Die Verluste des Gegners sind sehr schwer. 
Heeresgruppe des Generals v. Linsingen: 
Nordöstlich von Swiniuchy haben russische Angriffe zunächst Boden gewonnen; Gegenangriffe sind im Gange. Bei Postomyty warfen österreichisch-ungarische Truppen die Russen aus Vorstellungen im Sturm zurück. 
Balkankriegsschauplatz: 
Nordwestlich und nördlich von Vodena haben sich kleinere, für den Gegner verlustreiche Gefechte im Vorgelände der bulgarischen Stellungen abgespielt.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der Kapitän des englischen Dampfers "Brussels" als Franktireur erschossen

Berlin, 28. Juli. (Amtlich.)
Am 27. Juli fand in Brügge die Verhandlung des Feldgerichts des Marinekorps gegen den
Kapitän Charles Fryatt von dem als Prise eingebrachten englischen Dampfer "Brussels" statt. Der Angeklagte wurde zum Tode verurteilt, weil er, obwohl nicht Angehöriger der bewaffneten Macht, den Versuch gemacht hat, am 28. März 1915 um 2 Uhr 30 Minuten nachmittags bei dem Maas-Feuerschiffe das deutsche Unterseeboot "U 33" zu rammen.
Der Angeklagte hat ebenso wie der erste Offizier und der leitende Maschinist des Dampfers seinerzeit für sein "tapferes Verhalten" bei dieser Gelegenheit von der britischen Admiralität eine goldene Uhr als Belohnung erhalten und war im Unterhaus lobend erwähnt worden. Bei der damaligen Begegnung hat er, ohne sich um die Signale des U-Bootes, das ihn zum Zeigen seiner Nationalflagge und zum Stoppen aufforderte, zu kümmern, im entscheidenden Augenblick
mit hoher Fahrt auf das Unterseeboot zugedreht, das nur durch sofortiges Tauchen um wenige Meter von dem Dampfer freikam. Er gab zu, hiermit nach den Weisungen der Admiralität gehandelt zu haben. Das Urteil ist bestätigt und am 27. Juli nachmittags durch Erschießen vollstreckt worden.
Eine von den vielen ruchlosen Franktireurhandlungen der englischen Handelsschiffahrt gegen unsere Kriegsfahrzeuge hat so eine zwar späte, aber gerechte Sühne gefunden.
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Ein bewaffneter englischer Dampfer nach Gefecht genommen

Berlin, 28. Juli.
Am 27. Juli, 1 Uhr mittags, hat ein deutscher Hilfskreuzer 15 Seemeilen südöstlich von Arendal den bewaffneten englischen Dampfer "Eskimo" nach Gefecht genommen. Der Dampfer ist eingebracht.
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Die russische Flugstation Lebara erneut angegriffen

Berlin, 28. Juli. (Amtlich.)
Die russische Flugstation Lebara auf Zerel ist am 27. Juli erneut von einem Geschwader unserer Seeflugzeuge zweimal angegriffen worden, und zwar am frühen Morgen und am Abend. Trotz starker Gegenwehr sind gute Erfolge gegen die Station erzielt worden, Treffer und Brandwirkung in den Hallen wurden einwandfrei beobachtet. Ein Haus der Flugstation ist abgebrannt.
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Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Neue russische Massenangriffe bei Brody

Wien, 28. Juli. 
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz: 
Am oberen Czarny Czeremosz scheiterten mehrere russische Angriffe. 
Im Raume nördlich von Brody setzte der Feind gestern seine Anstürme den ganzen Tag über fort. Bis in den späten Nachmittag vermochte er, von unseren brav fechtenden Truppen immer wieder zurückgeschlagen, nicht einen Schritt Raum zu gewinnen. Erst einem neuerlichen, abends angesetzten Massenstoß der Russen gelang es, östlich der von Leszniow nach Brody führenden Straße in unsere Stellungen einzudringen. Unsere Truppen setzten den Kampf am Südrande von Brody fort. 
Bei Pustomyty in Wolhynien vertrieben k. und k. Abteilungen den Feind aus einer vorgeschobenen Verschanzung. 
Nordöstlich von Swiniuchy wird einem lokalen Einbruch der Russen durch einen Gegenstoß begegnet. 
Um Mitte Juli hat der Feind nach einer Pause von vier Wochen in Wolhynien seine Offensive wieder aufgenommen. Das Gesamtergebnis derselben läßt sich bis heute dahin zusammenfassen, daß auf unserer Seite ein 80 Kilometer breites Frontstück in einer Tiefe von nicht mehr als 15 Kilometer zurückgedrückt wurde. Diesen geringen Raumgewinn hat der Feind durch eine ununterbrochene Reihe schwerer Angriffe und mit ungeheuren Opfern erkauft. 
Italienischer Kriegsschauplatz: 
Im Becken von Laghi brachte eine Patrouillenunternehmung 1 Offizier und 27 Mann als Gefangene ein. Im Raume von Paneveggio hielt das starke feindliche Geschützfeuer an. Das Vorgehen schwächerer italienischer Abteilungen wurde schon durch unser Feuer verhindert.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 

Ereignisse zur See:
Am 27. morgens haben unsere Seeflugzeuggeschwader Bahnhöfe, militärische Objekte und Fabriken von Otranto, Mola, Bari, Giovinazzo und Molfetta mit schweren, leichten und Brandbomben sehr erfolgreich belegt. Namentlich in Bari wurden verheerende Volltreffer in Bahngebäuden, Fabriken und im Gouvernementspalais erzielt und starke Brände beobachtet. Trotz heftiger Beschießung und Bekämpfung feindlicher Abwehrflugzeuge kehrten unsere Geschwader unversehrt zurück.

Flottenkommando. 1)

 

Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 28. Juli. 
An der Irakfront im Abschnitt von Fellahie keine Kampfhandlung. Im Euphratabschnitt bei Korna eroberten unsere Krieger einige feindliche Schiffe mit Lebensmitteln und töteten neun und verwundeten vier Engländer von der Besatzung der Schiffe. - An der Kaukasusfront trieb der Feind auf dem rechten Flügel nach Artillerie- und Infanteriefeuer mehrere Aufklärungstruppen vor, die sich unseren Schützengräben zu nähern versuchten, aber überall durch unser Feuer vertrieben wurden. In diesem Abschnitt wurde eine feindliche Kavallerieabteilung durch unser heftiges Artilleriefeuer zerstreut. Vom Zentrum und dem linken Flügel keine wichtige Nachricht. Am 26. Juli warf ein englischer von einem Flugmutterschiff, das von französischen Torpedobooten beschützt wurde, aufgestiegener Flieger Bomben auf Haifa und Umgebung, durch die einige Kinder und eine Frau verwundet wurden. An der ägyptischen Front in der Gegend von Katia dauern Patrouillenzusammenstöße zu unseren Gunsten an. 
Infolge der russischen Angriffe, die in der Richtung auf Baiburt und Mamachatun gegen unsere Stellungen im Zentrum auf dem Südufer des Tschoruk unternommen wurden, führten unsere Truppen, indem sie sich in den hintereinanderliegenden Linien behaupteten und Gegenangriffe machten, einen geordneten Rückzug durch. Unsere Truppen auf dem linken Flügel nördlich des Tschoruk in der Küstengegend zogen sich gleichfalls auf unsern Befehl und freiwillig zurück, indem sie der Bewegung des Zentrums folgten. Infolgedessen sind die Ortschaften Baiburt, Gümüschkhane und Erzindjan in die Hände des Feindes gefallen. Die Fortschritte, die die Russen nur unter blutigen Verlusten erreichten, können unsere allgemeine Lage an dieser Front nicht beeinträchtigen. Der allzusehr übertriebene Inhalt der russischen amtlichen Berichte über unseren Rückzug, der nur eine Notwendigkeit der Lage gewesen ist, ist ohne Begründung. Die Russen versuchten, unsere Bewegung als Flucht darzustellen, aber es ist hervorzuheben, daß unsere Armee außer zwei Mantelligeschützen, die durch das feindliche Feuer zerstört waren, nichts im Stich gelassen hat. Die Mitnahme der gesamten Artillerie und des übrigen Materials beweist die vollkommene Ordnung des Rückzuges, den unsere Armee aus bestimmten Erwägungen aufgenommen hat. Während dieser Operationen haben wir bei mehreren Gegenangriffen in verschiedenen Abschnitten eine große Zahl Gefangener gemacht. Der Verlust von Erzindjan ist bedauerlich, aber da es eine offene Stadt ist, wird es keinen Einfluß auf unsere allgemeinen Operationen haben. Auf dem rechten Flügel in den Abschnitten von Musch und Bitlis ist die Lage unverändert. Die von Zeit zu Zeit vom Feinde entwickelte Tätigkeit wird durch unsere Gegenbewegungen angehalten. Die russischen Streitkräfte, denen es gelungen war, den Abschnitt von Revanduz zu erreichen, sind infolge mehrerer für uns glücklicher Kämpfe von der Grenze verjagt worden. Von den Armeen. die wir auf einer sich von Südpersien bis zum Schwarzen Meer erstreckenden Front aufgestellt haben, ist die des linken Flügels ein wenig zurückgebogen worden, und dies ist von den Russen als ein großer Erfolg gemeldet worden. Dennoch rückt unsere Armee des rechten Flügels in Südpersien beständig vor, und die des Zentrums beherrscht vollkommen den Abschnitt von Aserbeidschan und die westlichen Gegenden der genannten Landschaft. Die nächsten Operationen, die in kurzer Zeit stattfinden werden, werden beweisen, wie sehr die Russen sich mit der Verbreitung dieser Nachrichten von angeblich großen Erfolgen übereilt und wie sehr sie sich in ihren Mitteilungen getäuscht haben.

 

Der 1. Weltkrieg im Juli 1916

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TEXTQUELLEN:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen
Nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus
4. Band
Nationaler Verlag, Berlin SW 68
(1916)

2) "Frankfurter Zeitung" (1916)

 

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