Der Weltkrieg am 26. September 1916

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

Der deutsche Heeresbericht:

Einheitlicher englisch-französischer Infanteriesturm

Großes Hauptquartier, 26. September.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht:
Die englisch-französische Infanterie ist gestern, am vierten Tage des großen Ringens der Artillerien zwischen Ancre und Somme, zum einheitlichen Angriff angetreten. Der mittags eingeleitete Kampf tobte mit der gleichen Wut auch nachts fort. Zwischen der Ancre und Eaucourt l´Abbaye erstickte der feindliche Sturm in unserem Feuer oder brach blutig vor unseren Linien zusammen.
Erfolge, die unsere Gegner östlich von Eaucourt l´Abbaye und durch die Besitznahme der in der Linie Gueudecourt-Bouchavesnes liegenden Dörfer davongetragen haben, sollen anerkannt, vor allem aber soll unserer heldenmütigen Truppen gedacht werden, die hier den zusammengefaßten englisch-französischen Hauptkräften und dem Masseneinsatz des durch die Kriegsindustrie der ganzen Welt in vielmonatiger Arbeit bereitgestellten Materials die Stirn bieten. Bei Bouchavesnes und weiter südlich bis zur Somme ist der oft wiederholte Anlauf der Franzosen unter schwersten Opfern gescheitert.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Front des Generalfeldmarschalls Prinzen Leopold von Bayern:
Sechsmaliger Ansturm starker feindlicher Kräfte bei Manajow schlug vollkommen und unter blutigsten Verlusten fehl.
Ein russisches Riesenflugzeug wurde bei Borguny (westlich von Krewo) nach hartem Gefecht von einem unserer Flieger abgeschossen. In derselben Gegend unterlag auch ein russischer Eindecker im Luftkampf.
Front des Generals der Kavallerie Erzherzogs Carl:
Im Ludowa-Abschnitte sind abermals heftige feindliche Angriffe, weiter südlich Teilvorstöße abgewiesen.
Kriegsschauplatz in Siebenbürgen:
Im Abschnitt von Hermannstadt (Nagy Szeben) stehen unsere Truppen in fortschreitendem Angriff.
Rumänische Kräfte gewannen beiderseits der Kammlinie Szurduk - Vulkan-Paß die Grenzhöhen. Die Paßbesatzungen selbst schlugen alle Angriffe ab; sie sind heute nacht durch Befehl zurückgenommen.
Balkan-Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Mackensen:
An der Front keine besonderen Ereignisse.
Luftschiff und Flieger griffen Bukarest erneut an.
Mazedonische Front am 24. September:
Kleinere, für die bulgarischen Truppen günstig verlaufene Gefechte östlich des Prespa-Sees und beiderseits von Florina.
Stellenweise lebhafte Artilleriekämpfe.

Der Erste Generalquartiermeister.
 Ludendorff.
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Fliegerleutnant Wintgens gefallen


Kurt Wintgens

wtb Minden, 26. September. 
Die Mindener Zeitung meldet: Gestern morgen ist im Kampfe gegen eine erhebliche feindliche Übermacht der Fliegerleutnant Wintgens nach hartem Luftkampfe gefallen. Er hatte mit seinem Freunde Höhndorf zusammen den Auftrag, ein deutsches Geschwader bei Ausführung einer schwierigen Aufgabe zu schützen. Nach dem Wunsche des Gefallenen wird die Leiche in Feindesland an dem Orte, wo er für sein Vaterland den Fliegertod fand, beigesetzt werden.

Der Heldentod des Fliegerleutnants Wintgens

Minden, 27. September. 
Fliegerleutnants Kurt Wintgens hat nach einem Bericht der N. Z. nur das Alter von 21 Jahren erreicht. Nachdem er das Gymnasium besucht hatte, ging er bei Kriegsausbruch auf eine Kriegsschule und wurde dort zum Leutnant befördert. Er kam dann zu einem Truppenteil nach Frankfurt a. O. und rückte von dort aus ins Feld. Im Januar 1915 wurde er zu den Fokker-Werken in Schwerin versetzt, dort legte er die Pilotenprüfung ab und kam dann als Kampfflieger an die Westfront. Der Vater des Gefallenen war Oberstleutnant und ist bereits vor 18 Jahren gestorben. Ein Bruder des gefallenen Fliegerleutnants steht als Hauptmann bei der Kaiserlichen Schutztruppe in Ostafrika. Von den Angehörigen Wintgens´ wird in der Mindener Zeitung folgende Todesanzeige veröffentlicht: Am 25. September fand mein lieber Sohn, unser treuer Bruder, der Leutnant Kurt Wintgens den Heldentod. Martha Wintgens, geb. Bohlmann; Max Wintgens, Hauptmann in der Kaiserl. Schutztruppe in Ostafrika; Anneliese Wintgens.

Die Feldflieger-Abteilung, zu der Leutnant Wintgens gehörte, zeigt den Tod ihres Kameraden, folgendermaßen an: Am 25. September fand den Heldentod der Leutnant Kurt Wintgens, Ritter des Ordens Pour le mérite, des Eisernen Kreuzes 1. und 2. Klasse und anderer Orden. Ein treuer Kamerad, ein untadeliger Offizier, ein edler Mensch ist von uns geschieden. Sein Gedächtnis wird nie bei uns erlöschen. Er war unser Stolz, er war unser Vorbild. Palmer, Hauptmann und Führer einer Feldflieger-Abteilung. 2)

 

Neuer erfolgreicher Luftangriff auf England

Berlin, 26. September.
In der Nacht vom 25. auf den 26. hat ein Teil unserer Marineluftschiffe den englischen Kriegshafen Portsmouth, befestigte Plätze an der Themse-Mündung sowie militärisch wichtige Industrie- und Bahnanlagen Mittelenglands, darunter York, Leeds, Lincoln und Derby ausgiebig und mit sichtbarem Erfolg mit Spreng- und Brandbomben belegt. Die Luftschiffe sind trotz starker Gegenwirkung unbeschädigt zurückgekehrt.

 Der Chef des Admiralstabes der Marine.1)

 

Ein englisches Munitionslager von deutschen Fliegern vernichtet

Die "Nordd. Allg. Ztg." schreibt:
Nach einem Funkspruch des W. T. B. aus New York vom 5. September veröffentlicht die "New York Times" eine von der Universal Preß Association in New York verbürgte Nachricht, worin sie einen Brief des Mitgliedes des britischen Parlaments, King, anführt, in den. dieser mitteilt, kurz vor dem 16. August habe sich die größte Explosion, von der man je gehört habe, hinter den britischen Linien in Frankreich ereignet. Der Verlust an Munition werde auf 25 Millionen Dollar (100 Millionen Mark) geschätzt.
Wir sind nach einer Angabe aus amtlicher Quelle in der Lage, hierzu erläuternd zu bemerken.
Eins der größten englischen Munitionslager wurde in monatelanger Arbeit bei Audruicq (16 km südöstlich Calais) angelegt. Dutzende von Lagerhäusern und Schuppen in den verschiedensten Größen, umfangreiche neue Bahnanlagen, Rampen und Ausladestellen entstanden, in ununterbrochener Folge liefen die Munitionszüge ein, um das gewaltige Lager zu füllen.
Als nach den ständigen Beobachtungen unserer Flieger die Bauten beendet und alle Räume mit Munition vollgepackt waren, erfolgte in der Nacht vom 20. zum 21. Juli der Angriff eines unserer Flugzeuggeschwader mit überwältigendem Erfolg. Das ganze gewaltige Munitionslager flog bis zum letzten Schuppen in die Luft. Tiefe Erdtrichter und wüste Trümmerhaufen bezeichneten den Platz des einstigen englischen Hauptmunitionsdepots. In weiter Umgebung brannten Wohnhäuser, Baracken, Lagerbauten nieder.
Wohlgelungene Lichtbildaufnahmen unserer Flieger vorn Tage vor und nach dem erfolgreichen Angriff ließen über Umfang und Bedeutung dieses Werkes der Zerstörung keinen Zweifel.
Wenn in dem Briefe des britischen Parlamentariers King der Zeitpunkt dieser Katastrophe anscheinend etwas später gelegt ist, so kann doch angenommen werden, daß es sich um den Angriff bei Audruicq handelt. Sollte sich indessen eine spätere andere schwere Explosionskatastrophe hinter der englischen Front noch zugetragen haben, so würde der Verlust für die Engländer sich verdoppeln.
1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Das Schicksal der Verschütteten von Monte Cimone

Wien, 26. September.
Amtlich wird verlautbart:
Östlicher Kriegsschauplatz:
Front gegen Rumänien:
Der Vulkan- und der Szurduk-Paß wurden vor weit ausholender Umfassung starker rumänischer Kräfte geräumt. Bei Nagy Szeben (Hermannstadt) entwickeln sich neue Kämpfe, österreichisch-ungarische und deutsche Truppen greifen an. An der siebenbürgischen Ostfront kam es stellenweise zu Zusammenstößen. Südlich von Szekely-Udvarhely (Oderhellen) schlug ein kroatisches Landwehrbataillon mehrere Angriffe überlegener Abteilungen in erbittertem Kampfe zurück.
Heeresfront des Generals der Kavallerie Erzherzogs Carl:
An der Dreiländerecke südwestlich Dorna Watra wurden russisch-rumänische Vorstöße vereitelt. Im Südostwinkel Galiziens setzte der Feind seine Angriffe mit unverminderter Heftigkeit fort. Alle Anstrengungen scheiterten an dem heldenhaften Widerstand der im Ludowa-Gebiet kämpfenden deutschen Truppen.
Heeresfront des Generalfeldmarschalls Prinzen Leopold von Bayern:
Auch gestern brachen nordwestlich von Perepelniki zahlreiche Angriffe des Gegners zusammen. Bei Watyn (östlich Swiniuchy) wurde ein russisches Farman-Großkampfflugzeug durch unsere Flieger in die Flucht gejagt.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Der Südteil der Karst-Hochfläche stand zeitweise unter starkem Feuer der feindlichen Artillerie. An der Fleimstal-Front beschossen die Italiener das Werk Dossaccio und den Abschnitt Gardinal-Coltorondo. Auf dem Carcenagol wurden 27 Alpini, darunter 2 Offiziere, gefangengenommen.
Der zur Rettung der Verschütteten am Cimone angebotene Waffenstillstand wurde vom Feinde abgelehnt. Die aus diesem Anlasse im Wege eines Parlamentärs gewechselten Noten lauteten wörtlich:
1. Der Kommandant der k. und k. österreichisch-ungarischen Streitkräfte im Raume des Tonezza-Cimone-Gebietes an den Kommandanten der gegenüberstehenden königlich italienischen Truppen.
Unter den Trümmern des von uns in die Luft gesprengten Monte Cimone befindet sich noch lebend eine größere Anzahl italienischer Soldaten, welche um Hilfe schreien. Wir sind bereit, ihnen zu helfen und sie aus ihrem Grabe zu befreien, wenn die italienische Artillerie und Infanterie heute, den 25. September 1916, zwischen 2 Uhr nachmittags und 7 Uhr abends das Feuer auf den Monte Cimone einstellt. Selbstverständlich betrifft dies ebenso die italienischen Batterien im Tale des Astico wie jene auf den Höhen westlich und östlich dieses Flusses. Während dieser Zeit dürfen sich italienische Patrouillen zwischen dem Astico und dem Rio Freddo nicht über ihre Befestigungslinie vorbewegen, widrigenfalls wir die Hilfsaktion einstellen und die Feuerpause für gebrochen erachten. Falls der königlich italienische Kommandant hierauf nicht eingeht, verfallen die italienischen Soldaten ihrem Schicksal. Die bezügliche Antwort wolle bis 25. September, 12 Uhr mittags bei unserer Vorpostenlinie bei Forni abgegeben werden. Eile geboten. 25. September 1916.
2. Abschnittskommando 10,45 vormittags.
Pedescala, 25. September 1916. In der Erwägung, daß die österreichisch-ungarischen Truppen, ebenso wie sie ihren Verwundeten zur Hilfe eilen konnten, in der langen Zeit zwischen der Minenexplosion und dem Beginn des italienischen Feuers aus Menschlichkeit auch den italienischen Verwundeten hätten helfen können, findet es Seine Exzellenz der Armeekommandant für angezeigt, die verlangte Einstellung des Feuers nicht zu bewilligen. Der Generalstabschef Generalmajor Albricci.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
In Albanien nichts Neues.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
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Ankunft des Handels-U-Boots "Bremen" in Amerika?

London, 26. September.
Das Reutersche Bureau meldet aus Westerly-Rhode Island:
Der Kapitän eines Schleppdampfers hat den Befehl erhalten, sein Schiff fertig zu machen, um in die Nähe von Montank Point zu fahren und ein deutsches Handels-U-Boot nach New London (Connecticut) zu schleppen. Man glaubt, daß das deutsche U-Boot unter Wasser den Einbruch der Dunkelheit abwartet.
1)

 

Der 1. Weltkrieg im September 1916

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TEXTQUELLEN:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen
Nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus
5. Band
Nationaler Verlag, Berlin SW 68
(1917)

2) "Dresdner Anzeiger" (1917)

 

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