Der Weltkrieg am 23. Dezember 1916

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - BULGARISCHER HEERESBERICHT

 

Der deutsche Heeresbericht:

Tulcea an der unteren Donau besetzt

Großes Hauptquartier, 23. Dezember.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Armee des Generalfeldmarschalls Herzogs Albrecht von Württemberg:
Im Ypern- und Wytschaete-Bogen erreichte gestern der Artilleriekampf erhebliche Stärke. Südöstlich von Ypern griffen englische Abteilungen an; sie wurden durch Feuer, an einer Stelle im Nahkampf, zurückgetrieben.
Südlich von Boesinghe drangen mehrere Patrouillen in die feindlichen Gräben und brachten Gefangene, Maschinengewehre und Beutestücke zurück.
Heeresgruppe Deutscher Kronprinz:
An der Champagne- und Maas-Front nur geringe Feuertätigkeit.
In den Vogesen, nordwestlich von Münster, hoben deutsche Streifkommandos einen französischen Sappenposten auf.
Bei Frapelle, östlich von St. Dié und südlich des Rhein-Rhone-Kanals wurden
nach starker Artillerievorbereitung angreifende französische Abteilungen abgewiesen. Östlicher Kriegsschauplatz:
Heeresfront des Generalfeldmarschalls Prinzen Leopold von Bayern:
Nichts Wesentliches.
Heeresfront des Generaloberst Erzherzog Joseph:
In den Waldkarpathen mehrfach Patrouillenunternehmungen, bei denen Gefangene und Maschinengewehre eingebracht wurden. - Südlich von Mestecanesci nahmen österreichisch-ungarische Abteilungen eine jüngst aufgegebene Vorstellung den Russen wieder ab.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Mackensen:
In der Dobrudscha stürmten die verbündeten Truppen mehrere russische Nachhutstellungen und besetzten Tulcea an der unteren Donau. Die Gefangenenzahl hat sich auf über 1600 erhöht, mehrere Maschinengewehre waren die Beute.
Mazedonische Front:
Am Dojran-See Artilleriefeuer, in der Struma-Ebene Vorpostengefechte.

Der Erste Generalquartiermeister.
     Ludendorff.
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Der größte Teil der Dobrudscha vom Feinde gesäubert

Berlin, 23. Dezember, abends. (Amtlich.)
Im Westen wegen ungünstiger Witterung nur geringe Gefechtstätigkeit.
Auf der Ostfront nichts Wesentliches.
Die Dobrudscha ist bis auf das Gelände zwischen Macin und Isaccea vom Feinde gesäubert.
Am Dojran-See vorübergehende Artillerietätigkeit.
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Das Ende der Somme-Schlacht

Berlin, 23. Dezember.
Seit einigen Tagen wird die Somme-Front in den Heeresberichten beider Parteien kaum noch erwähnt. Die große Somme-Schlacht ist tatsächlich zu Ende. Nachdem vor über vier Wochen die letzten Infanterievorstöße kläglich scheiterten, hat auch das Feuer der französischen und britischen Artillerie in solchem Maaße nachgelassen, daß es den Verteidigern möglich wurde, ihre Verteidigungsanlagen, die stellenweise nur aus eingetrommelten Gräben und Granattrichtern bestanden, neu auszubauen. Diese vier Wochen relativer Ruhe, welche die erschöpften Angreifer dem Verteidiger notgedrungenermaßen gewähren mußten, haben das Schicksal der Somme-Schlacht ein für allemal besiegelt. Heute ist an der ganzen Somme-Front bereits wieder ein systematisch ausgebautes Grabensystem entstanden. Sogar vor den vordersten Linien ist Stacheldraht gezogen, und selbst hier liegt die Besatzung bereits wieder in tiefen Unterständen und schußsicheren Stellen. Damit sind alle Muhen und Opfer von fünf Monaten Somme-Offensive vergeblich gebracht. Sollten Engländer und Franzosen nochmals den Angriff wagen, so müssen sie wieder von vorn beginnen. Nur daß heute die Linien des Verteidigers stärker und unbezwinglicher dastehen, als am 1. Juli, denn hinter dem ersten, im Bereich des feindlichen Feuers gelassenen Grabensystem erwartet mehr als ein Dutzend stärkster und in aller Ruhe und Sorgfalt ausgebauter Verteidigungslinien den Gegner. Wie außerordentlich geschwächt die franko-britische Offensivkraft an der Somme ist, geht allein aus der Tatsache hervor, daß auch die schöne Witterung der letzten Tage, bei welcher
der gefrorene Boden sogar eine Benutzung der Tanks ermöglicht hätte, von ihnen zu keinerlei Angriffshandlungen benutzt wurde. Die gleiche Parität in der Luft. Bei aufklärendem Himmel ziehen deutsche Kampfgeschwader gegen Westen. Von der so laut gerühmten Überlegenheit im Flugwesen ist es still geworden. Der britische Bericht vom 21. Dezember, an dem gutes Flugwetter war, muß selber 4 eigene Flugzeuge als vermißt zugeben, während er nur ein einziges feindliches als zerstört melden kann. Die Somme-Schlacht hat mit einem vollen Siege der deutschen Waffen geendet.
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Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Wien, 23. Dezember.
Amtlich wird verlautbart.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Im Mestecanesci-Abschnitt haben österreichisch-ungarische Truppen mehrere russische Vorstöße abgewiesen.
Italienischer und südöstlicher Kriegsschauplatz:
Nichts zu berichten.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
 v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
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Der bulgarische Heeresbericht:

Sofia, 23. Dezember. (Bericht des Generalstabes.)
Rumänische Front:
In der Dobrudscha ist der geschlagene und von den verbündeten Truppen hart verfolgte Feind im Rückzug gegen die unterste Donau. Wir haben Tulcea besetzt. Ein türkisches Korps hat 4 Kanonen erbeutet.
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Die Besetzung von Tulcea durch die Bulgaren

Berlin, 23. Dezember.
Im raschen Verstoß haben die Bulgaren die russischen Nachhutstellungen in der Dobrudscha überrannt und die Stadt Tulcea besetzt. Im Besitz der Hügellinie von Tulcea beherrschen die Sieger den unteren Donau-Arm, den Sulina-Kanal und den St.-Georgs-Arm. Die Donau-Schiffahrt ist somit völlig unterbunden, und den Russen stehen für Transporte nach Galatz und dem Sereth nur noch die Bahnlinie von Reni und Jassy zur Verfugung. Der äußerste östliche Flügel der Heere der Verbündeten hat mit der Einnahme von Tulcea einen festen, äußerst wichtigen, nicht zu flankierenden Stützpunkt erhalten.
Im Osten macht das breite Donau-Delta jede Annäherung unmöglich. Gegen Norden ist Tulcea durch die 15 km breiten Donau-Sumpfe gedeckt. Die russischen Verbände Sacharows sind in die äußerste Nordwestecke der Dobrudscha gedrängt, und als rückwärtige Verbindungen stehen ihnen nur noch Isaccea nnd Braila zur Verfügung. Ob sie einen letzten Versuch machen werden, sich auf der Hügelkette Furccia - Greci - Feilor - Isaccea zu behaupten, ist höchst zweifelhaft.
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Eine schweizerische Note an die Kriegführenden

Bern, 23. Dezember. (Meldung der Schweizerischen Depeschenagentur.)
Gestern, den 22. Dezember 1916, hat der Schweizerische Bundesrat an die Regierungen der kriegführenden Staaten folgende Note gerichtet:
Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, mit welchem der Schweizerische Bundesrat, geleitet von seinem heißesten Wunsche nach einer baldigen Beendigung der Feindseligkeiten, vor geraumer Zeit in Fühlung getreten ist, hatte die Freundlichkeit, dem Bundesrate von der den Regierungen der Zentral- und Ententemächte zugestellten Friedensnote Kenntnis zu geben.
In dieser Note erörtert Präsident Wilson die hohe Wünschbarkeit internationaler Abmachungen zum Zwecke sicherer und dauernder Vermeidung von Katastrophen, wie diejenige es ist, unter der heute die Völker leiden. Er betont im Zusammenhang damit vor allem die Notwendigkeit, das Ende des gegenwärtigen Krieges herbeizuführen. Ohne selbst Friedensvorschläge zu machen oder die Vermittlung anzubieten, beschränkt er sich darauf, zu sondieren, ob die Menschheit hoffen darf, sich den Segnungen des Friedens genähert zu haben.
Die überaus verdienstliche persönliche Initiative von Präsident Wilson wird einen mächtigen Widerhall in der Schweiz finden. Treu den Verpflichtungen, die sich aus der Einhaltung strengster Neutralität ergeben, in gleicher Freundschaft mit den Staaten der beiden im Kriege stehenden Mächtegruppen verbunden, wie eine Insel inmitten der Brandung des schrecklichen Völkerkrieges gelegen und in seinen ideellen und materiellen Interessen auf das empfindlichste bedroht und verletzt, ist unser Land von einer tiefgehenden Friedenssehnsucht erfüllt und bereit, mit seinen schwachen Kräften mitzuhelfen, um den unendlichen Leiden des Krieges, welche ihm durch tägliche Berührung mit den Internierten, Schwerverwundeten und Evakuierten vor Augen geführt werden, ein Ende zu bereiten und die Grundlagen zu einem segensreichen Zusammenwirken der Völker zu schaffen.
Der Schweizerische Bundesrat ergreift daher freudig die Gelegenheit, die Bestrebungen des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika zu unterstützen. Er würde sich glücklich schätzen, wenn er in irgendeiner auch noch so bescheidenen Weise für die Annäherung der im Kampfe stehenden Völker und für die Erreichung eines dauerhaften Friedens tätig sein könnte.
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Der 1. Weltkrieg im Dezember 1916

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TEXTQUELLEN:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen
Nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus
5. Band
Nationaler Verlag, Berlin SW 68
(1917)

 

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