Der Weltkrieg am 22. August 1917

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - BULGARISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Der Fortgang der Schlacht vor Verdun


Vizefeldwebel Müller

Großes Hauptquartier, 22. August.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht:
In Flandern erreichte der Artilleriekampf an der Küste und von Bixschoote bis Warneton abends wieder große Stärke.
Gestern früh erfolgte nordöstlich von Ypern nach heftiger Feuerwelle ein starker Vorstoß der Engländer bei St. Julien; er wurde zurückgeschlagen.
Heute morgen haben sich zwischen den von Staden und Menines auf Ypern führenden Straßen neue Kämpfe entwickelt.
Im Artois griff der Feind nordwestlich und westlich von Lens nach starker Feuervorbereitung unsere Stellungen an. Örtliche Einbrüche wurden durch kräftige Gegenstöße, die zu erbitterten Nahkämpfen führten, ausgeglichen. Eine Kohlenhalde südwestlich der in Brand geschossenen Stadt Lens ist noch in der Hand der Engländer. Nordwestlich und westlich von Le Catelet spielten sich zahlreiche Vorpostengefechte ab, bei denen Gefangene von uns einbehalten wurden. St. Quentin lag erneut unter französischem Feuer.
Heeresgruppe Deutscher Kronprinz:
Auf dem Schlachtfeld bei Verdun führten die Franzosen gestern ihre Angriffe in einigen Abschnitten fort; vielfach wurde bis in die Nacht hinein gekämpft.
Im Südostteil des Avocourtwaldes und auf dem Hügel östlich davon faßte der Feind nach mehrmaligem vergeblichem Ansturm Fuß. An der Höhe 304 scheiterten alle Angriffe, auch die von Südwesten und vom Toten Mann her umfassend angesetzten, in unserem Feuer und an der Zähigkeit der tapferen Verteidiger. Vorstöße, die sich vom Rücken östlich des Rabenwaldes gegen den Forgesgrund richteten, wurden abgewiesen.
Auf dem Ostufer der Maas drangen die Franzosen in den Südteil von Samogneux ein. Im übrigen wurden ihre dichten Massen, die von der Höhe 344 bis zur Straße Beaumont-Vacherauville und im Fosseswald vor- und nachmittags gegen unsere Linien anstürmten, blutig zurückgeworfen.
Die Verluste der feindlichen Infanterie waren schwer; die französische Führung mußte mehrere der zehn Angriffsdivisionen durch frische Truppen ersetzen.
In den letzten Tagen errang Leutnant Voß den 36. und 37., Offizierstellvertreter Vizefeldwebel Müller den 25. und 26. Luftsieg.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Front des Generalfeldmarschalls Prinzen Leopold von Bayern:
Bei Riga, Dünaburg, Tarnopol und am Zbrucz lebte die Gefechtstätigkeit auf.
Front des Generalobersten Erzherzogs Joseph:
Südlich des Trotusultales setzten am 20. und 21. August die Rumänen starke Kräfte ein, um unseren Truppen den Gewinn beiderseits von Grozesci und nordöstlich Vonsoveja wieder zu entreißen. Alle Angriffe sind verlustreich abgewiesen worden.
Bei der Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Mackensen und an der mazedonischen Front ist die Lage unverändert.

Der Erste Generalquartiermeister
    Ludendorff.
1)

 

Neuer Luftschiffangriff auf England

Berlin, 22. August. (Amtlich.)
In der Nacht vom 21. zum 22. August hat eines unserer Marineluftschiffgeschwader, wiederum unter der bewährten Führung des Fregattenkapitäns Straffer, mit sichtlich gutem Erfolge befestigte Plätze und militärische Anlagen am Humber und in der Grafschaft Lincoln und Bewachungsstreitkräfte an der englischen Küste angegriffen. Die Luftschiffe sind trotz der feindlichen Gegenwehr ohne Schaden und ohne Verluste zurückgekehrt.

  Der Chef des Admiralstabes der Marine. 1)

 

Neuer Fliegerangriff auf Freiburg i. Br.

Freiburg i. Br., 22. August.
Heute früh gegen 7 Uhr 30 Min. haben feindliche Flieger ohne jeden Erfolg und Schaden Freiburg mit Bomben belegt. Ein Flieger wurde beim Rückfluge im Luftkampf abgeschossen.
1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Schwere Kämpfe auf der Karsthochfläche

Wien, 22. August.
Amtlich wird verlautbart:
Östlicher Kriegsschauplatz:
Bei Soveja, bei Ocna und westlich Sulta unternahm der Feind starke, aber vergebliche Angriffe. Sonst nichts von Belang zu melden.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Der 21. August ist in der Geschichte der Isonzo-Armee einer der heißesten Kampftage geworden. Östlich von Canale mußte dem Feinde das Dorf Vrh überlassen werden. Alle Anstrengungen der Italiener, den Stoß über die Höhe südlich des Ortes hinaus zu tragen, blieben erfolglos. Ebenso scheiterten südlich von Descla mehrere mit erheblichen Kräften geführte Angriffe des Gegners, wobei sich das ungarische Landsturmregiment Nr. 25 besonders hervortat. Siegreich wie an den Vortagen behüteten östlich von Görz und bei Biglia die tapferen Verteidiger ihre vordersten Gräben gegen neuerlich wiederholten Ansturm. Schwere Verluste und völlige Erschöpfung zwang hier den Feind, nachmittags eine Kampfpause eintreten zu lassen. Am schwersten wurde auf der Karsthochfläche gerungen. Unterstützt durch ein an Kraft kaum mehr zu überbietendes Artilleriefeuer warf der Feind vom frühen Morgen bis zum spätesten Abend Division auf Division gegen unsere Stellungen.
Heftigster Anprall richtete sich gegen die beiden Flügel des Abschnittes, gegen den Raum Fajti- Hrb-Costagnevizza, wo die seit Sommer 1915 am Karst fechtenden ungarischen Regimenter Nr. 39 und 46 neuen Heldenruhm ernteten, und gegen Medeazza und San Giovanni. Das Ergebnis des Tages entsprach der glänzenden Haltung der Truppe und ihres Führers: mochte es auch zu kleinen, im Abwehrverfahren gelegenen Schwankungen gekommen sein - der Erfolg blieb unbestritten auf unserer Seite. Heute seit Tagesanbruch stürmen italienische Massen aufs neue gegen unsere Darstellungen an.
Bei der Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Freiherrn v. Conrad kam es vielfach zu erhöhter Gefechtstätigkeit. Im Suganatal wurden von unseren Erkundungsabteilungen 70 Gefangene eingebracht. Bei dem gestern gemeldeten Unternehmen nordwestlich von Arsiero blieben 2 Offiziere, 150 Mann und 3 Maschinengewehre in unserer Hand. Westlich des Gardasees überwältigten unsere Truppen nach heftigem Kampf einen feindlichen Stützpunkt.

  Der Chef des Generalstabes. 1)

 

Der bulgarische Heeresbericht:

Sofia, 22 August.
Mazedonische Front:
Auf der ganzen Front schwaches Artilleriefeuer und stellenweise auch Gewehrfeuer zwischen vorgeschobenen Einheiten. Westlich des Wardar bei dem Dorf Ochine schoß unsere Artillerie ein feindliches Munitionslager in Brand.
Ein feindliches Luftgeschwader warf Bomben hinter unseren Stellungen ohne Ergebnis ab. Nördlich von Bitolia warfen unsere Flieger mit Erfolg Bomben auf Vodena, Lerine und die Insel Thasos ab.

 

Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 22. August.
Ein an der Dialafront vorgehendes englisches Kavallerieregiment wurde durch unser Artilleriefeuer bei Beli Abas zurückgetrieben.
Kaukasusfront: In der Mitte der Front besetzten unsere Truppen in einer Frontbreite von 2 Kilometern drei hintereinander liegende russische Stellungen. An einer anderen Stelle etwas weiter östlich drangen starke Patrouillen in unsere Linien ein. Im Gegenangriff wurde der Feind fast völlig wieder vertrieben. Der Kampf ist noch nicht abgeschlossen.
Sinaifront: In der Nacht zum 21. kurzes heftiges Artilleriefeuer gegen unsere Stellungen östlich Ghaza. Kurz darauf gingen starke feindliche Stoßtrupps vor, die durch unsere Patrouillen zurückgetrieben wurden. 5 Gefangene wurden eingebracht. Am 20. unternahmen einige feindliche Kavallerieregimenter eine Erkundungsstreife gegen Bir es Seba.

 

Der 1. Weltkrieg im August 1917

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 7
Nationaler Verlag, Berlin (1918)

 

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