Der Weltkrieg am 26. August 1914

 

Deutsch-österreichische Bundestreue

Wien, 26. Aug. (W. B.) 
Über den hochherzigen Befehl des Kaisers an das Kriegsschiff "Kaiserin Elisabeth" schreibt das "Fremdenblatt":
Einer der erhebendsten Momente in diesem Kriege ist die deutsch-österreichische Bundestreue. Im Kampfesfeuer aufs neue geschmiedet und gestählt, kennt sie keine Grenzen, keine Entfernung. Mit vereinten Kräften werden die Tapferen von Tsingtau, welche die kaiserliche Treue adelt, kämpfen bis zum letzten Blutstropfen. Der deutsche Kamerad kann darauf rechnen, wir weichen nicht von ihm, nicht zu Lande, nicht zu Wasser." - Das "Fremdenblatt" betont, die Eroberung von Namur sei ein Erfolg von kolossaler und einziger Art, daß man kaum begreifen könne, daß es in bloß drei Wochen errungen werden konnte. Der deutsche Feldzug in Belgien werde ein ewiges Ruhmesblatt in der glorreichen Geschichte des deutschen Volkes sein.

 

Großer Sieg der österreichisch-ungarischen Truppen bei Krasnik

Wien, 26. Aug. (W. B.) 
Das Kriegspressequartier meldet amtlich: 
Die dreitägige Schlacht bei Krasnik endete gestern mit einem völligen Sieg unserer Truppen. Die Russen wurden auf der ganzen etwa 70 Kilometer breiten Front geworfen und haben fluchtartig den Rückzug gegen Lublin angetreten.

Kriegspressequartier, 26. Aug. (Priv.-Tel.)
Die Kämpfe um Krasnik sind von weittragender Bedeutung. Sie waren eine dreitägige Schlacht mit siebzig Kilometer Front, an der also vermutlich eine große Zahl russischer Korps teilnahmen. Sie endeten gestern mit allgemeiner Flucht der Russen, also einem völligen Mißlingen des geplanten Schutzes Lublins. Die österreichisch-ungarische Offensive und die Verfolgung der fliehenden Russen sind in weiterem raschen Fortschreiten begriffen. Die Folgen des Sieges bei Krasnik sind noch garnicht zu übersehen.

Wien, 26. Aug. (Priv.-Tel.) 
In ganz Wien hat die frohe Kunde vom großen Sieg unserer Armee bei Krasnik den größten Jubel ausgelöst. Zahlreiche Gebäude haben schwarzgelbe Fahnen gehißt.
Aus Lemberg wird gemeldet, vorgestern wurde bei Jezierzany von einer österreichischen Patrouille ein russischer Aeroplan herabgeschossen. Die Flieger, der russische Oberst Martinon und ein Kapitän, wurden gefangen genommen und nach Lemberg gebracht.
Der russische General Wannowski, der hier an den Folgen seiner Verwundung gestorben ist, übergab vor dem Tode alles Bargeld dem behandelnden Arzte für die Zwecke des österreichischen Roten Kreuzes.

Wien, 26. Aug. (W. B.) 
Aus dem Kriegspressequartier wird amtlich gemeldet: 
Nach den letzten Nachrichten haben unsere Truppen in den Kämpfen um Krasnik 3000 Gefangene gemacht und drei Fahnen, zwanzig Geschütze und sieben bespannte Maschinengewehre erbeutet.

 

Von der Ostgrenze Galiziens

Wien, 26. Aug. (W. B.) 
Aus dem Kriegspressequartier wird amtlich gemeldet: 
Eine hervorragende Waffentat der aus Honved-Kavallerie bestehenden fünften Kavallerie-Division wird nachträglich bekannt. Die Division hatte am 16. August die schwierige Aufgabe erhalten, die russische Grenzsicherung am Sbruz zu durchbrechen, um festzustellen, ob sich dahinter stärkere Kräfte befänden. Bei Satanow gelang die Erzwingung des Übergangs und der Einbruch in russisches Gebiet. Die Kavallerie stieß südwestlich von Kuzmin auf überlegene feindliche Kavallerie, die von Infanterie unterstützt wurde. Der Feind wurde trotzdem von den Ungarn in die Flucht getrieben. Die Verfolgung kam erst am nächsten Abschnitt des Swetriz-Baches zum Stillstand, wo sich bei Gorodek russische Verstärkungen festgesetzt hatten. Obwohl ein Angriff nicht Sache der Reiterei war, griffen die Honveds doch den Feind in seiner befestigten Stellung an, wobei sie größere Verluste erlitten. Der Kampf bewies, daß in dieser Gegend sich stärkere russische Kräfte befanden. Nach der Lösung ihrer Aufgabe quartierte sich die Division bei Satanow ein. Nachts überfielen die Ortsbewohner, vermutlich verstärkt durch versteckte Soldaten, die schlafenden Honveds, von denen eine Anzahl getötet wurden. Daraufhin wurde der Ort strafweise niedergebrannt. Nach dem Vorfall sammelte sich die Honved-Division wieder vollkommen schlagfertig. Eine genaue Angabe der Verluste während des Vorstoßes und infolge des Überfalls ist noch nicht möglich, da sich einige kleinere Abteilungen und einzelne Reiter erst auf einem weiten Umweg dem Gros anschließen können.

 

Erfolge gegen Montenegro

Budapest, 26. Aug. (Priv.-Tel.) 
Beglaubigte, von der Zensur durchgelassene Meldungen besagen, daß die österreichisch-ungarischen Truppen am 14. Aug. nach zweitägigem hartnäckigen Kampfe die wichtigen Höhen von Lisac an der Grenze von Montenegro, Dalmatien und der Herzegowina eroberten. Die Montenegriner wurden auseinandergesprengt. Der Einmarsch in den Sandschak und die Eroberung Plevljes am 18. August erfolgte gleichfalls nach erbitterten Kämpfen mit den Montenegrinern, welche eine schwere Niederlage erfuhren. Von den Montenegrinern wurden viele standrechtlich behandelt, weil sie die Gefangenen grausam mißhandelten. Die türkische Bevölkerung begrüßt die Truppen der Monarchie auf die herzlichste Weise. Die Kaserne in Plevlje hat noch deutsche Aufschriften wie zur Zeit der österreichischen Herrschaft.

 

Der deutsche Siegeszug

Berlin, 26. Aug. (W. B.) 
Bei Namur sind sämtliche Forts gefallen, ebenso ist Longwy nach tapferer Gegenwehr genommen. Gegen den linken Flügel der Armee des deutschen Kronprinzen gingen von Verdun und östlich starke Kräfte vor, die zurückgeschlagen sind. Das Oberelsaß ist bis auf unbedeutende Abteilungen westlich Colmar von den Franzosen geräumt.

 

Ein Zeppelinluftschiff über Antwerpen

Rom, 26. Aug. (Priv.-Tel.) 
Aus Antwerpen wird gemeldet: In der vergangenen Nacht warf ein Zeppelinluftschiff acht Bomben auf die Stadt, nach dem Pulverlager zielend. Zwei Häuser wurden zerstört. Es habe sieben Tote und acht Verwundete gegeben.

Amsterdam, 26. Aug. (Priv.-Tel.) 
Die belgische Regierung hat gegen die Bombenwürfe des Zeppelin-Luftschiffs, die in der Stadt große Panik hervorriefen, im Haag Protest eingelegt. Demgegenüber zitiert das "Handelsblad" einen Artikel des verstorbenen belgischen Staatsministers Beernaert aus dem hervorgeht, daß auf der zweiten Haager Friedenskonferenz der belgische Vorschlag, das Bombenwerfen für die Zeit bis zur dritten Friedenskonferenz zu verbieten, nur 28 Stimmen auf sich vereinigte bei 8 Enthaltungen und 8 Ablehnungen. Eine Ratifizierung der Konvention erfolgte also nicht, zumal da außer Deutschland auch Frankreich unter den Gegnern des Verbotes war. Eine Bestimmung, die das Bombenwerfen aus Luftschiffen einschränke, bestehe demnach nicht.

 

Schutzmaßregeln im Louvre

Genf, 26. Aug. (Priv.-Tel.) 
Im Pariser Louvre werden seit drei Wochen umfassende Maßnahmen getroffen, um die Kunstschätze vor Bomben der Zeppeline zu sichern. Sie wurden in eiserne Kisten verpackt. Die Statue der Venus von Milo und das Bild der Gioconda wurden in Stahlkammern eingeschlossen. Der griechische Saal mit dem Meisterwerk des Phidias ist ganz mit Sandsäcken ausgelegt worden. Die oberen Stockwerke des Louvre wurden ausgeräumt und in ein Lazarett umgewandelt, von dem die Flagge des Roten Kreuzes weht. Zahlreiche Gemälde wurden aus der Luxembourg-Galerie in das ehemalige Priesterseminar an der Place St. Sulpice geschafft.
(Dieses Seminar wird schon seit einem Jahre für die Überführung der Luxembourg-Galerie eingerichtet. Da es ein solider Steinbau ist, bietet es größere Sicherheit als der Holzbau des gegenwärtigen Museums.)

 

Der 1. Weltkrieg im August 1914

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1914)

 

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