Der Weltkrieg am 19. September 1914

DEUTSCHER HEERESBERICHT  - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Die Offensive im Westen -
Eine russische Brigade geschlagen

Großes Hauptquartier, 19. September.
Die Lage im Westen ist im allgemeinen unverändert. Auf der ganzen Schlachtfront ist das englisch-französische Heer in die Verteidigung gedrängt worden. Der Angriff gegen die starken, zum Teil in mehreren Linien hintereinander befestigten Stellungen kann nur langsam vorwärts gehen.
Die Durchführung des Angriffes gegen die Linie der Sperrforts südlich von Verdun ist vorbereitet.
Im Elsaß stehen unsere Truppen längs der Grenze den französischen Kräften dicht gegenüber.
Im Osten ist am 17. die vierte finnländische Schützenbrigade bei Augustow geschlagen worden. Beim Vorgehen gegen Ossowiez wurden Grajewo und Szozuczin nach kurzem Kampfe genommen.
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Die Schlachten im Westen

Die "Frankfurter Zeitung" schrieb am 19. September 1914:
Die Nachricht, daß zwei französische Armeekorps und Teile einer weiteren Division bei Noyon entscheidend geschlagen und andere Angriffe der Franzosen gegen unsere neue Schlachtfront an der Aisne blutig abgewiesen worden sind, hat die gewaltige Spannung gelöst, in die uns das Bewußtsein, daß unsere Truppen in einem schweren und aufreibenden Kampf stehen, nicht zuletzt aber auch trotz aller Zuversicht - der widerwärtige Eindruck der phantastischen Lügenmeldungen unserer Feinde, versetzt hat. Die französische Armee hat in den letzten Tagen Großes geleistet. Nach einem wohldurchdachten Rückzug, zu dem sie der wuchtige Einfall unserer Truppen im Nordwesten Frankreichs gezwungen hat, der aber unter dem ungeheuren Druck unserer Verfolgung zu einer wilden Flucht geworden ist, haben sich die französischen Truppenmassen nochmals zusammengerafft und den Verfolgern entgegengeworfen. Auf unserm rechten Flügel, der weit vorgedrungen war, hatten sie Glück und die deutsche Flügelarmee mußte sich eilig einer Umgehung entziehen. Der Rückzug ist meisterhaft durchgeführt worden: in großartiger Ordnung sind unsere Divisionen in gewaltigen Märschen in Stellungen zurückgegangen, die nicht nur Schutz vor jeder weiteren Gefährdung unserer Flanke boten, sondern die so gewählt waren, daß die mühsam nachdringende französische Flügelarmee beim ersten Zusammenstoß entscheidend geschlagen werden konnte. Nahezu zweieinhalb Armeekorps sind in diesem Kampf zusammengebrochen. Dieser Erfolg ist von der größten Bedeutung. Mit einem Schlag hat sich gezeigt, daß unsere Lage sehr gut ist und zugleich wird man den moralischen Erfolg unseres Sieges nicht hoch genug einschätzen dürfen, weil die Franzosen - das geht aus ihren letzten Berichten und Betrachtungen klar hervor - fest davon überzeugt waren, auf ihrem linken Flügel bereits gewonnenes Spiel zu haben. Ja, sie hofften sogar, ihr Durchbruch müsse die allgemeine Flucht der gesamten deutschen Armee zur Folge haben, wollte diese nicht Gefahr laufen, von ihren Rückzugslinien abgeschnitten zu werden. Diese Hoffnung ist nun endgültig zerstört. Der allgemeine Vormarsch der Deutschen kann nicht ausbleiben. Die verzweifelten Versuche der französischen Truppen, uns aus unseren guten, neugewählten Stellungen zu verjagen, sind völlig gescheitert. Die Franzosen müssen bald erschöpft sein, und dann ist der Augenblick gekommen, in dem uns zum zweiten Mal die Niederlage unseres gefährlichsten Gegners gemeldet werden wird. Zum drittenmal wird er dann kein allzu starkes Heer uns entgegenstellen können.
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Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Ein russischer Vorstoß in Galizien abgewiesen

Wien, 20. September, mittags.
Amtlich wird verlautbart:
Die Neugruppierung unseres Heeres auf dem nördlichen Kriegsschauplatz ist im Zuge. Ein Vorstoß einer russischen Infanteriedivision am 17. September wurde blutig abgewiesen. Der ostseitige kleine, feldmäßig formierte Brückenkopf Siejawa, unsererseits nur von sehr schwachen Abteilungen heldenmütig verteidigt, zwang die Russen zur Entfaltung zweier Korps und schwerer Artillerie. Als die Befestigungen ihre Aufgabe erfüllt hatten, wurden sie freiwillig geräumt.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Generalmajor. 1)

 

Ein Armeebefehl des Generals Dankl


Victor Dankl

Wien, 19. September. (W. B.)
Der Armeekommandant Dankl hat am 14. September einen Armeebefehl erlassen, in dem es heißt:
Die brave Erste Armee hat eine außerordentlich schwierige Operation glänzend erledigt. Bei Krasnik und vor Lublin habt Ihr die Russen entscheidend geschlagen. Dann habt Ihr zwei Wochen hindurch bei Tag und Nacht mit einem in festungsähnlichen Stellungen stehenden Feind gekämpft und seine ungezählten Angriffe stets erfolgreich abgewiesen. Nachdem die Russen sich täglich verstärkten und schließlich mindestens doppelt so stark waren als wir, stellten wir unsere Angriffe freiwillig ein, um Schulter an Schulter mit unseren übrigen Armeen, die sich uns anschließen, weiter zu kämpfen. Auch der Marsch durch Sümpfe und Wälder stellte ungeheure Anforderungen an Euch alle; aber auch diese Sache gelang dank Eurer Ausdauer und Zähigkeit. Die Russen haben kaum gewagt, Eure Märsche zu stören, und so steht denn die Erste Armee heute in dem ihr anbefohlenen Raume.
Ich danke allen Angehörigen meiner heldenmütigen Ersten Armee für das, was sie bisher in jeder Richtung Hervorragendes geleistet haben. Der Krieg hat bisher große Anforderungen gestellt, sie werden auch in Zukunft nicht kleiner sein. Aber Ihr Soldaten der Ersten Armee, Ihr werdet sie alle standhaft und erfolgreich überwinden zum Wohle des Vaterlandes und zum Ruhme unseres erhabenen Kaisers und Königs.
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Vom Balkan-Kriegsschauplatz

Rom, 19. September. (Priv.-Tel.)
Nach hier eingelaufenen Nachrichten haben sich die beiden montenegrinischen Heere, welche bisher getrennt unter den Generälen Martinowitsch und Wukowitsch operierten, bei Fotscha in der südlichen Herzegowina vereinigt; sie wollen auf Serajewo marschieren.
Aus Nisch wird vom 16. September gemeldet: Auf der Front von Sjanlavia bis Zvornik dauern die Kämpfe fort. Die Lage der serbischen Truppen ist im Zentrum befriedigend.

Mailand, 19. September. (W. B.)
Der "Corriere della Sera" meldet aus Paris: Mehrere englische und französische Kriegsschiffe liegen vor Durazzo, andere vor Cattaro in Blockadestellung.
2)

 

Der 1. Weltkrieg im September 1914

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1914)

 

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