Der Weltkrieg am 18. September 1914

ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

Heeresfürsorge im Osten

Berlin, 18. September. (W. B.)
Durch das vorübergehende Eindringen der Russen in Ostpreußen war eine große Anzahl von Lazaretten und Krankenanstalten völlig ausgeplündert werden. Da nach einem hierher gelangten Bericht der Ersatz von Sanitätsmaterial und Verbandmitteln noch nicht allenthalben durchgeführt zu sein scheint, entsendet das Kriegsministerium einen Kommissar dorthin, dem mit Verbandmitteln, ärztlichen Geräten und Lebensmitteln gefüllte Autos beigegeben sind, um dort an Ort und Stelle sofort alles Fehlende für den ersten Bedarf zu ergänzen. Die Versorgung der Truppen mit warmem Unterzeug für die kalte Jahreszeit gehört mit vielen andern Maßnahmen zu den Mobilmachungsvorarbeiten der Heeresverwaltung. Warmes Unterzeug ist ebenso wie Waffen, Bekleidung, Verbandpäckchen usw. für jeden einzelnen Mann in Heeresstärke sichergestellt und gelangt demnächst zur Ausgabe an die Truppe. Dazu gehören wollene Unterjacken, Unterhosen, Strümpfe, Pulswärmer und Kopfschützer. Wenn private Sammlungen nebenher den gleichen Zweck verfolgen, kann das selbstverständlich nur willkommen geheißen werden und die Anregung des Kronprinzen in dieser Hinsicht ist höchst dankenswert. Besonders Strümpfe und Pulswärmer sind ja rasch verschlissen und können nicht genug vorhanden sein.
2)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Der Zusammenbruch der serbischen Offensive

Wien, 18. September. (W. B.)
Amtlich wird mitgeteilt:
Serbien versucht durch Nachrichten über Niederlagen der österreichisch-ungarischen Truppen im Auslande Stimmung zu machen. Demgegenüber braucht nur auf die amtlichen Presse-Communiques verwiesen zu werden. Hiernach überschritten wir die Drina und haben alle Versuche des Feindes, in Syrmien und im Banat Fuß zu fasset vollständig und erfolgreich abgewiesen.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Generalmajor.

Wien, 18. September. (W. B.)
Über den Zusammenbruch der serbischen Offensive gegen Syrmien und das Banat erfährt die "Südslawische Korrespondenz" von besonderer Seite aus Essegg:
Kurz nach der Vernichtung der serbischen Timokdivision bei Mitrovitza drangen reguläre serbische Truppen sowie größere Banden Komitatschis, nach amtlichen Mitteilungen etwa 15 000 Mann stark, gleichzeitig an mehreren Stellen in Syrmien und im Banat ein. Unsere Aufklärungstruppen stellten ihren Vormarsch bereits im ersten Augenblick fest; man ließ sie aber ebenso wie vorher die Timokdivision unbehelligt über die Save einmarschieren. Als die Serben gegen India verrückten, wurden sie von unseren Truppen gestellt. Bald griffen auch unsere Verstärkungen aus Peterwardein ein, worauf der Kampf einen raschen, für den Feind ungünstigen Verlauf nahm. Die Serben erlitten durch unsere Artillerie furchtbare Verluste. Ein glückliches Umgehungsmanöver schnitt einen Teil der Serben von dem Rückzugswege ab, so daß die eingedrungenen serbischen Treppen eine katastrophale Niederlage erlitten. Die Zahl der gefallenen Serben dürfte mit 3000 Mann eher zu niedrig als zu hoch veranschlagt sei. Viele Tausende wurden gefangen. Auch die in Südungarn (Banat) eingefallenen serbischen Treppen wurden von einer fast völligen Vernichtung ereilt, so daß kaum ein Bruchteil wieder auf serbischen Boden zurückgelangte. Kein Serbe weilt derzeit mehr auf unserem Boden.

Wien, 18. September. (W. B.)
Die von dem russischen Roten Kreuz aufgestellte Behauptung, daß die österreichisch- ungarischen Truppen für ihre Gewehre oder Maschinengewehre Explosivkugeln verwenden oder auch nur mit solchen ausgerüstet sind, ist tendenziöse Erfindung.
  2)

 

Die Schlacht im Westen

Paris, 18. September. (Priv.-Tel.)
Das offizielle Bulletin vom 18. September nachmittags 3 Uhr sagt, die französische Linke sei nördlich der Aisne an drei Punkten "leicht vorgestoßen". Im Zentrum und auf der Rechten seien die Deutschen in der Defensive.

Paris, 18. September. (Priv.-Tel.)
Die offiziellen Bulletins besagen, auch nach dem dritten Schlachttage an der Aisne sei die Lage im ganzen unverändert. Die Deutschen verschanzten sich zwischen den Argonnen und der Maas, weshalb die Aktion der Verbündeten sich verlangsamt habe. Frankreich hat bis jetzt keine Verlustlisten veröffentlicht, doch sind die Zeitungen mit Todesanzeigen gefüllt. Sehr wirksam waren nach Aussagen von Offizieren die deutschen Maschinengewehre, doch warte jetzt die französische Infanterie mit ihrem Vorgehen ab, bis die Artillerie das Gelände gesäubert habe.
2)

 

Ein amtlicher Bericht über die Lage in Löwen

Berlin, 18. September. (W. B.)
Ein "Die Lage in Löwen" betitelter Artikel der "Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" bringt den Bericht eines dienstlich nach Löwen entsandten Beamten des Kaiserlichen Generalgouvernements in Brüssel, in dem festgestellt wird, daß nur ein Fünftel bis ein Sechstel Löwens in Trümmern liegt. Die meisten öffentlichen Gebäude sind erhalten geblieben, vor allem das herrliche Rathaus. Die Peterskirche ist nur so beschädigt, daß ihre Wiederherstellung leicht wieder möglich ist. Auch konnten alle wertvolleren Gegenstände durch unsere Soldaten aus der Kirche gerettet werden. Die Erhaltung der Kunstschätze ist vor allem auf das umsichtige Eingreifen des Etappenkommandeurs, des Majors von Manteuffel und des Obersten Bock von den Eisenbahntruppen zurückzuführen, die alles taten, um eine Ausdehnung des Brandes zu verhüten; insbesondere setzte sich Major von Manteuffel für die Rettung des Rathauses und die Erhaltung der Benediktinerabtei Mocesar ein. Die Rechtspflege konnte wieder aufgenommen werden; die Gerichte unterstützten die Militärbehörde wirksam durch ihr Vorgehen gegen das Gesindel. Da der Ortskommandant ständig den ansässigen Elementen die Rückkehr gestattet, macht sich bereits eine Wiederzunahme der Bevölkerung bemerkbar. Eine Reihe von Verkaufsläden ist wieder geöffnet und die Kleinbahn Löwen-Brüssel nimmt den Verkehr in gewissem Umfange wieder auf, sodaß den blühenden Bierbrauereien Löwens, die allgemein wieder im Gange sind, die Möglichkeit der Verfrachtung wieder gegeben ist.
Ferner können durch die Kleinbahn die für Löwen notwendigen Lebensmittel herangeschafft werden. Auch die öffentlichen Dienste sind nach Möglichkeit wieder in Gang gesetzt.
2)

 

Vor Antwerpen

Amsterdam, 18. September.
"Nieuws van den Tag" meldet aus Antwerpen vom 17. September ds.: Heute früh flog eine deutsche "Taube" aus westlicher Richtung kommend über die Stadt. Sie wurde durch einen belgischen Zweidecker vertrieben, der sie eine Strecke südlich verfolgte. In der Umgebung von Dendermonde wurde heute zwischen Deutschen und Belgiern gekämpft.
2)

 

Englands neue Heere

Kriegsminister Lord Kitchener
Kriegsminister Lord Kitchener

London, 18. September. (Priv.-Tel.)
Kitchener kündigte an, daß neue Heere von 500000 Mann "fast fertig" seien. Im Oberhaus erklärte er, daß sechs englische Infanterie- und zwei Reiterdivisionen auf dem Festland stünden. Kanada sende 40000 Mann, wovon 15000 als Reserve; Ceylon sende ein Hilfskorps, das wahrscheinlich nach Ägypten gehe.
Redmond schlug die Bildung einer irischen Brigade vor. Churchill ließ in Chatham verkünden, der Friede dürfte erst geschlossen werden, wenn der "preußische Militarismus" vernichtet sei.
2)

 

Der 1. Weltkrieg im September 1914

ZURÜCK   HAUPTSEITE   WEITER

 

Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1914)

 

© 2005 stahlgewitter.com