Der Weltkrieg am 26. September 1914

DEUTSCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Ein Umfassungsversuch der Franzosen bei Bapaume abgewiesen

Großes Hauptquartier, 26. September, abends.
Der Feind hat unter Ausnützung seiner Eisenbahnen einen weit ausholenden Vorstoß gegen die äußerste rechte Flanke des deutschen Heeres eingeleitet. Eine hierbei auf Bapaume vorgehende französische Division ist von schwächeren deutschen Kräften zurückgeworfen worden. Auch sonst ist der Vorstoß zum Stehen gebracht.
In der Mitte der Schlachtfront ging unser Angriff an einzelnen Stellen vorwärts.
Die angegriffenen Sperrforts südlich Verdun haben ihr Feuer eingestellt. Unsere Artillerie steht nunmehr im Kampfe mit Kräften, die der Feind auf dem westlichen Maasufer in Stellung brachte.
Auf den übrigen Kriegsschauplätzen ist die Lage unverändert.
1)

 

Die Kriegslage im Westen

Paris, 26. September. (Priv.-Tel.)
Ein am 25. September, nachts 2 Uhr, ausgegebenes Bulletin sagt: Auf unserem linken Flügel nordwestlich von Noyon waren heute Morgen unsere vordersten Streitkräfte auf überlegene feindliche Truppen gestoßen und gezwungen worden, etwas zurückzugehen. Der sich entwickelnde Kampf wurde mit besonderer Erbitterung ausgetragen. Vom Zentrum ist nichts neues zu melden. Auf den Höhen östlich der Maas sind die Deutschen bis Saint Mihiel vorgedrungen.
Die "Daily Mail" kündigt an, daß bei Amiens ein neues Heer unter General Gallieni aufgestellt worden sei. Einer Havasmeldung zufolge haben die Deutschen gestern wieder die Beschießung der Kathedrale von Reims aufgenommen.
Die Hauptaktion findet also jetzt anscheinend auf beiden Flügeln statt. Auf dem westlichen nehmen beide Heere eine von Süden nach Norden, also senkrecht zur übrigen, verlaufende Front ein. Hier erwartet man die Entscheidung, und hier ist die Erbitterung des Kampfes am höchsten. Die Franzosen verfolgen eine ähnliche Taktik, wie sie die Japaner gegen den Flügel Kaulbars bei Mukden angewandt haben und wollen die Deutschen umfassen, sowie die als Hauptverbindungslinie höchstwichtige Bahn St. Quentin - Charleroi - Namur nehmen, um dadurch die deutsche Rechte und das Zentrum zum eiligen Rückzug auf die belgische Grenze und die Maas zu zwingen. Wegen dieser kapitalen Bedeutung dieses Schlachtabschnittes haben beide Teile riesige Verstärkungen herangeführt. Nunmehr ist die Entscheidung bald zu erwarten. Andererseits suchen sich die Deutschen auf dem östlichen Flügel bei Verdun eine neue Durchgangslinie zu erzwingen. Hier haben die Deutschen zum mindesten einen bedeutenden Teilerfolg errungen, indem sie durch die Besetzung der Maashöhen bei Hattonchatel die Straße Vigneulles - St. Mihiel beherrschen. Die Franzosen haben von Toul und Nancy aus einen Gegenstoß gegen diese deutsche Bewegung gemacht.
2)

 

Von unserer kühnen Flotte

London, 26. September. (W. B.)
Die Admiralität gibt ein Communique aus, in dem gesagt wird: Das Sinken der "Aboukir" war ein gewöhnlicher Kriegsvorfall, wie er bei Patrouillieren vorkommt; "Hogue" und "Cressy" aber gingen zu Grunde, weil sie anhielten, um Menschenleben zu retten und dabei ein bequemes Ziel boten. Die natürlichen Gefühle der Menschlichkeit haben somit schwere Verluste herbeigeführt, die hätten vermieden werden können, wenn strikt militärischen Erwägungen gefolgt worden wäre. Dieser Fehler ist aber verzeihlich unter den außergewöhnlichen Umständen der modernen Kriegsführung. In dem Communique wird es dann als notwendig bezeichnet, die britischen Kriegsschiffe für die Zukunft anzuweisen, daß, wenn ein Schiff auf eine Mine stößt oder dem Angriff eines Unterseebootes angesetzt ist und andere Schiffe, besonders aber Großkampfschiffe, bei diesen Vorgängen anwesend sind, das Wrack seinem Schicksal überlassen bleiben muß. Rettungsarbeiten, die die militärische Lage schädigen könnten, dürfen nicht unternommen werden, dagegen sollen kleine Schiffe so schnell wie möglich zu Hilfe gesandt werden. Abgesehen vom Verluste an Mannschaften, bedeute die Einbuße der Schiffe wenig, da sie zu der ältesten Klasse gehörten.
Überlebende Offiziere von der "Cressy" berichteten, daß sie das Periskop des Unterseebootes in einem Abstande von 300 Schritt wahrgenommen hätten. Die "Cressy" eröffnete das Feuer und ging mit Volldampf voraus. Als die "Cressy" manövrierte, um den Schiffen "Hogue" und "Aboukir" Beistand zu leisten, wurde wiederum das Periskop gesehen. Der erste Torpedo wurde in einem Abstand von 300 Schritt abgeschossen, seine Spur war deutlich sichtbar.
Er traf die "Cressy" an der Steuerbordseite. Der zweite Torpedo verfehlte sein Ziel, der dritte traf den Maschinenraum. Die "Hogue" wurde zweimal innerhalb 20 Sekunden von Torpedos getroffen.

London, 26. September. (W. B.)
Die außerordentliche Anerkennung der Engländer für die Taten des Kreuzers "Emden" kommt in folgenden Blätterstimmen zum Ausdruck: Die "Times" sagt: Der Mut des deutschen Kreuzers verdiene Anerkennung, weil die Offiziere und Mannschaften sich selbstverständlich darüber klar sein müßten, daß der Kreuzer früher oder später aufgespürt und zusammengeschossen werden würde. Ein Entkommen sei einfach unmöglich. "Daily Chronicle" schreibt: Die "Emden" hatte eine erfolgreiche Fahrt. Die Besatzung hat erwiesen, daß sie aus tapferen Männern besteht. Wir bewundern die bei der Fahrt gezeigte Sportkühnheit ebenso, wie wir von Herzen wünschen, daß das Schiff bald gefangen wird.

Kopenhagen, 26. September. (W. B.)
"National Tidende" meldet aus London: Die Taten des Kreuzers "Emden" wecken hier allgemeines Interesse. Man bewundert den schnellen Vorstoß des Schiffes, das die Eigenschaften des Fliegenden Holländers mit denen der "Alabama" vereinigt, des Schiffes, das während des amerikanischen Bürgerkrieges über vierzehn Monate lang der Schrecken der Handelsschiffe war.
2)

 

Die Kämpfe in den Kolonien

Berlin, 26. September. (W. B. Amtlich.)
Aus Deutsch-Ostafrika sind zum ersten Male seit Kriegsausbruch Privatnachrichten hier eingetroffen. Aus den Vermerken auf den Briefen und Karten geht hervor, daß die Postsachen die englische Zensur pariert haben. Die Engländer halten also offenbar die deutsch-ostafrikanische Küste Daressalams blockiert. Daressalam wurde als offene Stadt nicht verteidigt. Die englischen Kreuzer haben auf die Funkenstation Schüsse abgegeben, darauf wurde die weiße Flagge über der Stadt gehisst, und es sind bis zum Abgang der Post, etwa am 20. August, keine weiteren Angriffe auf Daressalam erfolgt. Der Turm der Funkenstation ist nach den hier vorliegenden Berichten von den Deutschen selbst zerstört worden. Die weißen Frauen und Kinder befanden sich bis Abgang der Post offenbar noch in Daressalam. Ob infolge der ausgebrochenen Kämpfe im Innern die Engländer tatsächlich, wie die englische Admiralität meldet, später Daressalam zerstören ließen, darüber liegen Nachrichten von deutscher Seite nicht vor. Dagegen wurde bestätigt, daß Taveta von den Deutschen besetzt worden ist. In Sansibar ist es nach einem hier vorliegenden Privattelegramm vom 27. August den Leitern der deutschen Firmen gestattet worden, daselbst zu bleiben, doch stehen die Deutschen unter behördlicher Aufsicht. Eine gewisse geschäftliche Betätigung ist ihnen erlaubt. Sie dürfen Gelder einkassieren und die vorhandenen Warenlager veräußern. Die deutschen Angestellten sind schon am 7. August nach Tanga gebracht worden. In Mombassa sind alle Deutschen sofort nach Ausbruch des Krieges festgenommen und später nach Nairobi überführt worden. - Irgendwelche amtliche Nachrichten sind beim Reichskolonialamt noch nicht eingetroffen. Auf etwaige Anfragen konnte daher auch nur mitgeteilt werden, was in dieser Meldung enthalten ist.

London, 26. September. (Nichtamtlich.)
Wie die Admiralität mitteilt, hat sie von dem Vizeadmiral Patey ein Telegramm des Inhalts erhalten, daß Friedrich-Wilhelmshafen, der Sitz der Regierung von Deutsch-Neu-Guinea, von australischen Truppen besetzt worden ist, ohne bewaffneten Widerstand zu finden. Der Feind ist offenbar bei Herbertshöhe versammelt gewesen, wo Kämpfe stattgefunden haben. In Friedrich-Wilhelmshafen wurde die britische Flagge gehisst und eine Garnison eingerichtet.
2)

 

Der 1. Weltkrieg im September 1914

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1914)

 

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