Der Weltkrieg am 3. November 1914

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Deutsche Erfolge in Flandern und an der Aisne

Großes Hauptquartier, 3. November, mittags.
Die Überschwemmungen südlich Nieuport schließen jede Operation in dieser Gegend aus. Die Ländereien sind für lange Zeit vernichtet, das Wasser steht zum Teil über mannshoch. Unsere Truppen sind aus dem überschwemmten Gebiete ohne jeden Verlust an Mann, Pferd, Geschützen und Fahrzeugen herausgezogen.
Unsere Angriffe auf Ypern schreiten vorwärts. Über 2300 Mann, meistens Engländer, wurden zu Gefangenen gemacht und mehrere Maschinengewehre erbeutet.
In Gegend westlich Roye fanden erbitterte, für beide Seiten verlustreiche Kämpfe statt, die aber keine Veränderung der dortigen Lage brachten. Wir verloren dabei in einem Dorfgefecht einige hundert Mann als Vermißte und zwei Geschütze.
Von gutem Erfolge waren unsere Angriffe an der Aisne östlich Soissons. Unsere Truppen nahmen trotz heftigsten feindlichen Widerstandes mehrere stark befestigte Stellungen im Sturm, setzten sich in Besitz von Chavonne und Soupir, machten über 1000 Franzosen zu Gefangenen und erbeuteten 3 Geschütze und 4 Maschinengewehre.
Neben der Kathedrale von Soissons brachten die Franzosen eine schwere Batterie in Stellung, deren Beobachter auf dem Kathedralenturm erkannt wurde. Die Folgen eines solchen Verfahrens, in dem ein System erblickt werden muß, liegen auf der Hand.
Zwischen Verdun und Toul wurden verschiedene Angriffe der Franzosen abgewiesen. Die Franzosen trugen teilweise deutsche Mäntel und Helme.
In den Vogesen in Gegend Markirch wurde ein Angriff der Franzosen abgeschlagen. Unsere Truppen gingen hier zum Gegenangriff über.
Im Osten sind die Operationen noch in der Entwicklung. Zusammenstöße fanden nicht statt.
Zur Fortnahme einer zur Sprengung vorbereiteten Brücke trieben am 1. November die Russen (1. sibirisches Armeekorps) Zivilbevölkerung vor ihrer Vorhut her.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Die Lage im Osten

Wien, 3. November, mittags. (W. B.)
Amtlich wird verlautbart:
In Russisch-Polen brachen unsere Streitkräfte, als sie die starke feindliche Armee zur Entwicklung gezwungen hatten, die Gefechte auf der Lysa Gora ab, um die nach den Kämpfen vor Iwangorod befohlenen Bewegungen fortzusetzen. Die Lage in Galizien ist unverändert. Aus den Kämpfen der letzten Tage südlich von Stary Sambor und nordwestlich von Turka wurden bisher 2500 gefangene Russen eingebracht. Gestern früh überfielen Husaren bei Sybnik im Stryjtale eine feindliche Munitionskolonne und erbeuteten viele Wagen mit Artilleriemunition.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Generalmajor.
2)

 

Die Kämpfe in Serbien

Wien, 3. November. (W. B.)
Amtlich wird verlautbart:
Erst jetzt läßt sich der in der Matschwa errungene Erfolg voll überblicken. Die dort gestandene zweite serbische Armee unter General Stepanowitsch mit vier bis fünf Divisionen konnte sich nur durch übereiligen Rückzug, wobei sie Vorräte aller Art und ihre Trains im Stiche lassen mußte und zahlreiche Gefangene verlor, aus der bedrohlichen Situation retten. Der Feind ist, ohne in seinen vorbereiteten rückwärtigen Stellungen neuerdings Widerstand zu leisten, in einem Zuge bis in das Hügelland südlich von Schabatz zurückgewichen. Er leistete nur noch bei Schabatz, welches in der Nacht vom 1. auf den 2. November von unseren tapferen Truppen erstürmt wurde, hartnäckigen, aber vergeblichen Widerstand.

Potiorek,
Feldzeugmeister.

Budapest 3. November. (Priv.-Tel.)
Die Wiederbesetzung von Schabatz durch unsere Truppen hat große Begeisterung ausgelöst. Nach übereinstimmenden Berichten kämpfen die Serben mit fast fanatischer Erbitterung; in einem Schützengraben in der Matschwa wurden ein serbischer General und ein Oberst tot aufgefunden. Die Gesamtlage unserer Truppen in Serbien ist überaus günstig und man erhofft bei weiterer Anwendung der bisherigen vorsichtigen Methode ein baldiges rasches Vorwärtskommen.
Aus Belgrad wurde gestern in Pancsova eine furchtbare Explosion vernommen, der mehrere kleinere Explosionen folgten; man glaubt, daß ein Pulvermagazin in die Luft geflogen ist.
2)

 

Die Nordsee als militärisches Gebiet

London, 3. November. (Priv.-Tel.)
Die Admiralität gibt bekannt, daß infolge des unrechtmäßigen Auslegens von Seeminen durch deutsche Schiffe unter neutraler Flagge in den Handelsfahrstraßen die ganze Nordsee als militärisches Gebiet angesehen werden müsse. Vom 1. November ab werden infolgedessen alle Schiffe, welche eine Linie überschreiten, die von dem Nordpunkte der Hebriden durch die Farör-Inseln nach Island gezogen ist, solches auf eigene Gefahr tun müssen, wenn sie nicht den Instruktionen der Admiralität genau folgen. Handelsschiffe aller Nationen nach Norwegen, der Ostsee, Dänemark und den Niederlanden werden angewiesen, durch den englischen Kanal nach Dover zu fahren. Dort sollen ihnen die Wege angewiesen werden, die sicher sind, nach Farne-Island, von wo aus sie auf möglichst sicherem Boden über Leuchtschiff Lindesnäs auf die norwegische Küste zusteuern können. Dann müssen sie sich möglichst dicht an dieser Küste halten.
2)

 

Der Krieg im Orient

Wien, 3. November. (W. B.)
Die "Neue Fr. Pr." erfährt von maßgebender türkischer Seite: Nach hier eingetroffenen Berichten des türkischen Ministeriums war der Seekampf im Schwarzen Meer viel ernster, als die ersten Nachrichten annehmen ließen. Ein kleiner Teil der türkischen Flotte, der Übungen im Schwarzen Meer machte, wurde zunächst von russischen Kriegsschiffen beobachtet und dann verfolgt. Die russischen Kriegsschiffe gingen bald darauf zum Angriff auf die türkische Flotte über. In den Kämpfen gegen die russische Flotte tat sich besonders das Linienschiff "Torgud Reiß" hervor.
Die Erfolge der türkischen Flotte lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Fünf russische Kriegsschiffe wurden in Grund gebohrt und 19 Transportschiffe versenkt. Auf den Transportschiffen befanden sich, wie die gefangenen russischen Marinesoldaten aussagten, nicht weniger als 1700 Minen, die im Schwarzen Meer versenkt werden sollten. Schon diese Tatsache beweist die feindselige Absicht der russischen Flotte. Bei der Beschießung der Hafen wurden 55 Speicher, die Petroleum und Getreide enthielten, vernichtet und zwar 50 in Sewastopol und Noworossijsk und fünf in Odessa.
2)

 

Bombardement der Dardanellen

Konstantinopel, 3. November. (Priv.-Tel.)
Heute früh nach Sonnenaufgang eröffnete ein aus neun Schiffen bestehendes englisch-französisches Geschwader aus einer Entfernung von 15 Kilometer ein Bombardement auf die Dardanellenforts. Die Beschießung, die von den türkischen Werken erwidert wurde, dauerte 20 Minuten; sie richtete keinerlei Schaden an.
2)

 

Ein Kriegsmanifest des Zaren

Amsterdam, 3. November. (Priv.-Tel.)
Reuter meldet aus Petersburg: In einem kaiserlichen Manifest heißt es, daß die Türkei durch Deutschland und Österreich-Ungarn zu einem nutzlosen Streit gegen Rußland angezettelt worden sei, welches die Folgen mit vollster Ruhe abwarte und im Vertrauen auf Gott und überzeugt, daß die unfähige Intervention das Ende der Türkei, das unabwendbar sein muß, nur beschleunigen werde. Hierdurch werde Rußland in die Lage versetzt, die historische Frage über die Küsten des Schwarzen Meeres zu lösen.
2)

 

Ein neuer Khediv für Ägypten

Hussein Kemal
Hussein Kemal

Konstantinopel, 3. November. (Priv.-Tel.)
Die Engländer haben den Prinzen Hussein Kemal, den Onkel des Khediven und Sohn des früheren Khediven Ismail Pascha, zum Khediv von Ägypten, sowie den Sohn Hussein Jemals zum Kriegsminister ernannt.
2)

 

Der 1. Weltkrieg im November 1914

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1914)

 

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