Der 1. Weltkrieg am 11. November 1914

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

Flandern 1914: Dixmuiden nach der Einnahme durch die Deutschen
Dixmuiden nach der Einnahme durch die Deutschen

 Der deutsche Heeresbericht:

Dixmuiden erstürmt - Die jungen Regimenter bei Langemarck - 3500 Franzosen gefangen

Großes Hauptquartier, 11. November, vormittags.
Am Yser-Abschnitt machten wir gestern gute Fortschritte. Dixmuiden wurde erstürmt, mehr als 500 Gefangene und neun Maschinengewehre fielen in unsere Hände.
Weiter südlich drangen unsere Truppen über den Kanal vor.
Westlich Langemarck brachen junge Regimenter unter dem Gesang "Deutschland, Deutschland über alles" gegen die erste Linie der feindlichen Stellungen vor und nahmen sie. Etwa 2000 Mann französischer Linieninfanterie wurden gefangen und sechs Maschinengewehre erbeutet.
Südlich Ypern vertrieben wir den Gegner aus St. Eloi, um das mehrere Tage erbittert gekämpft worden ist. Etwa 1000 Gefangene und sechs Maschinengewehre gingen dort in unseren Besitz über.
Trotz mehrfacher heftiger Gegenangriffe der Engländer blieben die beherrschenden Höhen nördlich Armentières in unserer Hand.
Südwestlich Lille kam unser Angriff vorwärts.
Große Verluste erlitten die Franzosen bei dem Versuch, die beherrschende Höhe nördlich Vienne le Château am Westrand der Argonnen zurückzuerobern. Auch im Argonner Walde sowie nordöstlich und südlich Verdun wurden französische Vorstöße überall zurückgeworfen.
Vom östlichen Kriegsschauplatz liegen keine Nachrichten von Bedeutung vor.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

S. M. S. "Emden"
S. M. S. "Emden"

Heldenmütiger Untergang des Kreuzers "Emden" -
Der Kreuzer "Königsberg" blockiert

Berlin, 11. November 1914.
Nach amtlicher Bekanntmachung der englischen Admiralität wurde S. M. S. "Emden" am 9. November früh bei den Cocosinseln im Indischen Ozean, wahrend eine Landungsabteilung zur Zerstörung der englischen Funken- und Kabelstation ausgeschifft war, von dem australischen Kreuzer "Sydney" angegriffen. Nach hartnäckigem, verlustreichem Gefecht ist S. M. S. "Emden" durch die überlegene Artillerie des Gegners in Brand geschossen und von der eigenen Besatzung auf Strand gesetzt worden.
Die englische Admiralität gibt ferner bekannt, dass S. M. S. "Königsberg" im Rufidschifluß (Deutsch-Ostafrika), 6 Meilen oberhalb der Mündung, von dem englischen Kreuzer "Chatham" durch Versenken eines Kohlendampfers blockiert worden ist. Ein Teil der Besatzung soll sich in einem befestigten Lager an Land verschanzt haben. Eine Beschießung des "Chatham" scheint ohne Wirkung gewesen zu sein.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes.
Behncke.

 

Das Wrack der "Emden"
Das Wrack der "Emden" bei North Keeling Island

Der Untergang der "Emden"

Amsterdam, 10. November 1914. (Priv.-Tel., Ctr. Bln.)
Die englische Admiralität berichtet folgendes:
Nachdem der Aufenthaltsplatz des Kreuzers "Königsberg" durch den Angriff des Schiffes auf den "Pegasus" am 19. September bekannt geworden war, wurde durch die Admiralität eine Anzahl schneller Kreuzer in den ostafrikanischen Gewässern zusammengebracht. Diese Kriegsschiffe vollführten darauf zusammen eine sorgfältige Untersuchungsfahrt. Am 30. Oktober wurde der Kreuzer "Königsberg" durch das englische Schiff "Chatham" entdeckt. Die Deutschen bargen sich in untiefem Wasser ungefähr 6 Meilen entfernt von der Mündung des Rufidschiflusses gegenüber der Insel Mafia ( Deutschostafrika). Wegen des größeren Tiefganges konnte die "Chatham" den Kreuzer "Königsberg" nicht erreichen, der wahrscheinlich auf dem Grund festsitzt, so oft Ebbe ist.
Die Bemannung des Kreuzers "Königsberg" ist an Land gesetzt worden und hat längs der Flußufer Laufgräben angelegt. Beide Ufer und der Kreuzer "Königsberg" wurden durch das englische Schiff "Chatham" beschossen, aber wegen der dichten Palmenwälder war es nicht möglich, zu beobachten, ob und welchen Schaden das Schiff erlitten hat. Während der Operationen wurden verschiedene Maßregeln getroffen, um die "Königsberg" durch die Versenkung von Kohlenschiffen in dem einzig befahrbaren Kanal einzuschließen. Da das Schiff jetzt eingeschlossen ist, kann es keinen Schaden mehr stiften. Die schnellfahrenden Schiffe, die nach dem Schiffe gesucht haben, sind also jetzt für andere Dienste freigeworden.
Eine andere kombinierte Operation wurde in großem Maßstab durch schnellfahrende Kreuzer gegen die "Emden" vorgenommen. Seit längerer Zeit war man mit dem Suchen nach dem Schiffe beschäftigt, und die englischen Kreuzer wurden in ihren Bemühungen durch französische, russische und japanische Schiffe unterstützt. Auch die australischen Schiffe "Melbourne" und "Sydney" nahmen an diesen Operationen teil. Gestern Morgen wurde die Meldung empfangen, daß die "Emden" bei Keeling auf den Cocosinseln angekommen sei und eine bewaffnete Truppenabteilung an Land gesetzt habe, um die Station für drahtlose Telegraphie zu vernichten und das Telegraphenkabel durchzuschneiden. Hierbei wurde das Schiff entdeckt und zum Kampf mit der "Sydney" gezwungen. Ein heftiger Kampf entstand, wobei an Bord der "Sydney" drei Mann getötet und fünfzehn Mann verwundet wurden. Die "Emden" wurde an die Küste getrieben und fing Feuer. Die Verluste, die die "Emden" an Menschenleben erlitten hat, sollen nach den Berichten sehr schwer sein. Soweit es möglich war, wurde den Überlebenden jede Hilfe geboten. Mit Ausnahme des deutschen Geschwaders, das sich noch an der chilenischen Küste befindet, ist jetzt der gesamte Stille und Indische Ozean von feindlichen Kriegsschiffen gesäubert.

Die "Frankfurter Zeitung" schrieb dazu:
Das kühne Heldenlied, zu dem die Geschütze der "Emden" Tag um Tag seit vielen Wochen neue Verse dichteten, ist aus. Die Übermacht der Feinde, die auf allen Meeren lauerten, um den gefürchteten, ängstlich bewunderten Kreuzer zu fangen, hat endlich das Verhängnis herbeigeführt. Aber wenn je ein Untergang ruhmvoller war als ein Sieg, so ist es das Ende dieses deutschen Schiffes, das von seiner eigenen Mannschaft vernichtet werden mußte. Manchen mag heute Trauer beschleichen, nicht weil nun England im Indischen Ozean die Fahne seiner Handelsschiffe wieder unbesorgt im Winde flattern lassen darf, noch ist ein ganzem Geschwader deutscher Kreuzer draußen und bedroht die angemaßte Seeherrschaft unserer Feinde - , aber weil aus der stolzen Reihe unserer Schiffe eines verschwindet, das dem Deutschen Volke die Hoffnungen der Zukunft am deutlichsten verkörperte und weil von den Braven, denen es anvertraut war, wohl mehr als einer im letzten Kampfe gefallen sein mag. Aber ihr Andenken wird weiterleben, und der Name des Kreuzers, der mit der Fahne Deutschlands den Ruhm einer Nordseestadt über die Meere trug, wird unvergessen bleiben. Unvergessen vor allem auch bei den Feinden, die Deutschlands Größe neideten, die seine Flotte nicht leiden wollten, die den Frieden mutwillig brachen. Was der kleine Kreuzer ihnen angetan, das ist nur ein Vorspiel für Größeres. Alle haben das gefühlt, wir selber, die in den kühnen Streifzügen eine Verheißung erblickten, und die erschrockenen Herren der See, die zum ersten Male erkannten, welch furchtbarer Feind in den vielverspotteten "Rattenlöchern" auf den Augenblick wartet, den er selber wählen will. Die "Emden" hat ihre Pflicht im Übermaß getan. Unsere Feinde dürfen aber nicht einen Augenblick erleichtert aufatmen, weil nun dieser Schrecken der Meere verschwindet: jedes deutsche Schiff wird es der "Emden" gleichtun.


S. M. S. "Emden"
S. M. S. "Emden"

Die Aufnahme der Nachricht in London

London, 11. November 1914. (Priv.-Tel., Ctr. Frkst.)
Die Nachricht von der Vernichtung des Kreuzers "Emden" verbreitete sich gegen Mittag vor Llodys und der Baltic Exchange und wurde zwei Stunden später offiziell bestätigt. Sofort erhob sich großer Jubel der Erleichterung über das Verschwinden des gefährlichen Schiffes. Geschäftige Hände schrieben die Nachricht mit Kreide an die Häusermauern. Der Jubel verbreitete sich durch die ganze City, was wohl begreiflich ist, weil infolge der "Emden"-Streiche keine Schiffe mehr für den fernen Osten und Indien zu heuern waren und der Baumwoll- und Getreide- und Zuckerhandel stillstanden. Trotz des erlittenen Schadens erkennt die City mit großer Bewunderung die Taten der "Emden" und ihres Führers von Müller an, dessen genaue Kenntnis der Bai von Bengalen auf seine dortigen langjährigen Fahrten als Offizier der Hansalinie zurückgeführt wird.
Die "Daily News" schreibt: "Der einzige Schmerz des britischen Volkes über die Nachricht ist, daß ein Teil der Besatzung der "Emden" umgekommen ist. Der Führer der "Emden", ein mutiger Gentleman, reich an Erfindungsgeist und voller Höflichkeit, hat die Gefangenen gut behandelt und seine Rolle bewundernswert gespielt. Wir hoffen, daß er unter den Geretteten ist. Die "Emden" wird gleich der "Alabama" ewig in der Geschichte der Marine leben."
2)



Fregattenkapitän Karl von Müller
Kommandant S. M. S. "Emden"

Der unbesiegbare Geist

Berlin, 11. November 1914. (Priv.-Tel.)
Nun gehört der Name der "Emden" der Geschichte an; in ihr lebt er ruhmvoll weiter, und deutsche Herzen werden sich in späteren Zeiten immer erheben, wenn sie der Taten dieses Schiffes und der, wie es scheint, zu gleicher Zeit mit ihr verlorenen "Königsberg" gedenken. Es hat natürlich von Anfang an kein Zweifel bestehen können, daß unsere vereinzelten auf dem Weltmeere tätigen Kreuzer, die mit dem Ruhm ihres Namens die Welt erfüllt und auch die ausgesprochene Achtung der Gegner erworben haben, auf die Dauer schließlich einmal der Jagd erliegen müssen, die die vereinigten Flotten Englands, Frankreichs, Rußlands und Japans und nun auch noch Australiens planvoll gegen sie ausüben. So ist es der "Emden" ergangen; sie ist ruhmvoll erlegen, nachdem sie den Gegnern im Laufe ihrer Tätigkeit viel, viel mehr Schaden zugefügt hat, als jetzt der eigene Verlust materiell bedeutet. Für den Ausgang des Krieges will das wenig oder nichts sagen - der entscheidet sich auf den Schlachtfeldern Europas -, aber wer wollte das leugnen, was heute aus allen Blättern spricht, die der "Emden" und der "Königsberg" begeisterte, aber auch wehmütige Worte des Abschieds weihen: An diesen Kreuzern hing wegen ihrer kühnen Taten und ihres ohne Rücksicht auf das schließliche Ende tapferen Draufgehens ein Stück unseres Herzens. Wir haben sie lieb gehabt mit ihren Führern und ihren Besatzungen und sind stolz auf sie gewesen, und es tut uns leid, daß ihre heldenhafte Laufbahn erledigt ist.
Aber es gibt Trost dafür, reichlichen Trost in dem, was z. B. heute vom westlichen Kriegsschauplatz gemeldet wird:
Da ist Dixmuiden, das so lange und blutig umkämpfte, im Sturm genommen worden; es sind viel mehr französische Gefangene gemacht worden, als die Besatzung aller unserer noch draußen befindlichen Kreuzer ausmacht und, wie der amtliche Bericht lautet: Westlich Langemark brachen junge Regimenter unter dem Gesange "Deutschland, Deutschland über alles" gegen die feindliche Stellung vor und nahmen sie und nahmen auch 2000 Franzosen gefangen. Das ist der Geist, derselbe Geist, der den Führer der "Emden" und seine Mannschaften geleitet hat. Es klingt altmodisch, furchtbar altmodisch, daß die Deutschen mit Schlachtgesang gegen den Feind losgehen. und es ist wahrscheinlich auch bei einer Taktik, bei der es darauf ankommt, im Schützengraben zu stecken oder auf dem Bauche liegend zu feuern, direkt unpraktisch, mit "Deutschland, Deutschland über alles" loszustürmen. Aber das waren junge Regimenter, das heißt erst nach Ausbruch des Krieges ausgebildete und formierte, die so vorgegangen sind. Das ist ein Dokument des im vierten Monat eines ungewöhnlich harten und blutigen Kampfes herrschenden Geistes, das wir nicht missen möchten. Darin liegt ein Enthusiasmus und ein Gelöbnis, alles für das Vaterland zu wagen, das von ganz unschätzbarem Werte ist. Und wenn man uns Fabelgeschichtchen von der katzenartigen Wildheit und Gewandtheit der von Engländern herübergeführten Inder erzählt und von der Furcht, die ihre Messer erregen sollen, dann werden wir lediglich an die jungen Regimenter denken, die unter dem Gesang des deutschen Liedes, das zum Schlachtruf und zum Bekenntnis geworden ist, feindliche Stellungen angreifen und nehmen; der Geist ist´s, der unbesiegbar macht.
2)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Die Kämpfe in Galizien

Wien, 11. November, mittags.
Amtlich wird verlautbart:
Die Operationen auf dem nordöstlichen Kriegsschauplatz entwickeln sich plangemäß und ohne Störung durch den Feind. In dem von uns freiwillig geräumten Gebiet Mittelgaliziens sind die Russen über die untere Wisloka, über Rzeszow und in den Raum von Liska vorgerückt. Przemysl ist wieder eingeschlossen. Im Strijtale mußte eine feindliche Gruppe vor dem Feuer eines Panzerzuges und überraschend aufgetretener Artillerie unter großen Verlusten flüchten.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Generalmajor.
1)

 

Serbische Niederlagen

Wien, 11. November. (W. B.) 
Von dem südlichen Kriegsschauplatz wird amtlich gemeldet: 
11. November. In den Morgenstunden des 10. November wurden die Höhen von Misar, südlich von Schabatz, nach viertägigem verlustreichem Kampf erstürmt und hierdurch der rechte feindliche Flügel eingedrückt und zahlreiche Gefangene gemacht. Der Gegner mußte die stark befestigte Linie Misar-Cer Planina räumen und den Rückzug antreten. Starke feindliche Nachhuten leisten in vorbereiteten rückwärtigen Verteidigungsstellungen neuerdings Widerstand. Die Vorrückung östlich von Loznica-Krupanj geht fließend vorwärts trotz des heftigen Widerstandes der feindlichen Nachhuten. Die Höhen östlich von Javlaca sind bereits in unserem Besitz. Es wurden in den Kämpfen vom 6. bis 10. November etwa 4300 Mann gefangen genommen, 16 Maschinengewehre und 28 Geschütze, darunter ein schwereres, eine Fahne, mehrere Munitionswagen und sehr viel Munition erbeutet.
2)

 

Der Krieg im Orient

Konstantinopel, 11. November. (Priv.-Tel.) 
In El Arisch gingen bei der Einnahme des Ortes sämtliche ägyptischen Gendarmen zu den türkischen Truppen über.
Die Umfassungskämpfe an der kaukasischen Grenze dauerte weiter in günstiger Weise für die türkischen Waffen fort.

Konstantinopel, 11. November. (W. B.) 
Amtliche Mitteilung des Hauptquartiers der Kaukasischen Armee. Unsere Armee greift die zweite Linie der russischen Stellungen an. Nach Angaben mehrerer Gefangener und russischer Deserteure befinden sich die Russen moralisch in schlechtem Zustand.

Konstantinopel, 11. November. (W. B.) 
Die Ulemas von Kerbela und Nedschef haben in der von den persischen Schiiten als heilig verehrten Stadt Nedschef an der Grabmoschee des Kalifen Ali vor 40000 Personen, die dorthin zusammengerufen waren, feierlich einen Fatwa verkündet, in welchen die Verpflichtung zur Teilnahme an dem Heiligen Krieg proklamiert wird. In der Provinz finden unausgesetzt patriotische Kundgebungen statt, deren Teilnehmer an die Regierung und die Zeitungen Telegramme richten, in denen den ruhmreichen Armeen Österreich-Ungarns und Deutschlands als Waffenbrüdern der Türkei Grüße entboten werden.
2)

 

Aus der englischen Thronrede

London, 11. November. (W. B. Nichtamtlich.) 
Meldung des Reuterschen Bureaus. In der Thronrede bei der Eröffnung des Parlaments wird u. a. ausgeführt: Die Energie und Sympathie meiner Untertanen in allen Teilen des Reichs vereinigen sich dahin, um ein siegreiches Ende des Krieges zu sichern. Hervorgehoben wird ferner die Bemühungen Englands und seiner Verbündeten, gegenüber der Türkei eine freundschaftliche Neutralität zu wahren. Die meisten mohammedanischen Untertanen hätten sich beeilt, Beweise von Hingebung und Unterstützung zu geben. In dem ganzen Reiche herrsche der unerschütterliche Entschluß, gleich viel um welchen Preis, den Triumph der britischen Waffen zu sichern.
2)

 

Der 1. Weltkrieg im November 1914

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1914)

 

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