Der
Untergang der "Emden"
Amsterdam,
10. November 1914. (Priv.-Tel., Ctr. Bln.)
Die englische Admiralität berichtet folgendes:
Nachdem der Aufenthaltsplatz des Kreuzers "Königsberg"
durch den Angriff des Schiffes auf den "Pegasus" am 19. September
bekannt geworden war, wurde durch die Admiralität eine Anzahl schneller
Kreuzer in den ostafrikanischen Gewässern zusammengebracht. Diese
Kriegsschiffe vollführten darauf zusammen eine sorgfältige Untersuchungsfahrt.
Am 30. Oktober wurde der Kreuzer "Königsberg" durch das
englische Schiff "Chatham" entdeckt. Die Deutschen bargen sich
in untiefem Wasser ungefähr 6 Meilen entfernt von der Mündung
des Rufidschiflusses gegenüber der Insel Mafia ( Deutschostafrika).
Wegen des größeren Tiefganges konnte die "Chatham"
den Kreuzer "Königsberg" nicht erreichen, der wahrscheinlich
auf dem Grund festsitzt, so oft Ebbe ist.
Die Bemannung des Kreuzers "Königsberg" ist an Land gesetzt
worden und hat längs der Flußufer Laufgräben angelegt.
Beide Ufer und der Kreuzer "Königsberg" wurden durch das
englische Schiff "Chatham" beschossen, aber wegen der dichten
Palmenwälder war es nicht möglich, zu beobachten, ob und welchen
Schaden das Schiff erlitten hat. Während der Operationen wurden verschiedene
Maßregeln getroffen, um die "Königsberg" durch die
Versenkung von Kohlenschiffen in dem einzig befahrbaren Kanal einzuschließen.
Da das Schiff jetzt eingeschlossen ist, kann es keinen Schaden mehr stiften.
Die schnellfahrenden Schiffe, die nach dem Schiffe gesucht haben, sind
also jetzt für andere Dienste freigeworden.
Eine andere kombinierte Operation wurde in großem Maßstab
durch schnellfahrende Kreuzer gegen die "Emden" vorgenommen.
Seit längerer Zeit war man mit dem Suchen nach dem Schiffe beschäftigt,
und die englischen Kreuzer wurden in ihren Bemühungen durch französische,
russische und japanische Schiffe unterstützt. Auch die australischen
Schiffe "Melbourne" und "Sydney" nahmen an diesen
Operationen teil. Gestern Morgen wurde die Meldung empfangen, daß
die "Emden" bei Keeling auf den Cocosinseln angekommen sei und
eine bewaffnete Truppenabteilung an Land gesetzt habe, um die Station
für drahtlose Telegraphie zu vernichten und das Telegraphenkabel
durchzuschneiden. Hierbei wurde das Schiff entdeckt und zum Kampf mit
der "Sydney" gezwungen. Ein heftiger Kampf entstand, wobei an
Bord der "Sydney" drei Mann getötet und fünfzehn Mann
verwundet wurden. Die "Emden" wurde an die Küste getrieben
und fing Feuer. Die Verluste, die die "Emden" an Menschenleben
erlitten hat, sollen nach den Berichten sehr schwer sein. Soweit es möglich
war, wurde den Überlebenden jede Hilfe geboten. Mit Ausnahme des
deutschen Geschwaders, das sich noch an der chilenischen Küste befindet,
ist jetzt der gesamte Stille und Indische Ozean von feindlichen Kriegsschiffen
gesäubert.
Die
"Frankfurter Zeitung" schrieb dazu:
Das kühne Heldenlied, zu dem die Geschütze der "Emden"
Tag um Tag seit vielen Wochen neue Verse dichteten, ist aus. Die Übermacht
der Feinde, die auf allen Meeren lauerten, um den gefürchteten, ängstlich
bewunderten Kreuzer zu fangen, hat endlich das Verhängnis herbeigeführt.
Aber wenn je ein Untergang ruhmvoller war als ein Sieg, so ist es das
Ende dieses deutschen Schiffes, das von seiner eigenen Mannschaft vernichtet
werden mußte. Manchen mag heute Trauer beschleichen, nicht weil
nun England im Indischen Ozean die Fahne seiner Handelsschiffe wieder
unbesorgt im Winde flattern lassen darf, noch ist ein ganzem Geschwader
deutscher Kreuzer draußen und bedroht die angemaßte Seeherrschaft
unserer Feinde - , aber weil aus der stolzen Reihe unserer Schiffe eines
verschwindet, das dem Deutschen Volke die Hoffnungen der Zukunft am deutlichsten
verkörperte und weil von den Braven, denen es anvertraut war, wohl
mehr als einer im letzten Kampfe gefallen sein mag. Aber ihr Andenken
wird weiterleben, und der Name des Kreuzers, der mit der Fahne Deutschlands
den Ruhm einer Nordseestadt über die Meere trug, wird unvergessen
bleiben. Unvergessen vor allem auch bei den Feinden, die Deutschlands
Größe neideten, die seine Flotte nicht leiden wollten, die
den Frieden mutwillig brachen. Was der kleine Kreuzer ihnen angetan, das
ist nur ein Vorspiel für Größeres. Alle haben das gefühlt,
wir selber, die in den kühnen Streifzügen eine Verheißung
erblickten, und die erschrockenen Herren der See, die zum ersten Male
erkannten, welch furchtbarer Feind in den vielverspotteten "Rattenlöchern"
auf den Augenblick wartet, den er selber wählen will. Die "Emden"
hat ihre Pflicht im Übermaß getan. Unsere Feinde dürfen
aber nicht einen Augenblick erleichtert aufatmen, weil nun dieser Schrecken
der Meere verschwindet: jedes deutsche Schiff wird es der "Emden"
gleichtun.
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