Der Weltkrieg am 21. November 1914

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Fortschritt der Offensive bei Lodz und Czenstochau

Großes Hauptquartier, 21. November, vormittags.
Auf dem westlichen Kriegsschauplatz ist die Lage im wesentlichen unverändert geblieben. Fast vor der ganzen Front zeigte der Feind eine lebhafte artilleristische Tätigkeit.
Die Operationen im Osten entwickeln sich weiter. Aus Ostpreußen ist nichts zu melden. Die Verfolgung des über Mlawa und bei Plozk zurückgeschlagenen Feindes wurde fortgesetzt. Bei Lodz machen unsere Angriffe Fortschritte. In der Gegend östlich von Czenstochau kämpfen unsere Truppen Schulter an Schulter mit denen unseres Verbündeten und gewannen Boden.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der Dank des Kaisers an die IX. Armee

Danzig, 21. November. (W. B.)
Der Kaiser hat auf die Meldung des Generalobersten v. Hindenburg von dem Siege der IX. Armee in den Kämpfen in Kujawien während der Schlacht bei Kutno an den Oberbefehlshaber der IX. Armee, v. Mackensen, folgendes Telegramm gerichtet:

Großes Hauptquartier, 16. November.
General v. Mackensen, Armee-Hauptquartier IX.
Als ich Sie an die Spitze der tapferen IX. Armee berief, war ich überzeugt, daß Sie das hierin zum Ausdruck gebrachte Vertrauen voll rechtfertigen würden. Ihre vortrefflichen Erfolge dieser Tage haben mir hierfür den Beweis erbracht. Ich beglückwünsche Sie und Ihre braven Truppen zu diesen Ruhmestaten. Ihre unerschütterliche Tapferkeit einem weit überlegenen Feinde gegenüber ist des höchsten Lobes wert. Sprechen Sie das Ihren Truppen mit einem kaiserlichen Gruß und besten Wünschen für die Zukunft aus.
2)

 

Der Fliegerangriff auf die Zeppelinwerft in Friedrichshafen

Stuttgart, 21. November. (W. B.)
Bekanntmachung des Stellvertretenden Generalkommandos des 13. Armeekorps:
Heute Mittag 12 Uhr 15 erfolgten durch zwei englische Flieger, die schon frühzeitig bemerkt und gemeldet worden waren, Angriffe auf die Luftschiffwerft in Friedrichshafen. Durch das in Bereitschaft stehende Abwehrkommando und die in Friedrichshafen stehende Infanterie wurde alsbald der eine der Flieger, ein englischer Marineleutnant, heruntergeschossen und schwer verletzt gefangen genommen, während der andere in der Richtung nach dem Schweizer Ufer entkam. Mehrere von den Fliegern herabgeworfene Bomben richteten an der Luftschiffwerft keinerlei Schaden an, dagegen wurden durch Sprengstücke von der Zivilbevölkerung ein Mann getötet und mehrere Personen verwundet. Das abgestürzte Flugzeug ist nur wenig beschädigt.

Friedrichshafen, 21. November. (W. B.)
Durch die Bombenwürfe des heruntergeschossenen Fliegers, der am Kopfe und an der Hand schwere Verletzungen erlitt, wurde ein 21 Jahre alter, aus der Schweiz gebürtiger Schneidergeselle namens Wiedmann auf der Stelle getötet. Zwei Frauen wurden schwer verletzt, eine am Kopf und an der Achsel, der anderen wurde der linke Unterarm weggerissen. Die Vermutung, daß der zweite Flieger im Bodensee ertrunken sei, bestätigt sich nicht. Er hat vielmehr in ziemlich niedriger Fahrt über Manzell eine Bombe geworfen, die ihre Wirkung aber verfehlte.

Basel, 21. November. (Priv.-Tel.)
Die französischen Flieger, die Friedrichshafen bombardierten, überflogen Schweizer Boden.
2)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Auf der ganzen polnischen Front vorwärts

Wien, 21. November mittags.
Amtlich wird verlautbart:
Der Angriff der Verbündeten auf die russischen Hauptkräfte in Russisch-Polen geht auf der ganzen Front vorwärts.
In den Kämpfen nordöstlich Czenstochau ergaben sich zwei feindliche Bataillone.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Generalmajor.
1)

 

Graf Tisza im deutschen Hauptquartier

Berlin, 21. November. (W. B.)
Der ungarische Ministerpräsident Graf Tisza, der gestern Nachmittag im deutschen Großen Hauptquartier eingetroffen war, wurde heute vom Kaiser in längerer Audienz empfangen und nachher zum Frühstück geladen. Graf Tisza hatte auch verschiedene Unterredungen mit dem Reichskanzler und dem Staatssekretär des Auswärtigen Amtes und stattete dem Chef des Generalstabs seinen Besuch ab. Den Abend verbrachte Graf Tisza beim Reichskanzler.
2)

 

Der Krieg im Orient

Konstantinopel, 21. November. (W. B.)
Ein Communiqué des Generalstabs besagt: Unsere Truppen nahmen am 17. November mit einem Bajonettangriff alle Blockhäuser in der Umgegend von Artwin. Der Feind ergriff die Flucht und ließ zahlreiche Tote, Geniematerial und Ausrüstungsgegenstände zurück. Die Kämpfe mit Gruppen der russischen Armee an der Grenze des Kaukasus dauern fort. Nach heftigem Kampfe schlugen unsere Truppen die russischen Truppen bei Liman auf russischem Gebiet. Die russischen Truppen flohen, nachdem sie große Verluste erlitten hatten, auf das andere Ufer des Tschuruk.

Konstantinopel, 21. November. (Priv.-Tel.)
Am Schatt-el-Arab fand ein heftiger Kampf statt, der neun Stunden währte. Die Verluste der Engländer sind bedeutend. Unter den Verwundeten befindet sich nach Aussagen der Gefangenen auch der Kommandeur der englischen Truppen.

Konstantinopel, 21. November. (Priv.-Tel.)
Der Kreuzer "Hamidie" bombardierte und zerstörte gestern die russischen Petroleum-Depots und die Radiotelegraphenstation von Tuapse (zwischen Noworossijsk und Poti). Der im letzten Seegefecht durch die Türken stark havarierte russische Panzer-Kreuzer heißt "Eustaphy". Drei Offiziere und 39 Mann der Besatzung des "Eustaphy" wurden getötet, ein Offizier und 34 Mann schwer verwundet. Das Rencontre mit der russischen Flotte, der gegenüber sich nur zwei türkische Einheiten befanden, fand zwanzig Seemeilen vom Leuchtturm Kherson entfernt statt.
2)

 

Der Heilige Krieg

Konstantinopel, 21. November. (W. B.)
Mit Bezug auf einen Artikel der "Independance Roumaine", der dem Heiligen Krieg eine falsche Auslegung gibt, wiederholen "Ikdam" und andere Blätter, daß der Heilige Krieg ausschließlich gegen Rußland, England und Frankreich und deren Verbündete gerichtet ist, wie dieses aus der Fatwa und der Proklamation des Sultans klar hervorgehe. In den Herzen der Muselmanen bestehe kein Haß beispielsweise gegen die Italiener, die Verbündeten der Bundesgenossen der Türken, noch gegen neutrale Länder wie Bulgarien, Rumänien und andere. Es unterliege keinem Zweifel, daß, solange die türkisch-italienischen freundschaftlichen Beziehungen andauern, die Muselmanen Libyens gegen Italien freundschaftliche Gefühle zeigen, und es so viel als möglich werden unterstützen wollen. Die muselmanische Welt kennt heutzutage vollkommen die Bande herzlicher Freundschaft, welche die Türkei und Italien verknüpfen. "Ikdam" weist auch die Behauptung der "Independance Roumaine" zurück, daß in dem Jahrhundert der Funkentelegraphie und der sonstigen Fortschritte der Heilige Krieg keine Wirkungen zeitigen könne.
"Ikdam" weist in dieser Hinsicht auf die Haltung der persischen Stämme hin, die sich nach dem gestrigen Communiqué den türkischen Truppen anschließen.
2)

 

Der Oberkommandierende im Feldzug gegen Ägypten

Djemal Pascha

Djemal Pascha

Konstantinopel, 21. November. (Priv.-Tel.)
Zum Oberkommandierenden der zur Befreiung Ägyptens gegenwärtig in Syrien und Palästina zusammengezogenen türkischen Streitkräfte ist General Djemal Pascha, derzeitiger Marineminister, ernannt worden. Er reist heute mit seinem Stabe auf der Anatolischen und Bagdadbahn über den Taurus nach Aleppo und von dort nach Damaskus, wo sich augenblicklich noch das Hauptquartier befindet. Die zum Feldzuge nach Ägypten bestimmte Armee hat eine vorläufige Stärke von etwa 100000 Mann. Nicht inbegriffen sind hierin die an der Kampagne ebenfalls teilnehmenden Beduinenstämme. Die Angaben über ihre Stärke schwanken. Sie werden bald auf 20000, dann auf 30000 und noch mehr geschätzt. Jedenfalls wird ihre Zahl beträchtlich wachsen, wenn die ottomanischen Truppen auf ihrem Vormarsch gegen den Suez-Kanal siegreich bleiben. Der von General Djemal Pascha übernommenen Leitung dieses Teiles der türkischen Kriegsoperationen, die von der gesamten Welt mit Spannung beobachtet werden, bringt man hier das allergrößte Vertrauen entgegen. Djemal Pascha zählt zu den tüchtigsten türkischen Truppenkommandeuren. Besonnen, sehr kaltblütig, von eiserner Strenge und Gerechtigkeit , genießt er hohes Vertrauen in der ganzen Armee, die nicht nur in ihm einen geborenen Führer erblickt, dem man überallhin folgen kann, sondern der auch außerdienstlich in umfassender Weise für das Wohl seiner Soldaten unablässig sorgt. Djemal Pascha befand sich in der Revolutionszeit 1908 noch als Major in Salonik. Mit Enver und Niazi zählte er zu den Haupturhebern des Umsturzes in der Türkei. Später war er Platzkommandant von Stambul. Im Balkankriege zeichnete er sich bei Kirkkilisse und Lüle Burgas durch rühmenswerte Umsicht und Tapferkeit aus. Von 1909 bis 1911 gehörte er als Wali von Adaua und Bagdad auch der Zivilverwaltung an. Nach dem ersten Balkanfeldzug befehligte er ein Jahr hindurch das erste Armeekorps. Später wurde er für kurze Zeit Bautenminister und seit sechs Monaten leitet er interimistisch das Marineministerium. Überall, wo Djemal tätig war, hat er sichtbare Spuren seines Wollens hinterlassen. Er steht im 45. Jahre. Sein Studium hat er an der hiesigen Militärschule von Pankaldi vollendet.
2)

 

Gekaperte Schiffe

Mailand, 21. November. (Priv.-Tel.)
Die deutschen und österreichischen Schiffe, die in Suez und Port Said lagen, mußten den Suez-Kanal verlassen und wurden in Alexandria gekapert. Es sind folgende 15: "Anna Rickmers", "Annaberg", "Bärenfels", "Concadoro", "Derfflinger", "Goslar", "Gutenfels", "Helgoland", "Körbel", "Lautenfels", "Lützow", "Pindos", "Rabenfels", "Rostock" und "Werdenfels".
2)

 

Kanadische Truppen

Sir Robert Borden
Sir Robert Borden

Ottawa, 21. November. (W. B.)
Die kanadische Regierung beschloß, 50 000 Mann ständig unter den Fahnen zu halten, um über stärkere Reserven zu verfügen. Ministerpräsident Borden kündigt an, Kanada werde weitere Truppen mobilisieren, so daß noch vor Ende des Jahres 108000 Mann unter den Waffen stehen würden.
2)

 

Der 1. Weltkrieg im November 1914

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1914)

 

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