Ein
neuer Sultan von Ägypten
Abbas Hilmi |
Hussein Kemal |
London,
20. Dezember. (W. B.)
Das Pressebureau schreibt: Angesichts des Verhaltens des früheren
Khediven von Ägypten, Abbas Hilmi Pascha, der sich den Feinden des Königs
anschloß, hat sich die Regierung veranlaßt gesehen, ihn des Khediviates
zu entsetzen. Die hohe Würde mit dem Titel Sultan von Ägypten wurde Sr.
Hoheit dem Fürsten Hussein Kemal Pascha, dem ältesten lebenden Prinzen
der Familie Mehemed Ali angeboten und von ihm angenommen. Der König hat
den neuen Sultan zum Ehrenritter des Großkreuzes des Bath-Ordens und zum
Präsidenten des Ministerrates und Hussein Ruchdi Pascha zum Ehrenritter
des Großkreuzes des Ordens vom hl. Michael und hl. Georg ernannt.
Mailand
20. Dezember. (Priv.-Tel.)
Hussein wurde durch das britische Oberkommando von seiner Ernennung
zum Sultan benachrichtigt. Er nahm das Amt an und richtete ein Schreiben
an den bisherigen Premierminister Ruchdi Pascha, worin er Ruchdi mit der
Bildung eines neuen Kabinetts betraute und erklärte, daß das Sultanat
von jetzt an erblich sei. Ruchdi behält das ganze Ministerium bei. Lord
Comer erklärte, daß die Proklamation des Sultanats nur die Wirkung habe,
die Beziehungen zwischen der Pforte und Ägypten aufzuheben. Alle
Nebenfragen seien später zu er ledigen Ägypten müsse aber fortfahren,
seinen türkischen Tribut zu entrichten, da dieser nach London gehe zur
Tilgung zweier ottomanischer Anleihen.
London,
20. Dezember. (W. B.)
Das Schreiben des stellvertretenden Oberkommissars von Ägypten an den
Prinzen Hussein besagt: Die
britische Regierung habe bereits wiederholt betont, daß die
Kapitulationen nicht mehr im Einklang mit der Entwicklung des Landes
stehen. Die Revision der Verträge solle bis zum Ende des Krieges
verschoben werden. Die britische Regierung werde die Reformpolitik
fortsetzen. Sie sei überzeugt, daß die klare Definition der Stellung
Englands im Lande Fortschritt und Selbstverwaltung beschleunigen werde.
Die Aufhebung der politischen Botmäßigkeit gegenüber Konstantinopel
bedeute keine Feindseligkeit gegen das Khalifat. Die Geschichte Ägyptens
beweise, daß die Loyalität der ägyptischen Mohammedaner gegen das
Khalifat unabhängig sei von den politischen Banden zwischen Ägypten und
Konstantinopel. Die britische Regierung nehme das größte Interesse an
der Stärkung und dem Fortschritt der mohammedanischen Einrichtungen Ägyptens.
Die britische Regierung vertraue auf die Loyalität, die Vernunft und
Selbstbeherrschung der ägyptischen Untertanen, um die Aufgabe des
kommandierenden Generals zu erleichtern, der mit der Unterwerfung des
Feindes betraut sei.
Amsterdam,
20. Dezember. (Priv.-Tel.)
Reuter meldet aus London:
Der König hat dem (neuen) Sultan von Ägypten ein Glückwunschtelegramm
geschickt, worin er ihn seiner Freundschaft und unerschütterlichen
Unterstützung und seines Schutzes versichert und gleichzeitig die
Unverletzlichkeit des ägyptischen Gebietes garantiert. Der König erklärt,
davon überzeugt zu sein, daß der Sultan mit den Ministern
zusammenarbeiten und unter britischem Schutze imstande sein werde, den
Einflüssen entgegenzutreten, die die Unabhängigkeit Ägyptens zu
vernichten drohten.
Mailand,
20. Dezember. (Priv.-Tel.)
Die Krönung des ägyptischen Sultans findet heute feierlich statt.
Vertreter neutraler Mächte sind aus leicht begreiflichen Gründen nicht
zur Krönungsfeier eingeladene England wird bei der Feier durch
Oberkommissar Mac Mahon vertreten sein. Das Ministerium des Auswärtigen
wird noch nicht ganz abgeschafft. Die diplomatischen Agenturen werden in
Konsulate umgewandelt. Die religiösen Schwierigkeiten, welche der
Absetzung des Khediven Abbas entgegenstanden, sollen überwunden sein.
Rom,
20. Dezember. (Priv.-Tel.)
In der "Concordia" entwickelt Palamenghi Crispi die
Nachteile des englischen Protektorats über Ägypten für Italien. Der
Statusquo im Mittelmeer werde dadurch gestört, die Sicherheit und Zukunft
Libyens und seines Hinterlandes gefährdet, der Traum des
englisch-afrikanischen Imperiums von Kapland bis Kairo verwirklicht.
England werde die Kapitulationen und Privilegien der Fremden in Ägypten künftig
nicht anerkennen. "Wir sind also", fährt Crispi fort,
"einem sehr folgenschweren Ereignis gegenübergestellt, die Engländer
verletzen unsere Interessen, während sie Dankbarkeit für unsere
Neutralität vorschützen." 2)
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