Der Weltkrieg am 20. Dezember 1914

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Abgewiesene französisch-englische Angriffe - Neue Kampfstellung der Russen

Großes Hauptquartier, 20. Dezember.
Im Westen stellte der Gegner seine erfolglosen Angriffe bei Nieuport und Bixschote ein. Die Angriffe in der Gegend von La Bassée, die sowohl von Franzosen als Engländern geführt wurden, sind mit großen Verlusten für den Feind abgewiesen worden. 200 Gefangene (Farbige und Engländer) fielen in unsere Hände. Rund 600 tote Engländer liegen vor unserer Front.
Bei Notre Dame de Lorette südöstlich Béthune wurde ein deutscher Schützengraben von 60 Meter Länge an den Gegner verloren. Verluste bei uns ganz gering.
In den Argonnen machten wir kleinere Fortschritte und erbeuteten 3 Maschinengewehre.
Von der ost- und westpreußischen Grenze nichts Neues.
In Polen machten die russischen Armeen den Versuch, sich in einer neuen vorbereiteten Stellung an der Rawka und Nida zu halten. Sie wurden überall angegriffen.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der Kaiser

Großem Hauptquartier, 20. Dezember. (W. B. Amtlich. )
Der Kaiser hat sich, nachdem er vollständig wiederhergestellt ist, aufs neue zur Front begeben.
2)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Neue Kämpfe an der galizischen Front

Wien, 20. Dezember, mittags.
Amtlich wird verlautbart:
In den Karpathen wurden gestern die feindlichen Vortruppen in dem Latorczagebiet zurückgeworfen. Nordöstlich des Lubkower Passes entwickeln sich größere Kämpfe. - Unser Angriff auf der Front Krosno-Zakliczyn gewann überall Raum. Im Biallatale drangen unsere Truppen bis Tuchow vor. Die Kämpfe am unteren Dunajec dauern fort. Die Russen haben sich somit in Galizien neuerdings gestellt. - In Südpolen erreichten wir die Nida.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Generalmajor. 1)

 

Ein siegreiches Gefecht bei Lüderitzbucht

Kapstadt, 20. Dezember. (W. B. )
Meldung des "Reuterschen Bureaus": In Garub, 30 Meilen östlich von Lüderitzbucht, hat am 16. Dezember ein Gefecht zwischen vordringenden englischen Truppen unter Sir Duncan Mackenzie und deutschen Truppen stattgefunden. Der Kampf, der über zwei Stunden dauerte, endete mit dem Rückzuge der Engländer.
2)

 

Kämpfe im Sudan

Wien, 20. Dezember. (W. B.)
Die "Neue Freie Presse" meldet aus Konstantinopel: Im Sudan haben die Kämpfe begonnen. Der Hakim von Darsur, Junius Mollah, begann mit 80 000 Mann einen Angriff auf die Provinz el Kab, die zu dem englisch-ägyptischen Sudan gehört. Ebenso erhob sich die muselmanische Bevölkerung in Abu Raja. Die beunruhigte englische Regierung sandte indische Truppen über das Rote Meer, die bei den Tiflach-Inseln bei Suakin ausgeschifft wurden. Bei dieser Gelegenheit sollen die Inder gemeutert haben, worauf englische Kreuzer den Tislach-Bezirk beschossen. Ein Zug, der Truppen von Suakin nach Karthum bringen sollte, wurde in der Station Tamai von Beduinenscharen an der Weiterfahrt gehindert.
2)

 

Ein neuer Sultan von Ägypten


Abbas Hilmi

Hussein Kemal

London, 20. Dezember. (W. B.)
Das Pressebureau schreibt: Angesichts des Verhaltens des früheren Khediven von Ägypten, Abbas Hilmi Pascha, der sich den Feinden des Königs anschloß, hat sich die Regierung veranlaßt gesehen, ihn des Khediviates zu entsetzen. Die hohe Würde mit dem Titel Sultan von Ägypten wurde Sr. Hoheit dem Fürsten Hussein Kemal Pascha, dem ältesten lebenden Prinzen der Familie Mehemed Ali angeboten und von ihm angenommen. Der König hat den neuen Sultan zum Ehrenritter des Großkreuzes des Bath-Ordens und zum Präsidenten des Ministerrates und Hussein Ruchdi Pascha zum Ehrenritter des Großkreuzes des Ordens vom hl. Michael und hl. Georg ernannt.

Mailand 20. Dezember. (Priv.-Tel.)
Hussein wurde durch das britische Oberkommando von seiner Ernennung zum Sultan benachrichtigt. Er nahm das Amt an und richtete ein Schreiben an den bisherigen Premierminister Ruchdi Pascha, worin er Ruchdi mit der Bildung eines neuen Kabinetts betraute und erklärte, daß das Sultanat von jetzt an erblich sei. Ruchdi behält das ganze Ministerium bei. Lord Comer erklärte, daß die Proklamation des Sultanats nur die Wirkung habe, die Beziehungen zwischen der Pforte und Ägypten aufzuheben. Alle Nebenfragen seien später zu er ledigen Ägypten müsse aber fortfahren, seinen türkischen Tribut zu entrichten, da dieser nach London gehe zur Tilgung zweier ottomanischer Anleihen.

London, 20. Dezember. (W. B.)
Das Schreiben des stellvertretenden Oberkommissars von Ägypten an den Prinzen Hussein besagt:
Die britische Regierung habe bereits wiederholt betont, daß die Kapitulationen nicht mehr im Einklang mit der Entwicklung des Landes stehen. Die Revision der Verträge solle bis zum Ende des Krieges verschoben werden. Die britische Regierung werde die Reformpolitik fortsetzen. Sie sei überzeugt, daß die klare Definition der Stellung Englands im Lande Fortschritt und Selbstverwaltung beschleunigen werde. Die Aufhebung der politischen Botmäßigkeit gegenüber Konstantinopel bedeute keine Feindseligkeit gegen das Khalifat. Die Geschichte Ägyptens beweise, daß die Loyalität der ägyptischen Mohammedaner gegen das Khalifat unabhängig sei von den politischen Banden zwischen Ägypten und Konstantinopel. Die britische Regierung nehme das größte Interesse an der Stärkung und dem Fortschritt der mohammedanischen Einrichtungen Ägyptens. Die britische Regierung vertraue auf die Loyalität, die Vernunft und Selbstbeherrschung der ägyptischen Untertanen, um die Aufgabe des kommandierenden Generals zu erleichtern, der mit der Unterwerfung des Feindes betraut sei.

Amsterdam, 20. Dezember. (Priv.-Tel.)
Reuter meldet aus London:
Der König hat dem (neuen) Sultan von Ägypten ein Glückwunschtelegramm geschickt, worin er ihn seiner Freundschaft und unerschütterlichen Unterstützung und seines Schutzes versichert und gleichzeitig die Unverletzlichkeit des ägyptischen Gebietes garantiert. Der König erklärt, davon überzeugt zu sein, daß der Sultan mit den Ministern zusammenarbeiten und unter britischem Schutze imstande sein werde, den Einflüssen entgegenzutreten, die die Unabhängigkeit Ägyptens zu vernichten drohten.

Mailand, 20. Dezember. (Priv.-Tel.)
Die Krönung des ägyptischen Sultans findet heute feierlich statt. Vertreter neutraler Mächte sind aus leicht begreiflichen Gründen nicht zur Krönungsfeier eingeladene England wird bei der Feier durch Oberkommissar Mac Mahon vertreten sein. Das Ministerium des Auswärtigen wird noch nicht ganz abgeschafft. Die diplomatischen Agenturen werden in Konsulate umgewandelt. Die religiösen Schwierigkeiten, welche der Absetzung des Khediven Abbas entgegenstanden, sollen überwunden sein.

Rom, 20. Dezember. (Priv.-Tel.)
In der "Concordia" entwickelt Palamenghi Crispi die Nachteile des englischen Protektorats über Ägypten für Italien. Der Statusquo im Mittelmeer werde dadurch gestört, die Sicherheit und Zukunft Libyens und seines Hinterlandes gefährdet, der Traum des englisch-afrikanischen Imperiums von Kapland bis Kairo verwirklicht. England werde die Kapitulationen und Privilegien der Fremden in Ägypten künftig nicht anerkennen. "Wir sind also", fährt Crispi fort, "einem sehr folgenschweren Ereignis gegenübergestellt, die Engländer verletzen unsere Interessen, während sie Dankbarkeit für unsere Neutralität vorschützen."
2)

 

Der 1. Weltkrieg im Dezember 1914

ZURÜCK   HAUPTSEITE   WEITER

 

Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1914)

 

© 2005 stahlgewitter.com