Der Weltkrieg am 26. Dezember 1914

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Die englische Niederlage bei Festubert -
Luftbombardement von Nancy

Großes Hauptquartier, 26. Dezember, vormittags.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Bei Nieuport sind in der Nacht vom 24. zum 25. Dezember Angriffe der Franzosen und Engländer abgewiesen.
Der Erfolg der Kämpfe bei Festubert mit Indern und Engländern läßt sich erst heute übersehen. 19 Offiziere und 819 Farbige und Engländer wurden gefangen genommen, 14 Maschinengewehre, 12 Minenwerfer, Scheinwerfer und sonstiges Kriegsmaterial erbeutet. Auf dem Kampffelde ließ der Feind über 3000 Tote.
Eine von den Engländern zur Bestattung der Toten erbetene Waffenruhe wurde bewilligt. Unsere Verluste sind verhältnismäßig gering.
Bei kleineren Gefechten in der Gegend von Lihons, südöstlich von Amiens, und Tracy-le-Val, nordöstlich von Compiègne, machten wir gegen 200 Gefangene.
In den Vogesen, südlich von Diedolshausen, und im Oberelsaß, westlich von Sennheim sowie südwestlich von Altkirch kam es gestern zu kleineren Gefechten. Die Lage blieb dort unverändert.
Am 20. Dezember, nachmittags, warf dort ein französischer Flieger auf das Dorf Inor neun Bomben, obgleich dort nur Lazarette sich befinden, die auch für Fliegerbeobachtung ganz deutlich kenntlich gemacht sind. Nennenswerter Schaden wurde nicht angerichtet. Zur Antwort auf diese Tat und auf das neuerliche Bombenwerfen auf die offene, außerhalb des Operationsgebietes liegende Stadt Freiburg wurden heute Morgen einige der in der Position von Nancy liegenden Orte von uns mit Bomben mittleren Kalibers belegt.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Russische Angriffe auf die Stellungen bei Lötzen wurden abgeschlagen. 1000 Gefangene blieben in unserer Hand.
In Nordpolen, nördlich der Weichsel, blieb die Lage unverändert. Südlich der Weichsel schritten unsere Angriffe am Bzuraabschnitt fort. Auf dem rechten Pilicaufer, südöstlich von Tomaszow, war unsere Offensive von Erfolg begleitet. Weiter südlich ist die Lage unverändert.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Englischer Vorstoß in die deutsche Bucht

Berlin, 26. Dezember. (W. B. Amtlich.)
Am 25. Dezember, vormittags, machten leichte englische Streitkräfte einen Vorstoß in die deutsche Bucht. Von ihnen mitgeführte Wasserflugzeuge gingen gegen unsere Flußmündungen vor und warfen hierbei gegen zu Anker liegende Schiffe und einen in der Nähe von Cuxhaven befindlichen Gasbehälter Bomben ab, ohne zu treffen und Schaden anzurichten. Unter Feuer genommen, zogen sich die Flugzeuge in westlicher Richtung zurück. Unsere Luftschiffe und Flugzeuge klärten gegen die englischen Streitkräfte auf. Hierbei erzielten sie durch Bombenwürfe auf zwei englischen Zerstörern und einem Begleitdampfer Treffer; auf letzterem wurde Brandwirkung beobachtet. Aufkommendes nebliges Wetter verhinderte sonstige Kämpfe.
2)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Verstärkte russische Offensive in Galizien

Wien, 26. Dezember, mittags.
Amtlich wird verlautbart:
Gestern nahmen unsere Truppen nach viertägigen heldenmütigen Kämpfen den Uzsoker Paß. In Galizien führten die Russen ihre vor einigen Tagen begonnene Offensive mit starken Kräften fort und gelangten wieder in den Besitz des Beckens von Krosno und Jaslo. Die Lage am unteren Dunajec und an der Nida ist unverändert. Südlich Tomaszow gewann unser Angriff ostwärts Raum.
Auf dem Balkankriegsschauplatz herrscht seit zehn Tagen Ruhe. Nur an der Save und an der Drina kommt es zuweilen zu unbedeutenden Plänkeleien. Die Festung Bileca wies am 24. Dezember einen schwachen Angriff der Montenegriner ab.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Generalmajor. 1)

 

Ein Zeppelin über Nancy

Genf, 26. Dezember. (Priv.-Tel.)
Heute früh 5.20 Uhr überflog laut Meldung aus Nancy ein Zeppelin diese Stadt, auf die er 14 Bomben warf; zwei Einwohner wurden getötet, zwei verwundet und mehrere Privathäuser beschädigt.
2)

 

Französische und englische Sozialisten

Genf, 26. Dezember. (Priv.-Tel.)
Die "Humanité" veröffentlicht ein Manifest, in dem die Führer der sozialistischen Partei Frankreichs auseinandersetzen, daß die sozialistische Gruppe sich während der Kammersitzung jeder Erklärung enthalten habe, um nicht die Disziplin und die Einigkeit zu brechen, die sich die Nation angesichts des Feindes auferlegt habe. Die Kundgebung hebt hervor, daß das Parlament der Regierung helfen müsse, die große Aufgabe aufs beste zu erfüllen. Der Krieg werde wohl von langer Dauer sein, aber das dürfe nicht zum Nachlassen bewegen, da man dafür kämpfe, daß Frankreichs Unabhängigkeit unangetastet bleibe, daß Elsaß und Lothringen für ihr wahres Vaterland befreit würden, daß der preußische Imperialismus mit allen anderen Imperialismen aufhöre, die freie Bewegung der Völker zu hemmen, daß dieser Krieg der letzte sei usw. Um diese Ziele zu erreichen, seien die französischen Sozialisten entschlossen, bis zum Siege zu kämpfen.

London, 26. Dezember. (Priv.-Tel.)
Der "Labour Leader", das Blatt der englischen Arbeiterpartei, hat eine besondere Weihnachtsnummer herausgegeben. Eine Sammlung von Zuschriften von Sozialisten aus Österreich, Rußland und vor allen Dingen aus England steht unter der Überschrift: "Ein Manifest der Unabhängigen Arbeiterpartei gegen die Kriegserklärung." Diese Kundgebung beginnt mit den Worten: "Man hat uns gesagt, daß der internationale Sozialismus tot sei und daß alle unsere Hoffnungen zerschmettert seien durch das Feuer und die Pestilenz des europäischen Krieges. Das ist nicht wahr. Aus der Dunkelheit und der Tiefe rufen wir der Arbeiterklasse und unseren Kameraden jeglichen Landes ein "Heil!" zu und unter dem Brüllen der Geschütze wenden wir den deutschen Sozialisten unsere Sympathie und unsere Grüße!" - Die deutschen Beiträge stammen in erster Linie von Kautsky und Bernstein:, unter den Engländern sind Bernard Shaw, Ramsay Macdonald und Bruce Glasier hervorzuheben.
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Auflösung des japanischen Parlaments

Tokio, 26. Dezember. (W. B.)
Meldung des Reuterschen Bureaus:
Das Parlament hat die Regierungsvorlage, die eine Vermehrung der Armee um zwei Divisionen verlangte, mit 213 gegen 148 Stimmen abgelehnt. Der Kaiser ordnete darauf die Auflösung des Parlaments an.
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Der 1. Weltkrieg im Dezember 1914

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1914)

 

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