Der Weltkrieg am 13. Januar 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

 Sieg der Märker bei Crouy (Soissons) - 1700 Franzosen gefangen

Großes Hauptquartier, 13. Januar. 
Westlicher Kriegsschauplatz:
In der Gegend von Nieuport fand ein heftiger Artilleriekampf statt, der die Räumung der feindlichen Schützengräben bei Palingsbrug (Vorort von Nieuport) zur Folge hatte.
Die feindlichen Angriffe am Kanal von La Bassée sind endgültig abgewiesen. Französische Angriffe auf La Boisselle und die Höhen von Nouvron wurden zurückgeschlagen.
Den gestrigen erfolglosen französischen Angriffen auf die Höhen bei Crouy folgte ein deutscher Gegenangriff, der mit einer vollständigen Niederlage der Franzosen und einer Säuberung der Höhen nordöstlich Cuffise und nördlich Crouy endigte. Unsere Märker setzten sich in Besitz von zwei französischen Stellungen, machten 1700 Gefangene und eroberten vier Geschütze sowie mehrere Maschinengewehre.
Französischer Sappenangriff in der Gegend südlich St. Mihiel ist erfolgreich abgewiesen. Unsere Truppen setzten sich in Besitz der Höhen nördlich und nordöstlich Nomeny.
Östlicher Kriegsschauplatz: 
Die Lage im Osten änderte sich gestern nicht.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

 Rücktritt des Grafen Berchtold


Graf Berchtold

Baron Burian

Wien, 13. Januar. (W. B.) 
Das "Fremdenblatt" veröffentlicht in seinem heutigen Abendblatt folgende Mitteilung: 

Der Minister des k. u. k. Hauses und des Äußern, Graf Berchtold, welcher Se. Majestät schon vor längerer Zeit gebeten hatte, ihn in Gnaden seinem Amtes zu entheben, hat diese Bitte nunmehr an Allerhöchster Stelle erneuert. Der Kaiser hat die gewichtigen persönlichen Gründe, welche den Minister des Äußern zu seinem Rücktritt bewogen haben, gewürdigt und allergnädigst geruht, seiner Bitte zu willfahren. Als Nachfolger des Grafen Berchtold wird der ungarische Minister beim Allerhöchsten Hoflager, Baron Stefan Burian, zum Minister des k u. k. Hauses und des Äußern ernannt werden

Wien, 13. Januar. (W. B.) 
Der Rücktritt des Grafen Berchtold hat die Öffentlichkeit vollkommen überrascht und beherrscht jetzt fast ausschließlich das Interesse der politischen Kreise. Aus unterrichteten Kreisen verlautet hierzu, daß durchaus keine politischen, sondern ausschließlich persönliche Gründe für den Rücktritt des Grafen Berchtold maßgebend waren, und daß in der Richtung der Politik der Monarchie mit dem Ministerwechsel absolut keine Änderung zu erwarten sei.

Wien, 13. Januar. (Priv.-Tel.) 
Wie verlautet, wird der neue Minister des Äußern Baron Burian sich demnächst ins deutsche Hauptquartier begeben, um sich dem deutschen Kaiser vorzustellen und mit dem Reichskanzler Bethmann Hollweg in Fühlung zu treten. Burian war Generalkonsul in Moskau, Gesandter in Sofia, Stuttgart und Athen, von 1903 bis 1912 gemeinsamer Finanzminister, dem die Leitung der bosnischen Politik oblag, seit 1913 ungarischer Minister am königlichen Hoflager. Als Mittelglied zwischen dem Ministerium des Äußern und der ungarischen Regierung war er auch in alle Vorgänge von Bedeutung vollständig eingeweiht und vielfach an den Beratungen auf diesem Gebiete persönlich beteiligt.

 

 Kriegssteuer in der Schweiz 

Bern, 13. Januar. (Priv.-Tel.) 
Heute kam es zu einer Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren zur Begutachtung des Entwurfs einer allgemeinen Kriegssteuer. Sie sprach sich grundsätzlich mit 22 gegen zwei Stimmen für die Kriegssteuer unter Beteiligung der Kantone mit einem Fünftel des Bruttoertrages aus. Die Steuerzusätze sollen progressiv für Vermögen ein bis fünfzehn pro Tausend und für Erwerb einhalb bis acht Prozent betragen. Steuerfrei sind Vermögen bis 10000 und Erwerb bis 2500 Franken. Die Besteuerung der Aktien- und Kommanditgesellschaften soll soviel mal ein Promille des einbezahlten Aktienkapitals, des Reservefonds und anderer Rückstellungen betragen, als die Gesellschaft in den letzten Jahren im Durchschnitt Prozente des Aktienkapitals als Dividende ausbezahlt hat, mindestens aber zwei pro Tausend, auch wenn keine Dividende ausbezahlt wurde, und höchstens zehn pro Tausend, für Genossenschaften und Vereine zehn Prozent des Reinertrags.

 

 Erdbeben in Italien 

Rom, 13. Januar. (Priv. -Tel.) 
Heute morgen kurz vor 8 Uhr erfolgte hier ein Erdstoß von solcher Heftigkeit, wie er keinem der lebenden Römer in Erinnerung ist. Die Erschütterung dauerte etwa fünf Sekunden und verursachte in der Stadt eine leichte Panik. Der bisher gemeldete Schaden ist unbedeutend

Rom, 13. Januar. (Priv.-Tel ) 
Das Erdbeben wurde am stärksten in der Provinz Rom verspürt, wo auch einige Menschen durch herabstürzende Decken umkamen, sodann in den Abruzzen und in der Campagna und in den Marken. Der Süden und Sizilien blieben offenbar verschont.

Rom, 13. Januar. (W. B.) 
Die Erderschütterung, die in Rom wahrgenommen wurde, hat auch die Umgebung von Rom heimgesucht. In Neapel nahm man gegen 8 Uhr früh ein gegen 20 Sekunden andauerndes Erdbeben wahr. Die Bevölkerung war stark beunruhigt und lief auf die Straße. Das Erdbeben wurde auch in Pozzuoli und Monte Rotondo verspürt. In Monte Rotondo wurden verschiedene Häuser, so auch das Rathaus, beschädigt, zwei Personen sollen umgekommen sein. Auch aus Caserta, Civitavechia, Grosseta und aus Umbrien sind Meldungen über Erdstöße eingelaufen, die überall eine große Panik hervorriefen.

Rom, 13. Januar. (W. B.) 
Das Erdbeben hat namentlich in der Provinz Chieti erheblichen Schaden angerichtet. So wurden in der Provinzhauptstadt zahlreiche Häuser beschädigt, darunter das Telegraphenamt. In Serramonacesca wurden zwei Personen getötet und viele verwundet, zahlreiche Häuser stürzten ein. In Lettomanoppello ist eine Person tot, mehrere sind verletzt; zahlreiche Häuser stürzten ein oder erhielten Risse. In Mussellaro wurde ein Mann getötet. In San Valentin ist ein Mann verunglückt, mehrere wurden verletzt. Die Häuser in Soro wurden schwer beschädigt und sind teilweise eingestürzt. Viele Personen liegen unter den Trümmern. Man befürchtet viele Menschenopfer. Die Ortschaften in den Provinzen Perugia und Tarano erlitten vielfach schweren Schaden. Aus den Ortschaften der Provinz Aquila werden etwa 40 Todesfälle und mehrere hundert Verletzungen gemeldet Der Präfekt hat Truppen und Sanitätsmaterial nach Poggio Picenze, Sassa, Tornimparte Cagnano Amiterno, Gagliano Alterno und Rojo gesandt.

Rom, 13. Januar. (W. B.) 
"Giornale d´Italia" meldet, daß die Überlebenden des Erdbebens in Avezzano 800 Personen betragen. Da die Bevölkerung Avezzanos 11000 beträgt, seien über 10000 getötet worden.

 

Der 1. Weltkrieg im Januar 1915

ZURÜCK   HAUPTSEITE   WEITER

 

Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

 

© 2005 stahlgewitter.com