Die Kämpfe im
Oberelsaß Mitte und Ende Januar 1915
Aus dem
Großen Hauptquartier wird der "Frankfurter Zeitung“ geschrieben:
Die Franzosen hatten gleich
zu Beginn des Krieges große Anstrengungen gemacht, sich in den Besitz von
Elsaß-Lothringen zu setzen. Dem Anfang August von Belfort aus unternommenen
Einfalle ins Oberelsaß wurde durch die Schlacht von Mülhausen ein jähes Ende
bereitet, und die Offensive gegen Lothringen brach nach dem glänzenden Siege des
bayerischen Kronprinzen in sich zusammen. Seitdem haben die Franzosen es nicht
mehr gewagt, in Lothringen einzufallen. Dagegen gingen sie im Oberelsaß erneut
vor, als die hier eingesetzten deutschen Treppen eine anderweitige Verwendung
fanden. Zum zweiten Male betraten die Franzosen vorübergehend Mülhausen und
drangen nordwärts bis Ensisheim vor. Die Freude währte aber nicht lange. Durch
eine erneute deutsche Offensive wurde der Gegner vertrieben, der heute nur das
Weiler- und Münstertal in den Vogesen und den Belfort unmittelbar
gegenüberliegenden Grenzstrich im Besitz hat, während in den Nordvogesen die
deutschen Truppen bis in die Höhe von Senones, also tief in französisches Gebiet
vorgedrungen sind. Ende Dezember begannen die
Franzosen zum dritten Male mit einer Offensive in Richtung Mülhausen. Die Stadt
sollte nach Gefangenenaussagen spätestens Ende Januar endgültig in französischer
Hand sein. Wie aus den Tagesberichten
der Obersten Heeresleitung bekannt ist, wurde zwischen dem 27. Dezember und 8.
Januar um den Besitz der Höhe 425 westlich von Sennheim Tag für Tag erbittert
gekämpft. Die Franzosen kamen jedoch über diese Höhe nicht hinaus. Dagegen
gelang es den deutschen Truppen, Gelände zu gewinnen. Bis Ende Dezember hatten sich
auf dem in 956 Meter Höhe, fast 700 Meter über dem Rheintale gelegenen dicht
bewaldeten Hartmannsweilerkopfe, einem beliebten, geologisch und botanisch
interessanten Ausflugspunkte, nur deutsche und französische Wachen befunden, die
einander beobachtend gegenüberlagen Die Deutschen hielten den östlichen, die
Franzosen den westlichen Teil des Kopfes besetzt. Inzwischen hatten die
Franzosen eine Reihe von Alpenjäger-Bataillonen in die Südvogesen entsandt und
auf den Hartmannsweilerkopf eine ganze Alpenjäger-Kompanie vorgeschoben, die
sich dort eine festungsartige Stellung schuf, die ellipsenförmig den höchsten
Punkt umschloß. Die Höhe des Molkenrains (1125 Meter), zu der man vom
Hartmannsweilerkopf über die Jägertanne (Sattelpunkt) gelangt, wurde ebenso wie
der Welchen französischerseits stark besetzt. Die ersten deutschen
Vorstöße gegen die Ringburg auf dem Hartmannsweilerkopf scheiterten an
der Stärke jener Stellung. Auch mußte die dem Flachland entstammende
Angriffstruppe erst die Schliche des im Gebirge erfahrenen Gegners kennen und
bekämpfen lernen, der mit schwarzen Ziegenfellen behangen oder mit Tannenreisig
bedeckt die Gipfel der schneebedeckten Tannen bestieg und von dort aus, in
Körben sitzend aus seinen Verstecken auf unsere Soldaten herabschoß. Bald hatten
diese die Ringfestung von außen völlig umschlossen; auch war die Jägertanne
besetzt worden, um die vom Molkenrain her erwarteten französischen
Entsatzversuche abweisen zu können. Solche erfolgten auch mit mindestens einem
Alpenjäger-Bataillon, wurden aber von unseren sich energisch zur Wehr setzenden
schwachen Treppen abgewiesen. Zu gleicher Zeit aus dem Ringwalle unternommene
Ausfälle der Bergbesatzung scheiterten. Inzwischen hatte man die weiter nötigen
Angriffsmittel bereitgestellt, so daß am 19. Januar der Sturm unternommen werden
konnte. Die ersten wohlgezielten Schüsse trafen den Offiziersunterstand in der
Ringfeste. Zwei Offiziere wurden getötet und einer verwundet. Der letzte
Offizier streckte auf dieses Ereignis hin, die Aussichtslosigkeit weiteren
Widerstanden einsehend, mit dem Rest der Besatzung die Waffen. Ein Offizier und
150 Alpenjäger wurden zu Gefangenen gemacht. Zwei Tage später wurde auch der
Hirzstein genommen und dort noch 2 Offiziere und 40 Mann gefangengenommen. An
den Hirzstein waren unsere Treppen, ohne einen Schuß zu tun herangekommen.
Selbst die gefangenen Offiziere sagten aus, daß die deutschen Vorbereitungen zur
Wegnahme der Höhenstellungen vortrefflich gewesen seien. Unsere Truppen waren während
dieser Kämpfe im Gebirge den allergrößten Strapazen und Entbehrungen ausgesetzt.
Auf hoher Bergeshöhe kämpfend, wo tiefer Schnee lag, die Tannen hoch zum Himmel
ragen und wo dichtes Unterholz den Ausblick auf wenige Meter beschränkt, Tage
lang ohne warme Nahrung und ohne schützendes Obdach, hatte die Truppe
Außerordentliches zu leisten. Erst nachdem der Feind vertrieben war, konnte man
sich einigermaßen häuslich einrichten, Wege und Hütten bauen und warmes Essen
zubereiten. Jetzt finden wir auch Kavallerie hoch oben in den Bergen, aber nicht
etwa zu Pferde, sondern angetan mit Rucksack, Bergrock und Eissporen. Stunden,
ja halbe Tage lang gehen die Kavalleristen die längsten und gefahrvollsten
Patrouillen und bringen oft die besten Meldungen. Nachdem der französische
Versuch, über Sennheim auf Mülhausen durchzustoßen, an dem Widerstande der
Deutschen gescheitert war, unternahm der Feind am 27. Januar einen
Durchbruchsversuch an anderer Stelle. Er hatte sich also Kaisers Geburtstag für
seine Angriffe ausgewählt. Ein hoher Stab war gerade in der Kirche, wo der
Festgottesdienst abgehalten wurde, als um 11 Uhr vormittags von dem
Nachbarverbande die Meldung einlief, daß ein feindlicher Angriff in Richtung
Ammerzweiler erfolgt sei, und um artilleristische Unterstützung gebeten wurde.
(Der bei diesen Kämpfen in Betracht kommende Kampfraum liegt im Süden von
Bernweiler teils nördlich, teils südlich [Hirzbacher Wald] von Altkirch und
findet sich nicht auf unserer Skizze. D. Red.) Kaum war diese zugesagt, so wurde
auch innerhalb des eigenen Abschnittes des betr. Truppenverbandes ein
französischer Infanterieangriff gegen einen vorgeschobenen Posten am
Rhein-Rhone-Kanal gemeldet. Die in schwierigem, weil sehr unübersichtlichem
Gelände stehende deutsche Feldwache wurde von einer weit überlegenen feindlichen
Truppenmacht überrannt. Gleichzeitig erfolgte ein dritter französischer Angriff
in Richtung auf Aspach. Dieser Angriff sowie jener auf Ammerzweiler wurden bis
auf Sturmentfernung durchgeführt, brachen dann aber unter schweren Verlusten für
den Feind zusammen. Dagegen begann der bis an den Kanal vorgedrungene Feind sich
dort einzurichten, indem er die deutsche Feldwachtstellung umbaute, mitgebrachte
Pfähle einschlug, Drahtrollen entfaltete, auch Maschinengewehre auf Bäumen
sogleich in Stellung brachte. Der deutsche Führer hatte
mittlerweile den Gegenangriff befohlen, zu dem, weil die Reserven weiter
abstanden, Teile der zunächst zur Hand befindlichen Abschnittsreserven
eingesetzt wurden. Eine Landwehr- und eine Landsturm-Kompanie waren es, die sich
um 4 Uhr nachmittags dem Feinde entgegenwarfen, um ihm die verloren gegangene
Stellung zu entreißen Um 7 Uhr abends war die Stellung wiederum in deutscher
Hand. Die Sieger, Landwehr und Landsturm, konnten mit berechtigtem Stolze auf
die erbeuteten Trophäen - mehrere Maschinengewehre - sowie auf die gemachten
Gefangenen sehen. Um 4 Uhr nachmittags war ein
neuerlicher französischer Angriff auf die deutschen Stellungen im Hirzbacher
Walde erfolgt und abgeschlagen worden. Es war schon Nacht, als der
Feind um 9 Uhr 30 Minuten abends endlich einen letzten Versuch machte, um im
Hirzbacher Walde die Linie der Deutschen zu durchbrechen und die Kanalstellung
wieder zu erobern. Alle diese Angriffe wurden abgewiesen. Am nächsten Tage fand
man eine große Anzahl toter Franzosen vor den deutschen Stellungen. Im Gegensatz
zu den bei Tage unternommenen Angriffen waren die Nachtangriffe der Franzosen
sehr matt geführt. Die deutschen Soldaten hörten im Hirzbacher Walde, wie die
französischen Offiziere große Mühe hatten, ihre Leute überhaupt vorwärts zu
bringen.
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