Unsere
Unterseeboote bei der Arbeit
Amsterdam, 1.
Februar. (Priv.-Tel.)
Reuter meldet aus Paris:
Das Marineministerium teilt mit, daß das englische Dampfschiff
"Tako Maru" am Samstag morgen um 10 Uhr durch ein deutsches
Unterseeboot bei Kap Antifer torpediert wurde. Um 1 Uhr ist das englische
Dampfschiff "Ikaria" ebenfalls bei Kap Antifer torpediert worden.
Die "Ikaria" sank nicht, sondern sie wurde nach Havre geschleppt.
Nach einer anderen Reutermeldung flog das englische Dampfschiff "Tako
Maru" heute früh acht Meilen nordwestlich von Kap Heve in die
Luft. Die Ursache ist unbekannt. Ein Fischerdampfer rettete die Besatzung,
die aus 57 Personen bestand. Die "Tako Maru" hatte 97000 geschlachtete
Schafe an Bord, sowie eine Menge Kleider für belgische Flüchtlinge.
Die "Tako Maru" umfaßte 6084 Tonnen. Das Schiff hatte
eine Länge von 425 Fuß und war 1894 in Southampton gebaut.
Es gehörte nach London.
Aus Fleetwood meldet Reuter:
Die Überlebenden der "Bencruachan" und der "Linda
Blanche" erklären, daß die deutschen Offiziere sagten:
"Es tut uns leid, daß wir Sie belästigen müssen,
aber wir haben Befehl, jedes englische Schiff, das wir treffen, in den
Grund zu bohren." Der Kapitän des Fischdampfers "Niblick"
erklärte, daß er eine Kiste mit 40 Rettungsgürteln aufgefischt
habe, die keine Kennzeichen hatten, doch darauf hinwiesen, daß das
Schiff, welche sie an Bord hatte und unterging, von großen Dimensionen
gewesen sein müsse. Lloyds Bureau meldet, daß das Dampfschiff
"Kelcoan Carston" am 30. Januar, achtzehn Meilen nordwestlich
von Liverpool, zum Sinken gebracht wurde. Die Besatzung ist durch den
Küstendampfer "Gladys" an Land gebracht worden. Paris,
1. Februar. (Priv.-Tel.)
Das französische Marineministerium veröffentlicht folgende
Erklärung: "Bis jetzt haben die deutschen Seeleute aus ihrer
Selbstachtung heraus im allgemeinen die Handelsschiffe der Verbündeten
erst dann versenkt, nachdem sie die Besatzung gerettet oder sie ermächtigt
hatten, sich zu retten. Als Ausnahme von dieser Regel harten sie sich
nur das Verbrechen gegen den französischen Dampfer "Admiral
Ganteaume" vorzuwerfen, den sie auf der Höhe von Boulogne aus
einem Unterseeboot torpedierten, obwohl er mit belgischen Frauen und Kindern
gefüllt war. Der Dampfer konnte jedoch dank der Hilfe befreundeter
Schiffe, welche die meisten Passagiere retteten, die Küste erreichen.
Jetzt ist die deutsche Marine fest entschlossen, systematisch und freiwillig
das Völkerrecht zu verletzen. Die deutschen Seeoffiziere haben den
Befahl erhalten, nichts mehr zu achten und sich außerhalb der Gesetze
der Menschlichkeit zu stellen. So haben deutsche Unterseeboote am 30.
Januar ohne vorausgegangene Anzeige vier englische Handelsschiffe torpediert,
zwei in der Nähe von Havre, die beiden anderen in der Irischen See.
Die ganze Welt wendet sich mit Abscheu gegen eine solche Kriegführung,
die einer zivilisierten Nation unwürdig ist."
London, 1. Februar. (W. B.)
Auch die englische Admiralität veröffentlicht jetzt ein
Entrüstungscommunique gegen die deutsche Kriegführung zur See,
in dem es heißt, daß die deutsche Flotte offenbar entschlossen
sei, das Völkerrecht bewußt und systematisch zu verletzen.
Sie stelle sich durch das Torpedieren wehrloser Handelsschiffe außerhalb
der zivilisierten Gesellschaft. Die ganze Welt wurde von Abscheu erfüllt
durch die Taten, die einer zivilisierten Nation unwürdig seien.
Zu diesen Meldungen bemerkt die "Frankfurter Zeitung":
Deutsche Unterseeboote haben eine Anzahl englischer Handelsschiffe
teils versenkt, teils unbrauchbar gemacht. Vor einigen Tagen wurde ein
englisches Schiff in der Nordsee zwischen England und Holland versenkt;
jetzt ist dasselbe Schicksal anderen englischen Schiffen in der Irischen
See in der Nähe von Liverpool und im Kanal etwa 20 Kilometer nördlich
von Le Havre widerfahren. Also im Osten und Westen der englischen und
an der französischen Kanalküste, deren Schutz die englische
Flotte vertragsmäßig übernommen hat, haben deutsche Unterseeboote
angefangen, dem englischen Handel das zuzufügen, was England gegen
Deutschland beabsichtigt hat. Die Methode ist neu und in ihren Mitteln
drastisch, aber sie ist die richtige und wirksame Antwort auf die das
Völkerrecht brutal mißachtende Absperrungspolitik, die England
gegen uns ausübt und bei der es den Handel der Neutralen fast zu
Grunde richte. Eine Macht, die mit so kalter Rücksichtslosigkeit
ihren Krieg weniger mit der Waffe als mit dem Sovereign und allen anderen
Mitteln eines pfiffigen Krämers führt, kann man wirksam nur
bekämpfen, indem man mit gleicher Rücksichtslosigkeit jede wirksame
Waffe verwendet. Und daß die Unterseeboote eine wirksame Waffe sind,
das haben sie seit Beginn des Krieges gezeigt. Wenn wir sie aber zuerst
nur gegen Kriegsschiffe verwandten, so wird das Versenken von Handelsschiffen
einer Regierung, die ihre Hoffnungen noch mehr als auf die Waffen ihrer
Verbündeten auf eine systematische Aushungerung Deutschlands setzt,
vielleicht noch schmerzlicher und empfindlicher werden als die Vernichtung
von Kreuzern. Daß unsere Unterseeboote weit von ihrer Basis, fern
in westlichen Meeresteilen sich bemerkbar gemacht haben, wird den Engländern
zeigen, daß auch ihre Dreadnoughts, die sie vorsichtig in Sicherheit
gebracht haben, ihnen für die Beherrschung der Meereswege nicht mehr
genügen. Wir vermuten, daß das, was jetzt gemeldet wird, nur
ein Anfang ist, und die Handelsherren in Liverpool und in der Londoner
City, die Schiffe auf dem Meere schwimmen haben, werden erkennen müssen,
daß die Zeiten vorbei sind, in denen England Kriege führen
konnte, ohne von den Leiden der Kriege viel zu spüren. Je mehr England
die Schrecken der Kriege am eigenen Leibe spürt, um so besser für
den Frieden der Völker. Die entrüstete Erklärung des französischen
Marineministerium, das aus der Tätigkeit der deutschen Unterseeboote
ein neues "Greuel"-Register zu machen sucht, mag vielleicht
die schmerzbewegten Herzen der an ihrem Geldbeutel geschädigten Engländer
rühren, aber sonst kann sie keinen Eindruck machen. Schon deswegen
nicht, weil ihre Voraussetzung gar nicht zutrifft. Selbst das Reuterbureau
hat gemeldet, daß die Unterseeboote den Besatzungen der Schiffe
Zeit gelassen haben, sich zu retten. Herr Augagneur behauptet also eine
Unwahrheit, um sich entrüsten zu können. Wenn es ihm aber wirklich
um die Wahrung des Völkerrechts zu tun wäre, dessen er sich
in seiner Erklärung annimmt, dann hätte er die zahllosen Völkerrechtsbrüche
Englands verhüten müssen, gegen die das Vorgehen unserer Unterseeboote
lediglich eine auch nach dem Völkerrecht durchaus zulässige
und, wie wir hoffen, recht empfindliche Vergeltungsmaßregel ist. 2)
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