Der Weltkrieg am 19. Februar 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Tauroggen genommen

Großes Hauptquartier, 19. Februar.
Westlicher Kriegsschauplatz:
An der Straße Arras-Lille sind die Franzosen aus dem von ihnen am 16. besetzten Teil unseres Grabens hinausgeworfen.
In der Champagne gingen die Franzosen erneut zum Teil mit starken Massen vor. Ihre Angriffe brachen unter unserem Feuer völlig zusammen; weitere 100 Gefangene blieben in unserer Hand. Die von den Franzosen am 16. eroberten kurzen Grabenstücke sind zum Teil von uns wiedergenommen
Bei dem gemeldeten französischen Angriff gegen Boureuilles - Vauquois machten wir 5 Offiziere und 479 Mann unverwundet zu Gefangenen.
Östlich Verdun, bei Combres, wurden die Franzosen nach anfänglichen Erfolgen unter schweren Verlusten zurückgeschlagen.
In den Vogesen erstürmten wir die Höhe 600 südlich Lusse und eroberten zwei Maschinengewehre.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Tauroggen ist gestern von uns genommen. Die Verfolgungskämpfe nordwestlich Grodno und nördlich Suchawola stehen vor ihrem Abschluß.
Der Kampf nordwestlich Kolno dauert noch an.
Südlich Myszyniec warfen wir die Russen aus einigen Ortschaften.
In Polen nördlich der Weichsel fanden beiderseits der Wkra östlich Racionz kleinere Zusammenstöße statt.
Aus Polen südlich der Weichsel nichts Neues.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Noch ein deutsches Luftschiff verloren

Berlin, 19. Februar. (W. B.)
In dem schweren Südsturm, dem am 17. Februar das Luftschiff "L 3" zum Opfer fiel, ist, wie wir erfahren, auch das Luftschiff "L 4" verloren gegangen Es ist infolge von Motorschaden bei Blaavands-Huk in Dänemark gestrandet und später nach See abgetrieben. Von der Besatzung sind elf Mann gerettet, darunter der Kommandant, vier werden vermißt. Die Geretteten sind vorläufig in Vaarde untergebracht worden.
2)

 

Der Austausch der Schwerverwundeten

Berlin, 19. Februar.
Der Austausch der schwerverwundeten Deutschen und Engländer hat am 15. und 16. Februar stattgefunden. Die niederländische Regierung hatte in entgegenkommender Weise ihr Rotes Kreuz-Personal und ihre Lazarettzüge zur Verfügung gestellt. Erfreulicherweise kann festgestellt werden, daß sowohl die zurückgekehrten Deutschen wie auch die abgereisten Engländer einstimmig erklärt haben, daß ihre Behandlung in Deutschland bzw. in England in jeder Beziehung einwandfrei gewesen ist. Der in der Unterhaussitzung vom 15. Februar von dem Minister Churchill der deutschen Regierung gemachte Vorwurf, daß ihre Zustimmung für den Austausch zu spät abgegeben worden sei, trifft nicht zu. Deutschland hat bereits vor mehreren Monaten sein grundsätzliches Einverständnis in dieser Frage erklärt. Der Termin des Austausches (der 15. und 16. Februar) ist dann sogleich festlegt und der englischen Regierung übermittelt worden, als deren Vorschläge hier eingegangen waren. Der Austausch der schwerverwundeten Franzosen kann leider noch nicht stattfinden, da die Zustimmung Frankreichs immer noch aussteht.
2)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Eine Waffentat Tiroler Kaiserjäger -
Beschießung von Belgrad

Wien, 19. Februar, mittags.
Amtlich wird verlautbart:
An der Front in Russisch-Polen herrschte gestern lebhaftere Gefechtstätigkeit, da die Russen zur Verschleierung von Bewegungen hinter der Gefechtslinie ihr Artillerie- und Infanteriefeuer verstärkten. Hieraus entwickelten sich in mehreren Abschnitten Gefechtsaktionen, die zur Vertreibung vorgeschobener russischer Abteilungen führten.
In Westgalizien gingen Teile unserer Gefechtsfront zum Angriff über und nahmen einige Vorstellungen der feindlichen Schützenlinie. In ihrem Gefechtsabschnitt erstürmten die Tiroler Kaiserjäger in überraschendem Anlauf eine vom Gegner seit Wochen befestigte und mit Hindernissen umgebene Ortschaft und nahmen 300 Mann gefangen.
Die Kämpfe in den Karpathen wurden mit großer Hartnäckigkeit weitergeführt. Nördlich Nadworna und Kolomea wiesen unsere Truppen Vorstöße der Russen unter großen Verlusten des Gegners zurück. Die Kämpfe nehmen an Heftigkeit zu.
Am südlichen Kriegsschauplatz haben die Serben in letzter Zeit wiederholt offene Städte an unserer Grenze mit Geschütz beschossen. So wurden auf Semlin am 10. Februar zirka 100 Schüsse aus schweren Geschützen abgegeben. Hierdurch wurden mehrere Gebäude, darunter das Hauptpostamt, beschädigt, Zivilpersonen verwundet, auch zwei Kinder getötet. Am 17. Februar wurde Mitrowitza beschossen. Das Kommando der Balkanstreitkräfte hat hierauf Belgrad durch schweres Geschütz kurze Zeit bombardieren lassen und durch einen Parlamentär den Höchstkommandierenden verständigt, daß in Zukunft jede Beschießung einer offenen Stadt mit einem gleichen Bombardement beantwortet werden wird.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Der türkische Heeresbericht:

Beschießung der Dardanellen

Konstantinopel, 19. Februar. (W. B.)
Das Hauptquartier teilt mit:
Heute früh beschossen englische und französische Schiffe die Außenforts der Dardanellen. Sie gaben ungefähr 400 Schüsse ab, konnten aber keinen Erfolg erzielen. Ein einziger Soldat wurde durch abgesprengtes Gestein leicht am Bein verletzt.
2)

 

Besuch des deutschen Reichskanzlers in Österreich

Reichskanzler v. Bethmann Hollweg

Reichskanzler v. Bethmann Hollweg

Wien, 19. Februar. (Priv-Tel.)
Der Minister des Äußern, Baron Burian, begibt sich heute Abend ins österreichische Hauptquartier, wo morgen früh auch der Deutsche Reichskanzler v. Bethmann Hollweg in Begleitung des Gesandten v. Stumm eintrifft, um den Besuch zu erwidern, den Burian im deutschen Hauptquartier abgestattet hat. Der Besuch des deutschen Reichskanzlers wird hier mit der größten Sympathie begrüßt, wobei mit besonderer Genugtuung betont wird, daß zum erstenmal seit dem Kriegsbeginn Herr v. Bethmann auf dem Boden der Monarchie weilt, und die Zusammenkunft gerade in dem Raume erfolgt, wo die Waffenbrüderschaft der verbündeten Heere den sinnfälligsten Ausdruck findet.
2)

 

Der 1. Weltkrieg im Februar 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1915)

 

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