Der Weltkrieg am 1. März 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Gescheiterter Durchbruchsversuch der Franzosen

Großes Hauptquartier, 1. März.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Bei Wervicq nördlich Lille wurde ein englisches Flugzeug durch unsere Beschießung zum Landen gezwungen. An einer Stelle unserer Front verwendeten die Franzosen wiederum, wie schon vor einigen Monaten, Geschosse, die bei der Detonation übelriechende Gase entwickeln. Schaden wurde dadurch nicht angerichtet.
Unsere Stellungen in der Champagne wurden gestern mehrfach von mindestens zwei Armeekorps angegriffen. Die Vorstöße wurden nach heftigen Nahkämpfen restlos abgeschlagen.
In den Argonnen erbeuteten wir zwei Minenwerfer.
Zwischen dem Ostrand der Argonnen und Vauquois setzten die Franzosen gestern fünfmal zu einem Durchbruchsversuch an. Die Angriffe scheiterten unter schweren Verlusten des Feindes.
Die östlich Badonviller von uns genommenen Stellungen wurden auch gestern gegen feindliche Wiedereroberungsversuche gehalten.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Russische Angriffe nördlich Lomza und nordwestlich Ostrolenka wurden abgewiesen.
Sonst nichts Wesentliches.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

2000 Russen in den Karpathen gefangen

Wien, 1. März.
Amtlich wird verlautbart:
Erfolgreiche Kämpfe im westlichen Abschnitt der Karpathenfront brachten mehrere russische Vorstellungen in unseren Besitz. 19 Offiziere, 2000 Mann wurden hierbei gefangengenommen, viel Kriegsmaterial erbeutet.
Im Raume südlich des Dnjestr sind nach Einpressen russischer Verstärkungen erbitterte Kämpfe im Gange. Alle feindlichen Angriffe, die auf unsere Stellungen versucht wurden, scheiterten unter den schwersten Verlusten des Gegners.
In Polen und Westgalizien fanden auch gestern nur Geschützkämpfe statt.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Die Schandtaten der Russen in der Bukowina

Kriegspressequartier, 1. März. (Priv.-Tel.)
Während meiner nun abgeschlossenen Bereisung der Bukowina auf verschiedenen Linien war ich bemüht, die im Kriege stets vorkommenden Übertreibungen der Schandtaten des Feindes objektiv zu prüfen. Die von mir eingesehenen Protokolle, mit deren Aufnahme alle zuständigen Behörden der Bukowina noch sehr beschäftigt sind, sowie mündliche Angaben der Gendarmerieoffiziere haben leider furchtbare Tatsachen ergeben. In Czernowitz wurden noch zur Zeit der dortigen Russenherrschaft 142 Protokolle über Raub, schwere Verletzungen und Schändung aufgenommen, die sämtlich kein Eingreifen der russischen Behörde bewirkten. Auf Beschwerde wurde erklärt, man solle froh sein, daß überhaupt Protokolle aufgenommen werden. In der Stadt waren das Judenviertel, die Offizierswohnungen und die Villenstadt, in der viele Beamte wohnten, die beliebtesten Gegenden für schwere Exzesse. Besonders die Bahnhofstraße, die Judengasse und die Springbrunnengasse wurden heimgesucht. In Sadagora und der Vorstadt nördlich des Pruth, in Sucka, wurde am Tage des letzten Abzuges, am 17. Februar, noch ein Pogrom veranstaltet, wobei vier Juden getötet wurden, einer darum, weil er seine junge Frau vor der Schändung bewahren wollte. Bei Sereth wurde sogar der griechisch-orientalische Pfarrer geprügelt, an einen Baum gebunden und dann gezwungen, der Schändung seiner eigenen Frau zuzusehen. In Jablonitza wurde ein Haus angezündet und verboten, etwas daraus zu retten. Der unglückliche Besitzer, ein Jude, holte sich, um in der kalten Nacht nicht zu erfrieren, trotzdem zwei Decken. Er wurde gekreuzigt und ein Posten bis zum Eintritt des Todes aufgestellt. Es ist dies das Dorf am Bialy-Czeremos, nicht das unweit gelegene Jablonica am Tatarenpaß. Der grauenhafteste Mord wurde aber am 14. Februar an dem reichsten Bürger von Storozynetz südlich Czernowitz begangen. Er wurde nachts ohne Angabe eines Grundes aus dem Bette geholt, am Morgen von vier Soldaten abgeführt und gehängt, der Strick riß jedoch, worauf Isaak Zellermayer der Hals durchschnitten wurde. Dann stachen die Russen der Leiche die Augen aus, beraubten sie und ließen sie nackt im Schnee liegen. Ich selbst habe in Storozynetz noch einen Zettel auf einer Telegraphenstange kleben gesehen, wo aus Todesangst vor den Russen nur gesagt war: "Ein jähes Geschick hat ihn uns plötzlich entrissen." Dies einige Beispiele der Bestialität russischer Truppen in der Bukowina. Ausdrücklich muß ich aber hervorheben, daß sich die Turkmenen unter den Russen musterhaft benommen haben. Sie sagen, ihre Religion verbiete ihnen jede Gewalttat an der unschuldigen Bevölkerung.

Frhr. Kurt v. Reden,
Kriegsberichterstatter.
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Die Beschießung der Dardanellen

London, 1. März. (Priv.-Tel.)
Die englische Admiralität gibt nach einer Reuterdepesche über die Beschießung der Dardanellen folgendes bekannt:
"Bei der Beschießung der Dardanellenforts am 25. Februar wurden vier Forts am Eingang vom französischen und englischen Geschwader zum Schweigen gebracht. Darauf wurden vier englische Meilen der Meerenge von Minen gesäubert. Am 26 Februar fuhren drei englische Schlachtschiffe in die Meerenge und beschossen das Fort Dardanus. Es wurden Landungstruppen bei Kum-Kale und Sedulbahr ausgeschifft, welche die Vernichtung der Forts vollendeten. Die Geschütze in den Forts am Eingang der Meerenge wurden ebenfalls vernichtet. Unsere Verluste betragen 4 Tote, 8 Verwundete".
Ferner heißt es in der Mitteilung der englischen Admiralität:
"Der Eingang der Dardanellen wurde verteidigt von den vier wichtigsten Forts, der Batterie auf Kap Helles, den Forts von Sedulbahr, Orkhanieh und Kum-Kale. Da das Wetter sich aufklärte, wurde am Donnerstag morgen, obwohl der Wind von Südwesten ging, der Angriff auf die genannten Forts wieder aufgenommen. Die Schiffe "Queen Elizabeth", "Agamemnon" und "Gaulois" beschossen längere Zeit die Forts mit schweren Geschützen. Die Batterie von Kap Helles antwortete. Eine Granate traf auf 11000 Yards Entfernung den "Agamemnon". Sie tötete drei Mann und verwundete fünf schwer. Die Panzerschiffe "Irresistible" und "Gaulois" unterhielten ein wohlgezieltes Feuer auf die Forts Orkhanieh und Kum-Kale. "Queen Elizabeth" beschoß mit großer Genauigkeit Kap Helles und brachte die dortigen Geschütze zum Schweigen. "Vengeance" und "Cornwallis" fuhren darauf unter dem Schutze der weittragenden Geschütze näher heran und bombardierten Kap Helles aus nahem Abstande. Die Vernichtung der Batterien von Kap Helles war hiermit vollzogen, während Orkhanieh und Kum-Kale sehr langsames und ungenau gerichtetes Feuer eröffneten. Nachdem am 26. Februar schon die Meerenge auf eine Strecke von vier Meilen von Minen gesäubert worden war, tauchten "Albion" "Majestic" und "Vengeance" bis zum Ende der gesäuberten Strecke auf. Sie beschossen das Fort Dardanus und die auf dem asiatischen Ufer aufgestellten Batterien. Die Türken beantworteten das Feuer erfolglos. Nachdem sie von der Meerenge her beschossen wurden, zogen die Türken sich aus den Eingangsforts zurück. Am Nachmittag landeten "Vengeance" und "Irresistible" Truppen bei Kum-Kale und Sedil-bahr. Kum-Kale ist teilweise, Helles, Sedulbahr, Orkanieh vollkommen zerstört. Die Türken zogen sich auf der asiatischen Seite über die Brücke des Mendereflusses zurück, die teilweise zerstört ist. Zwei neue 11 Zentimeter-Geschütze, die beim "Grab des Achilles" aufgestellt waren, und vier Nordenfelt-Geschütze, die den Eingang der Dardanellen beherrschten, wurden vernichtet. Die französischen Schiffe "Suffren" und "Charlemagne" griffen darauf Orkanieh und Kum-Kale an und näherten sich den Forts bis auf 2 Kilometer. Als sie bemerkten, daß die Forts nicht mehr widerstandsfähig seien, wurden "Vengeance", "Triumph" und "Albion" beauftragt, sie völlig zu zerstören, was um ½5 Uhr erledigt war."

Die "Frankfurter Zeitung" bemerkt dazu:
Ähnliche Depeschen werden auch von Havas und aus Athen verbreitet. Aber aus all diesen Quellen spricht die Stimmung der Ententemächte und sprechen noch viel mehr die politischen Absichten der Ententemächte. Mit ihren in die Welt gekabelten Erfolgen in den Dardanellen wollen sie über die Niederlage hinwegtäuschen, die eben noch dem russischen Heere in Masuren zugefügt worden ist. Aber wenn auch wirklich die Meldungen von Reuter und Havas zutreffend sein sollten, was nach den Erfahrungen mit diesen beiden Depeschen-Bureaus mit gutem Recht bezweifelt werden kann, so bedeutet das noch lange nicht, daß die Forcierung der Dardanellen der englisch-französischen Flotte gelingen werde, denn die äußeren Forts sind die schwächsten und sind am meisten der Beschießung durch schwere Schiffsgeschütze ausgesetzt. Die eigentliche Schwierigkeit für die englisch-französische Flotte beginnt erst, wenn sie ihre Operationen in der Enge der Dardanellenstraße ausführen muß, wo die Bewegungsfreiheit der Schiffe außerordentlich stark beeinträchtigt ist.
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Der Austausch der Invaliden

Bern, 1. März. (Priv.-Tel.)
Der Transport der zum Austausch gelangenden französischen und deutschen invaliden Kriegsgefangenen ist nunmehr endgültig geregelt. Zum Austausch gelangen 1800 französische Schwerverwundete und 800 deutsche Schwerverwundete. Die geringere Zahl der deutschen entspricht der geringeren Zahl der deutschen Kriegsgefangenen überhaupt.

Genf, 1. März. (Priv.-Tel.)
Der Chefarzt des Schweizer Roten Kreuzes sowie die hiesige Sektion desselben wurden mit der Organisierung des Durchtransportes der kriegsinvaliden Gefangenen beauftragt. Die Vorbereitungen sind bereits getroffen. Am Bahnhof wurde ein Gabenbüfett errichtet. Der ganze Dienst untersteht militärischer Leitung. Der Bahnhof wird militärisch abgesperrt. Niemand hat Zutritt zu den Invaliden. Briefe werden ihnen in den Lazarettzügen ausgehändigt.

Karlsruhe, 1. März. (Priv.-Tel.)
Der erste Zug der bisher in Frankreich untergebrachten schwerverwundeten deutschen Kriegsgefangenen (Austauschgefangenen) wird am Mittwoch in Karlsruhe eintreffen. Nach Baden kommen später insgesamt über 2000 Verwundete, von denen etwa 800 in Karlsruhe untergebracht werden.
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Der 1. Weltkrieg im März 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1915)

 

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