Der Weltkrieg am 28. Februar 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 
Bréménil

 Der deutsche Heeresbericht:

Bedeutende Erfolge in den Vogesen und bei Verdun

Großes Hauptquartier, 28. Februar.
Westlicher Kriegsschauplatz:
In der Champagne setzte der Gegner auch gestern seine Vorstöße fort. Die Angriffe wurden in vollem Umfange abgewiesen.
Südlich Malancourt (nördlich Verdun) erstürmten wir mehrere hintereinander liegende feindliche Stellungen. Schwache französische Gegenangriffe scheiterten und wir machten 6 Offiziere, 250 Mann zu Gefangenen und eroberten vier Maschinengewehre und einen Minenwerfer.
Am Westrand der Vogesen warfen wir nach heftigem Kampfe die Franzosen aus ihren Stellungen bei Blamont-Vionville. Unser Angriff erreichte die Linie Verdinal-Bréménil - östlich Badonviller - östlich Celles; durch ihn wurde der Gegner in einer Breite von 20 Kilometer und einer Tiefe von 6 Kilometer zurückgedrängt. Die Versuche des Feindes, das eroberte Gelände wieder zu gewinnen, mißlangen unter schweren Verlusten.
Ebenso wurden feindliche Vorstöße in den Südvogesen abgewiesen.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Nordwestlich Grodno waren gestern neue russische Kräfte vorgegangen. Unser Gegenstoß warf die Russen in die Vorstellungen der Festung zurück. 1800 Gefangene blieben in unserer Hand.
Nordwestlich Ostrolenka wurde am Omulew ein feindlicher Angriff abgewiesen. Vor überlegenen feindlichen Kräften, die von Süden und Osten auf Prasznysz vorgingen, sind unsere Truppen in die Gegend nördlich und westlich dieser Stadt ausgewichen.
Südlich der Weichsel nichts Neues.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Die geringen Verluste in der Winterschlacht in Masuren

Berlin, 28. Februar. (Amtlich.)
Nach einer Behauptung der "Londoner Central News" soll der deutsche Botschafter in Rom erklärt haben, daß wir in Ostpreußen an Toten und Verwundeten 100000 Mann verloren hätten. Das englische Blatt knüpft an diese Selbstverständlich in allen Punkten erfundene Meldung den Zusatz, daß der deutsche Erfolg somit in keinem Verhältnis zu den gebrachten Opfern stehe. Das letzte trifft zu, allerdings nicht in dem Sinne der "Central News" Die große Eile, mit der sich die russische zehnte Armee der deutschen Umklammerung zu entziehen suchte, hat zur Folge gehabt, daß unsere Truppen nur auf einzelnen Teilen der Kampffront mit dem Feinde in so enge Gefechtsberührung gekommen sind, wie sie es in dem sicheren Gefühl ihrer Überlegenheit erhofft hatten. Da, wo der Gegner standhielt, ist er dieser Überlegenheit zum Opfer gefallen. Im übrigen aber haben wir die in der Kriegsgeschichte einzig dastehende Winterschlacht vornehmlich durch Überraschung und Schnelligkeit gewonnen. So kommt es, daß unsere Gesamtverluste mit dem glänzenden Ergebnis des Sieges tatsächlich im Mißverhältnis stehen. Sie sind ganz ungewöhnlich gering und betragen noch nicht ein Sechstel der von der "Central News" erwähnten Zahl. Daß die Verluste überdies zum großen Teil nur auf vorübergehenden Ausfällen durch Marschkrankheit beruhen, ist nicht nur sehr erfreulich, sondern zeigt auch von der rücksichtslosen Entschlossenheit unserer Verfolgung.
1)

 

Des Kaisers Dank an Hindenburg und Ludendorff

Berlin, 28. Februar.
Dem Generalfeldmarschall v. Hindenburg ist seine Ernennung zum Chef des 2. Masurischen Infanterieregiments Nr. 147 in nachstehender Weise am 23. Februar von Seiner Majestät bekanntgegeben worden:

"Mein lieber Generalfeldmarschall!

Nach dem glorreichen Verlauf der Winterschlacht in Masuren, in der unter Ihrer bewährten, meisterhaften Leitung Mein unvergleichlich tapferes Ostheer dem Feind den letzten Fußbreit des heimatlichen Bodens entrissen und seine Armee, weit in das eigene Land treibend, vernichtend geschlagen hat, ist es Mir dringendstes Bedürfnis, zu danken für alles das, was Sie und die braven Truppen jetzt wieder für das Vaterland geleistet haben. Ich will Meinem königlichen Dank aber noch dadurch besonderen Ausdruck geben, daß Ich Ihnen das Eichenlaub zum Orden Pour le mérite verleihe und Sie ferner unter Belassung a la suite des 3. Garderegiments zu Fuß zum Chef des 2. Masurischen Infanterieregiments Nr. 147 ernenne. In der Wahl dieses Regiments, das sich bei den Kämpfen im Osten unvergängliche Lorbeeren errungen hat, werden Sie ersehen, wie dankbaren Herzens Ich Ihre Verdienste um die Befreiung Ostpreußens von dem feindlichen Einfall anerkenne.
Gott sei auch ferner mit unserer gerechten Sache und schenke uns noch viele
solche Siege. 

Wilhelm."

Auch der Chef des Stabes beim Generalfeldmarschall v. Hindenburg Generalleutnant Ludendorff erfuhr am gleichen Tage die Verleihung des Eichenlaubs
zum Orden Pour le mérite von Seiner Majestät durch ein persönliches Telegramm
folgenden Wortlauts:

"Aus Anlaß des herrlichen Sieges über das noch jüngst in Ostpreußen stehende Russenheer spreche Ich, Mein lieber Generalleutnant Ludendorff, Ihnen, dem treuen, unermüdlichen Generalstabschef des Oberbefehlshabers der gesamten deutschen Streitkräfte im Osten, Meinen königlichen Dank für Ihre hervorragende Anteilnahme an dem Gelingen des so großzügig angelegten und glücklich durchgeführten Unternehmens aus. Ich verleihe Ihnen hiermit das Eichenlaub zum Orden Pour le mérite, eine Auszeichnung, deren Sie sich mit berechtigtem Stolz erfreuen können. 

Wilhelm."

(Norddeutsche Allgemeine Zeitung.)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Fortdauer der Karpathenschlacht

Wien, 28. Februar.
Amtlich wird verlautbart:
In Polen und Westgalizien hat sich nichts Besonderes ereignet. Es fanden nur Artilleriekämpfe statt.
An der Karpathenfront und im Raume von Wyschkow sowie südlich des Dnjestr wird gekämpft. Die Situation hat sich in den letzten Tagen nicht geändert.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

 

Russische Kampfweise

Wien, 28. Februar. (W. B.)
Amtlich wird von dem Armeeoberkommando mitgeteilt:
Zur Charakterisierung der russischen Kampfweise sei erwähnt, daß in der letzten Zeit russische Soldaten als Frauen verkleidet von guten Aussichtpunkten aus auf unsere Truppen gefeuert haben. Diese bis jetzt noch nicht praktizierte Art der Verkleidung russischer Armeeangehörigen, die also Weiberkittel benützen, um den Feind zu täuschen, ist gewiß wenig ruhmvoll. Den Abteilungen des Feindes, deren Soldaten in Frauenkleidern kämpfend gefangen genommen werden, wird die Ausübung dieser Kriegslist gewiß nicht zur Ehre gereichen. Natürlich wird jeder feindliche Soldat, der in solch unwürdiger Verkleidung in unsere Hände fällt, erschossen.
2)

 

Der 1. Weltkrieg im Februar 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1915)

 

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