Der Weltkrieg am 16. März 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Englische Niederlage bei St. Eloi

Großes Hauptquartier, 16. März.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Die englische Höhenstellung bei St. Eloi, südlich von Ypern, um die seit vorgestern gekämpft wurde, ist in unseren Händen.
Am Südhang der Lorettohöhe, nordwestlich von Arras, wird um eine vorspringende Bergnase gekämpft.
In der Champagne brachen mehrere französische Teilangriffe in unserem Feuer unter starken Verlusten zusammen. Nördlich von Beau Séjour entrissen unsere Truppen den Franzosen mehrere Gräben.
In den Argonnen und am Ostrande derselben kam es zu Gefechten, die noch andauern.
In den Vogesen wird an einzelnen Stellen weitergekämpft.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Beiderseits des Orzyc, nordöstlich von Prasznysz, griffen die Russen an. Sie wurden überall abgewiesen. Besonders erbittert war der Kampf um Jednorozek. 2000 russische Gefangene blieben in unserer Hand.
Südlich der Weichsel ist nichts zu melden.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

S. M. S. "Dresden"
S. M. S. "Dresden"

Das Ende der "Dresden"

Berlin, 16. März. (W. B.)
Amtlich wird von der britischen Admiralität bekanntgegeben, daß die englischen Kreuzer "Kent" "Glasgow" und der Hilfskreuzer "Orama" im Stillen Ozean bei der Insel Juan Fernandez auf S. M. kleinen Kreuzer "Dresden" gestoßen sind. Nach kurzem Kampf geriet die "Dresden" durch Explosion einer Munitionskammer in Brand und sank. Die Besatzung soll von den englischen Kreuzern gerettet worden sein.

Die "Frankfurter Zeitung" bemerkt dazu:
Mit dem kleinen Kreuzer "Dresden" ist das letzte von den fünf deutschen Schiffen untergegangen, die an dem Kampf bei den Falklandsinseln am 8. Dezember letzten Jahres teilgenommen haben. Über drei Monate hat seither die Hetzjagd auf das deutsche Schiff gedauert und seit Kriegsbeginn, seit mehr als sieben Monaten, war die "Dresden" in aufreibender Fahrt über die Meere gekreuzt, in ständiger Kampfbereitschaft, in rastloser, treuer Arbeit für die Ehre der deutschen Flagge und zum Schaden unserer Feinde. Am 12. Dezember, also nach der Schlacht, hatte das Schiff in Punta Arenas gelegen, wie uns ein Brief aus Chile vor einiger Zeit gemeldet hat, und hatte dort neuen Proviant, die reichliche Post und die Liebesgaben an Bord genommen, die für unser Geschwader bereitlagen. Wohl zum letzten Mal.
Das Schiff ist zerstört und gesunken. Die Mannschaft hat in diesem halben Jahr Ungeheures geleistet. Wir sind stolz auf sie und freuen uns, daß die englische Meldung verkünden kann, die Besatzung sei gerettet. Die "Dresden" hat ihr Äußerstes hergegeben und hat die sichere Erwartung, sie könne sich ihren Verfolgern gegenüber nach dem 8. Dezember nur auf Stunden oder auf Tage halten, weit übertroffen. Ihr letzter Kampf war kurz. Das Schiff stand gegen eine unüberwindliche Übermacht. Zudem mag wohl unserem Kreuzer in diesem aussichtslosen Gefecht die Munition nach wenigen Schüssen ausgegangen sein, sie hat über ein halbem Jahr gereicht, zu Kreuzfahrten und zum erfolgreichen Kreuzerkrieg, und diese Taten brachten unseren Leuten von der ,"Dresden" großen Ruhm und lassen uns den Verlust verschmerzen.
Der kleine Kreuzer "Dresden" war 1907 vom Stapel gelaufen. Seine Wasserverdrängung betrug 3650 Tonnen. Die Geschwindigkeit war 24,5 Seemeilen, die Armierung zwölf 10,5 Ztm.-Kanonen und die Besatzung zählte 361 Mann. Die Juan Fernandez-Inseln liegen etwa 600 bis 700 Kilometer westlich der chilenischen Küste, auf der Höhe von Santiago.
2)

 

Das letzte Opfer der "Dresden"

Berlin, 16. März. (Priv.-Tel.)
An der südamerikanischen Küste ist, wie gemeldet wird, das englische Schiff "Corneal-y-Castle" von dem deutschen Kreuzer "Dresden" in den Grund gebohrt worden.

Paris, 16. März (Priv.-Tel.)
Laut einer Meldung des "Temps" war der von dem deutschen Kreuzer "Dresden" versenkte englische Segler "Corneal-y-Castle" (1954 Tonnen) am 15. Februar mit einer Getreideladung von Valparaiso nach Liverpool in See gegangen. Die Mannschaft wurde von einer peruanischen Dreimasterbarke aufgenommen und ist jetzt in Valparaiso an Land gebracht worden.
2)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Russischer Durchbruchsversuch bei Kolomea abgeschlagen

Wien 16. März.
Amtlich wird verlautbart.
Angriffe stärkerer feindlicher Infanterie auf unsere Stellungen östlich Sulejow und bei Lopuszno an der Front in Polen wurden abgewiesen. Ebenso scheiterten mehrere Nachtangriffe, die die Russen im Raum bei Gorlice durchführten. Bei Abwehr dieser Angriffe brachte die eigene Artillerie durch flankierendes Feuer auf nächste Distanz dem Feinde schwere Verluste bei.
In den Karpathen hielt gestern an dem größten Teil der Front nur Geschützkampf an. Auch in den Stellungen nördlich des Uzsoker Passes herrschte durch die Ereignissen des 14. dieses Monats verhältnismäßige Ruhe. Der Gegner hatte in den Kämpfen dieser Tage große Verluste erlitten. Von den vordersten russischen Abteilungen wurden 2 Bataillone vernichtet, 11 Offiziere, 650 Mann gefangen und 3 Maschinengewehre erbeutet. In der Gegend nordwestlich Wyschkow eroberten eigene Abteilungen eine Höhe, nahmen 380 Mann gefangen und hielten trotz wiederholter russischer Gegenangriffe die gewonnene Stellung.
Die Schlacht südlich des Dnjestr dauert an. Der von starken russischen Kräften auf die Höhen östlich Ottynia in der Richtung Kolomea versuchte Durchbruch wurde in mehrtägigen erbitterten Kämpfen unter großen Verlusten des Feindes zurückgeschlagen. Nach Eintreffen weiterer Verstärkungen ging der Gegner abermals auf diese Höhen vor, griff in dichten Massen im Laufe des Nachmittags dreimal unsere vorgehenden Kräfte an und erlitt wieder schwere Verluste. Das Infanterie-Regiment General der Kavallerie Dankl Nr. 53 hielt wiederholt dem Ansturm überlegener feindlicher Kräfte heldenmütig stand. Alle Angriffe wurden blutig abgewiesen.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Der Kampf um die Dardanellen

Konstantinopel, 16. März. (W. B )
In den letztem Tagen haben nur unbedeutende Unternehmungen der verbündeten Flotte bei den Dardanellen stattgefunden. Die Tätigkeit der feindlichen Linienschiffe beschränkte sich auf Demonstrationen. Zwei neue Versuche des Gegners, durch nächtliche Vorstöße von Kreuzern und Zerstörern an die äußersten Sperren heranzukommen und die Minen wegzuräumen, wurden durch die Wachsamkeit und das wirksame Feuer der Verteidiger vereitelt.
Die durch die gegnerische Presse verbreiteten Nachrichten über eine Landung und Erfolge feindlicher Streitkräfte bei Smyrna sind frei erfunden. Die bisherige Sorglosigkeit der verbündeten Flotte scheint nach dem erfolgreichen Vorstoß türkischer Seestreitkräfte beeinträchtigt. Die Stimmung in Konstantinopel ist vollkommen ruhig. Die Bevölkerung ist fast gleichgültig geworden gegen die Blockade der Dardanellen.
2)

 

Das Elend in Serbien

Kristiania, 16. März. (Priv.-Tel )
Wie "Aftenposten" aus Paris berichtet, kam dort von Serbien und Montenegro die norwegische Rote Kreuz-Schwester Steen an. Sie ist beauftragt, in Amerika für das serbische Rote Kreuz Mittel zur Anschaffung von Medikamenten zur Bekämpfung epidemischer Krankheiten zu sammeln. Sie berichtet, in Serbien und Montenegro herrsche die größte Not unter der Zivilbevölkerung. Die Kriegsverwundeten könnten in den meisten Fällen nicht die notwendige Pflege erhalten. Es herrsche großer Mangel an Serum und antiseptischen Mitteln.

London, 16. März. (W. B )
"Daily Chronicle" macht einige Mitteilungen aus einem Briefe Sir Thomas Liptons an das britische Rote Kreuz über die Lage in Serbien. Es sei unmöglich, die schreckliche Lage zu schildern, in der das Land infolge von Armut und Krankheit sich befindet. Die Hospitäler sind überall voll Typhuskranker. Dr. Ryan, der die amerikanische Abteilung leitet und etwa 2990 Kranke versorgt, meint, dass, wenn nicht bald etwas geschieht, um die Ausbreitung des Typbus zu verhindern, das Land über die Hälfte seiner Bevölkerung verliert. In dem Hospital in Gewgheli fehlt es an Matratzen und Decken. Die Kranken liegen in Kleidern. Sieben von den zwölf Krankenschwestern und drei von den sechs Ärzten sind an Typhus erkrankt. Nisch ist voller Krankheit, meist Typhus. Die Hospitäler sind überfüllt. Auch in Belgrad herrscht der Typhus, obwohl nicht so schlimm wie in Nisch. In dem serbischen Hauptquartier in Kragujewatz wütet eine schwere Typhusepidemie. Das Hospital in der Gendarmeriekaserne hat 600 Kranke und eine Schwester Ihre einzige Unterstützung sind österreichische Gefangene. Es herrscht Mangel an Arzneien, Decken und allem, was zur Krankenpflege gehört. Die gleichen Zustände herrschen im ganzen Lande. Es besteht großer Mangel an Hospitälern, so daß es unmöglich ist, die Typhusfälle zu isolieren.
Lipton schließt, wohl kein Land befinde sich in so gefährlicher Lage.
2)

 

Der 1. Weltkrieg im März 1915

ZURÜCK   HAUPTSEITE   WEITER

 

Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1915)

 

© 2005 stahlgewitter.com