Der Weltkrieg am 19. März 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Schwere feindliche Verluste in der Champagne und in Polen

Großes Hauptquartier, 19. März.
Westlicher Kriegsschauplatz:
In der Champagne scheiterten wieder zwei französische Teilangriffe, nördlich von Le Mesnil und nördlich von Beau Séjour; zwei Offiziere, 70 Franzosen wurden gefangengenommen. Nach schweren Verlusten zog sich der geschlagene Feind in unserem erfolgreichen Feuer in seine Stellungen zurück.
Südöstlich von Verdun machten die Franzosen mehrere Vorstöße. In der Woëvre-Gegend wurden sie abgewiesen, am Ostrande der Maashöhen wird noch gekämpft.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Die Lage bei Memel ist noch nicht geklärt; anscheinend sind schwache russische Abteilungen in Memel eingedrungen. Gegenmaßregeln sind getroffen.
Sämtliche russische Angriffe zwischen Pissek und Orzyc sowie nordöstlich und westlich von Prasznysz wurden abgeschlagen, zum Teil unter sehr schweren Verlusten für den Feind.
Die Verhältnisse südlich der Weichsel sind unverändert.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Bombenwürfe auf Schlettstadt

Straßburg, 19. März. (Priv.-Tel.)
Das "Schlettstadter Tagblatt" schreibt:
Gegen 4 Uhr nachmittags, kurz vor Schulschluß, erschien ein feindlicher Flieger über Schlettstadt. Er warf sechs Bomben ab und zwar auf die Fabrik Lang, das Notariat Grasser am Weinmarkt, das Haus Waag in der Salzgasse, das Haus Rohmer in der Plaudergasse, das Pfarrhaus St. Fides und endlich auf den Krautmarkt gegenüber dem Lehrerinnenseminar. Diese Bombe hatte eine entsetzliche Wirkung. Der Mittelschüler Stumpf, der Sohn eines Bahnverwalters, war sofort tot, die Schüler Röther und Kirchner wurden schwer verletzt. Die achtzehnjährige Seminaristin Strasser (Sablon) wurde sofort getötet, die Seminaristin Mohr wurde schwer verletzt. Sie ist später gestorben. Vier Seminaristinnen haben leichtere Verletzungen erlitten. Schwer verletzt wurden außerdem der Reisende Schütz, der Schüler Schwartz, die Ehefrau Forjonnel und der Lehrling Arbogast. Durch Glassplitter wurden mehrere Personen leichter verletzt. Der Flieger wurde vergeblich beschossen, er entkam in südlicher Richtung.
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Gegen den Lügenfeldzug unserer Feinde

Berlin, 19. März. (W. B Amtlich.)
Im Auslande wird von französischer Seite die Nachricht verbreitet, daß es sich bei der Winterschlacht in der Champagne nicht um einen Durchbruchsversuch, sondern um die Absicht handelte, die deutschen Kräfte zur Entlastung der Russen zu fesseln Man will hiermit einmal den eigenen Mißerfolg bemänteln und andererseits den Bundesgenossen Sand in die Augen streuen. Leider wird die Behauptung dadurch widerlegt, daß die Kämpfe, die am 16. Februar in der Champagne begannen, nicht wohl russische Truppen entlasten konnten, die an diesem Tage schon in den masurischen Wäldern umzingelt waren, und daß ferner den Deutschen Befehle in die Hände gefallen sind, die den Durchbruch ausdrücklich anordneten.
Der englische Oberbefehlshaber soll, wie aus Kristiania und Bukarest gemeldet wird, den Verlust der Deutschen bei Neuve Chapelle auf 18000 Mann beziffert haben. Diese Zahl übertreibt die tatsächlichen Gesamtverluste um das Dreifache.
Auch sonst sind in letzter Zeit im Auslande teils unerhört übertriebene, teils völlig frei erfundene Nachrichten über große Verluste der deutschen Truppen verbreitet worden. Die deutsche Heeresleitung bleibt demgegenüber bei ihrem Entschluß, im allgemeinen auf den Kampf gegen Lügen zu verzichten. Sie trägt im Bewußtsein des Vertrauens des eigenen Volkes keine Bedenken, die feindlichen Berichte nach wie vor auch zur Veröffentlichung in der deutschen Presse zuzulassen.
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Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Schwere russische Verluste in Südost-Galizien

Wien, 19. März.
Amtlich wird verlautbart:
In den Karpathen im Raume Lupkow und Smolnic lebhafter Geschützkampf. Ein auf den Höhen südwestlich Baligrod angesetzter Nachtangriff der Russen wurde nach kurzem Feuerkampf zurückgeschlagen. Starke feindliche Kräfte griffen vormittags unsere Stellungen nördlich des Uzsoker Passes an. Wie am 14. März wurden sie auch gestern unter schweren Verlusten abgewiesen.
An der Schlachtfront in Südost-Galizien wurde vormittags erbittert gekämpft. Die zahlreichen Angriffe, die der Feind diesmal gegen die Mitte und den linken Flügel der Stellung richtete, scheiterten durchweg an der festen und standhaften Haltung unserer braven Truppen. Der Gegner erlitt sehr schwere Verluste. Das Angriffsfeld ist bedeckt mit Toten. Fünf Offiziere und 500 Mann des Feindes wurden entwaffnet und gefangen.
An der Front in Westgalizien und Polen keine Veränderung.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)


Das französische Schlachtschiff "Bouvet"
Das französische Schlachtschiff "Bouvet"

Der türkische Heeresbericht:

Die Niederlage der englisch-französischen Flotte bei den Dardanellen

Konstantinopel, 19. März. (W. B.)
Das Hauptquartier meldet:
Die feindliche Flotte, die sich aus sechzehn Panzerschiffen, darunter vier französischen, drei Kreuzern und mehreren Torpedobootszerstörern zusammensetzte, eröffnete gestern Vormittag gegen 11½ Uhr das Feuer gegen die Forts der Meerenge. Um 3 Uhr nachmittags zog sich ein Teil der feindlichen Flotte aus dem Bereich des Feuers unserer Batterien zurück. Acht Panzerkreuzer setzten die Beschießung in langen Zwischenräumen fort, bis sie um 6 Uhr das Feuer einstellten und sich entfernten. Außer dem französischen Panzer "Bouvet" wurde ein feindliches Torpedoboot zum Sinken gebracht. Ein englisches Panzerschiff vom Typ des "Irresistible" wurde schwer beschädigt und nahm so stark nach Backbord über, daß seine Kanonen ins Wasser zu tauchen schienen. Das Schiff war außerstande, irgendeine Bewegung auszuführen. Ein anderer Panzer "Africa" wurde in gleicher Weise beschädigt, neigte sich auf die Seite und entfernte sich mit großer Mühe. Der von unseren Geschossen, von denen viele auch die anderen Schiffe trafen, angerichtete Schaden konnte nicht festgestellt werden. Der harte Kampf, der sieben Stunden dauerte, endete mit dem Siege unserer Forts. Mit Ausnahme leichter Beschädigungen einiger unserer Erdwerke erlitten wir keinen Schaden.

Konstantinopel, 19. März. (W. B.)
Die "Agence Milli" meldet:
Zwei englische Panzerschiffe vom Typ "Irresistible" und "Africa", die bereits beschädigt worden waren, sind heute Nacht durch das Feuer der türkischen Batterien zum Sinken gebracht worden. - Ein türkischer Flieger hat festgestellt, daß ein Panzerschiff vom Typ "Cornwallis" von mehreren Schiffen nach Tenedos geschleppt wurde.

Konstantinopel, 19. März. (Priv.-Tel.)
Der großartige Erfolg der Dardanellenverteidigung löst hier ungemeine Genugtuung aus und erweckt die besten Hoffnungen. Abgesehen davon trägt er zur Stärkung des moralischen Gefühls bei. Die Fatalität will, daß das französische Linienschiff "Bouvet" das jetzt auf dem Meeresgrunde ruht, dasjenige ist, auf dem in Brest die denkwürdigen Toaste zur Verkündigung des russisch-französischen Bündnisses zwischen dem Zaren und dem Präsidenten der Republik ausgetauscht wurden. Im großen Messeraum des "Bouvet" waren zwei mächtige Bronzetafeln angebracht, in die beide Reden vollinhaltlich eingraviert waren.

Konstantinopel, 19. März. (W. B.)
Die Blätter drücken ihre lebhafte Freude über den gestrigen Sieg bei den Dardanellen aus. "Taswir-i-Eskiar" erinnert daran, daß gerade heute vor 63 Jahren England und Frankreich als Verbündete der Türkei Rußland den Krieg erklärten, und hebt den Gegensatz hervor zwischen der englischen Politik von damals und der von heute sowie zwischen der Erklärung Lord Seymours gegenüber dem Zaren Nikolaus I. und der gegenwärtigen Politik Greys. Das Blatt stellt fest, daß gestern die türkischen Batterien den ehemaligen Verbündeten der Türkei, welche so plötzlich ihre Politik geändert hätten, eine schöne Lehre gegeben hätten. In der Besprechung der Bemühungen der Triple-Entente betonen die türkischen Blätter, daß weder Rumänien noch Griechenland noch Bulgarien sich täuschen lassen würden. Denn bezüglich der Meerengen stimmten ihre Interessen mit den türkischen überein.

Konstantinopel, 19. März. (W. B.)
Um durch Beobachtungen unparteiischer kompetenter Zeugen die durch das Reutersche Bureau und die Presse der Alliierten verbreiteten lügenhaften Berichte über die bisherigen Ergebnisse der gegen die Dardanellen gerichteten Operationen zu widerlegen, hatte der Kriegsminister den amerikanischen Botschafter Morgentau und den österreichisch-ungarischen Militärbevollmächtigten Generalmajor Pomainkowski sowie den Justizminister Ibrahim Bey, den Senator Marschall Fuad Pascha, die Deputierten Ali, Baidar und Ridat und mehrere andere Persönlichkeiten eingeladen, die Dardanellen zu besichtigen. Die genannten Persönlichkeiten, die von der Besichtigung bereits zurückgekehrt sind, nahmen alle wichtigeren Verteidigungsobjekte in Augenschein und stellten fest, daß alle Forts und Batterien ohne Ausnahme mit Einschluß sämtlicher Geschütze vollkommen unversehrt und die sie verteidigenden Offiziere und Mannschaften von herrlichem Geiste erfüllt und voll unerschütterlichen Vertrauens sind. Eingehende Berichte aus neutraler Quelle in Smyrna stellen neuerdings den vollständigen Mißerfolg der letzten Beschießung von Smyrna durch die feindliche Flotte fest. Von 500 Schüssen, welche die englischen und französischen Kriegsschiffe abgaben, erreichten nur vier ihr Ziel. Die türkischen Forts erwiderten das Feuer tapfer und mit vielem Erfolg. Die Bewohner der Stadt gingen ruhig ihres Weges und hatten nur Worte des Spottes für die Ungeschicklichkeit der feindlichen Flotte.
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Karte zum 1. Weltkrieg

 

Der 1. Weltkrieg im März 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1915)

 

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