Der Weltkrieg am 17. Februar 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Russische Abteilungen bei Kolno und Grajewo geschlagen -
Erbitterte Kämpfe in der Champagne

Großes Hauptquartier, 17. Februar.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Offenbar veranlaßt durch unsere großen Erfolge im Osten, unternahmen Franzosen und Engländer gestern und in der vergangenen Nacht an verschiedenen Stellen besonders hartnäckige Angriffe.
Die Engländer verloren bei gescheiterten Versuchen, ihre am 14. Februar verlorenen Stellungen wiederzugewinnen, erneut vier Offiziere und 170 Mann an Gefangenen.
Nordöstlich Reims wurden feindliche Angriffe abgewiesen; zwei Offiziere, 179 Franzosen blieben in unserer Hand.
Besonders starke Vorstöße richteten sich gegen unsere Linie in der Champagne, die mehrfach zu erbitterten Nahkämpfen führten. Abgesehen von einzelnen kurzen Abschnitten, in die der Feind eingedrungen ist und in denen der Kampf noch andauert, wurden die feindlichen Angriffe überall abgewiesen. Etwa dreihundert Franzosen wurden gefangengenommen.
In den Argonnen setzten wir unsere Offensive fort, eroberten weitere Teile der feindlichen Hauptstellung, machten 350 Gefangene und eroberten zwei Gebirgsgeschütze und sieben Maschinengewehre.
Auch im Priesterwald (nördlich Toul) sind kleinere Erfolge zu verzeichnen; dabei wurden zwei Maschinengewehre genommen. Von der Grenze der Reichslande nichts Neues.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Nördlich der Memel sind unsere Truppen dem überall geworfenen Gegner in Richtung Tauroggen über die Grenze gefolgt.
In dem Waldgebiet östlich Augustow finden an vielen Stellen noch Verfolgungskämpfe statt.
Die von Lomza nach Kolno vorgegangene russische Kolonne ist geschlagen. Siebenhundert Gefangene und sechs Maschinengewehre fielen in unsere Hand. Ebenso wurde eine feindliche Abteilung bei Grajewo auf Ossowiece zurück geworfen.
In der gewonnenen Front Plozk-Racionz (in Polen nördlich der Weichsel) scheinen sich hartnäckigere Kämpfe zu entwickeln.
Aus Polen südlich der Weichsel nichts Neues.

Oberste Heeresleitung. 1)

Zum ersten Teil dieser Meldung bemerkt die Frankfurter Zeitung:
"Es entspricht den bisherigen Gepflogenheiten unserer Gegner, daß es nun auch im Westen in den französischen und englischen Linien ein wenig lebhafter geworden ist, während auf der anderen Seite eine russische Armee vernichtet wurde. Ein militärischer Mitarbeiter der "Times" hat diese politische Selbstverständlichkeit obendrein ausdrücklich dadurch unterstrichen, daß er ankündigte, die dringliche Beschäftigung der Deutschen im Osten werde natürlich von den Verbündeten im Westen durch eine neue Offensive ausgenützt werden. Es kann uns recht sein, daß unsere Gegner ihre Machtlosigkeit und das Unvermögen, gerade während des gegenwärtigen Zustandes uns auch nur im geringsten im Westen zu beunruhigen, zur Vermehrung des Ruhms unseres glänzenden Sieges im Osten dem neutralen Ausland und dem Publikum in den Hauptstädten der Allianz deutlich vordemonstrieren. Der Versuch, die Augen der Welt von der Katastrophe bei den Masurischen Seen abzulenken, ist gründlich fehlgeschlagen und hat unseren braven Truppen im Westen überdies bemerkenswerte Erfolge und eine beträchtliche Zahl von Gefangenen eingetragen. Die Verbündeten müssen wirklich eine sehr mangelhafte Vorstellung von unserer Stärke im Westen und von der Güte unserer Schanzwerke haben, wenn sie ernsthaft glauben, durch Vorstöße wie die in den letzten Tage unsere Mauern ins Wanken bringen zu können. Es mag wohl einmal ein Graben verloren gehen, aber sobald unsere bereitstehenden Bataillone vorgezogen sind, ist noch immer der Schaden rasch wieder behoben gewesen. So ist es, wenn ein kleiner Vorstoß kommt, und so würde es sein, wenn es den Verbündeten gelänge, von neuem große Massen zum Sturm gegen uns vorzuführen. Durch kommt keiner."

 

Der Pour le mérite für Generalstabschef v. Falkenhayn

v. Falkenhayn
v. Falkenhayn

Berlin, 17. Februar.
Der Kaiser hat dem Chef des Generalstabes des Feldheeres, General der Infanterie v. Falkenhayn, in Anerkennung seiner Verdienste um den Sieg in Masuren den Orden Pour le mérite verliehen.
1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Kolomea von den österreichisch-ungarischen Truppen genommen

Wien, 17. Februar, mittags.
Amtlich wird verlautbart:
Nach zweitägigem Kampfe wurde gestern spät Nachmittag Kolomea genommen. In den südlich von der Stadt bei Kluczow-Wk. und Myszyn seit dem 15. Februar andauernden Kämpfen machten die Russen sichtlich große Anstrengungen, die Stadt zu behaupten. Zahlreiche Verstärkungen wurden von ihnen herangeführt; heftige Gegenangriffe auf unsere vordringenden Truppen mußten beiderseits der Straße mehrmals zurückgeschlagen werden, wobei durch gute eigene Artilleriewirkung dem Feinde große Verluste beigebracht wurden. Um 5 Uhr nachmittags gelang es durch einen allgemeinen Angriff, den Gegner trotz erbitterter Gegenwehr aus seiner letzten Stellung vor der Stadt zu werfen und in einem Zug mit den Fliehenden Kolomea zu erreichen. Die Zerstörung der Pruthbrücke wurde verhindert, die Stadt von den fliehenden Russen gesäubert und besetzt, zweitausend Gefangene, mehrere Maschinengewehre und zwei Geschütze fielen in unsere Hände.
Im Karpathenabschnitt bis in die Gegend von Wyschkow dauern die Kämpfe mit großer Hartnäckigkeit an. Weitere 4040 Gefangene sind eingebracht. An der Front in Russisch-Polen und Westgalizien war nur Geschützkampf im Gange.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Karte zum 1. Weltkrieg: Bukowina

Die Kämpfe in Ostgalizien und in der Bukowina

Die "Frankfurter Zeitung" schreibt:
Heute vormittag meldete unserer Berichterstatter bei der Armee unserer Verbündeten, daß der Angriff auf Kolomea begonnen habe; abends traf schon die amtliche Nachricht von der Besetzung der Stadt ein. Im Sturm haben die österreichisch-ungarischen Truppen sie genommen, wobei ihnen noch 2000 Russen als Gefangene in die Hände fielen. Vor drei Wochen etwa setzte die neue Offensivbewegung, die mit dem Siege bei Kirlibaba am 26. Januar dem Vorgehen der Russen, die in weitangelegtem Umgehungsmanöver von der Bukowina aus in die ungarische Ebene einfallen wollen, ein Ende setzte. Bei Moldawitza wurde die nämliche russische Kolonne nochmals geschlagen, worauf sich die siegreichen Truppen unserer Verbündeten gegen eine zweite russische Abteilung wandten, die bei Kimpolung stand, und auch diese zum schleunigen Rückzuge nötigten. Am 11. Februar konnte die österreichisch-ungarische Armee bis zur Serethlinie vorstoßen, wobei hintereinander Suczawa, Radautz und Sereth besetzt wurden. Bald stand man in der Nähe von Czernowitz, wo die Russen anscheinend eine letzte Verteidigungslinie angelegt haben; es dürfte vor der endgültigen Befreiung der Bukowina hier noch zu Kämpfen kommen. Der linke Flügel der in der Bukowina operierenden Armee unserer Verbündeten drang inzwischen nach den Siegen bei Moldawitza und Kimpolung nach Nordwesten vor und besetzte Wiznitz, von wo aus die Truppen nach Kuty übergingen, das schon auf galizischem Boden liegt Diese Kolonne beschleunigte dann ihren Vormarsch gegen Kolomea. Gleichzeitig hatten ungarische Truppen von Körösmezö aus den Jablonicapaß überschritten und schon vor drei Tagen die erste größere Stadt am Nordausgang der Gebirgstäler, Delatyn, besetzt. Zur Flankensicherung mußte darauf auch Nadworna in Besitz genommen werden. Dem Angriff auf Kolomea stand nunmehr von dieser Seite aus nichts mehr im Wege; er dürfte konzentrisch mit Unterstützung der aus der Bukowina nahenden Truppen erfolgt sein. Zwei Tage lang kämpften die Russen um diese Stellung deren Wiedereroberung den Österreichern und Ungarn einen festen Halt am Pruth, einen mächtigen Kreuzungspunkt mehrerer Reichsstraßen in die Hände gibt und das weitere Vordringen auch über die weiter westlich gelegenen Karpathenpässe hinaus wesentlich erleichtert. Um deren Besitz wird in den letzten Tagen mir größtem Nachdrucke gekämpft; daß die Russen bei dem westlich vom Jablonicapaß zunächst gelegenen wichtigen Übergang von Wyschkow neuerdings wieder 4000 Gefangene verloren haben, ist ein hocherfreuliches Zeichen dafür, daß der Tapferkeit der dort fechtenden verbündeten Truppen bald der Erfolg beschienen sein wird.

 

Vom Luftkrieg

London, 17. Februar. (Priv.-Tel.)
Agence Havas meldet:
40 Flugzeuge und Wasserflugzeuge der Marinestation der englischen Admiralität, die mit dem Auftrage entsandt wurden, die Punkte mit militärischer Bedeutung anzugreifen, unter Vermeidung des Werfens ihrer Geschosse auf Privatwohnungen, bombardierten gestern Nachmittag Ostende, Middelkerke, Ghistelles und Seebrügge mit dem Zweck, die kürzlich in der gleichen Gegend begonnenen Operationen fortzusetzen. Es wurden Bomben geschleudert auf große deutsche Batterien, östlich und westlich des Hafens von Ostende, auf die Artilleriestellungen in Middelkerke, auf den Munitionswagen einer Trainkolonne auf der Straße von Ostende nach Ghistelles, auf die Mole von Seebrügge, um die während des kürzlich erfolgten Angriffes geschlagene Bresche zu erweitern, auf die Chaussee von Seebrügge, auf die Transportschiffe gegenüber Blankenberghe und auf ein Fischerboot gegenüber Seebrügge. Acht französische Flugzeuge nahmen zusammen mit den britischen an dem Streiffluge teil. Sie griffen kräftig die Flughalle von Ghistelles an, was die deutschen Flugzeuge verhinderte, den britischen Apparaten den Weg abzuschneiden. Es sollen gute Ergebnisse erzielt worden sein
2)

Berlin, 17. Februar. (Priv.-Tel.)
Aus Rotterdam wird gemeldet, daß der englisch-französische Fliegerangriff auf die Hafenanlagen von Ostende mißglückt ist. Durch das wohlgezielte Feuer der deutschen Batterien wurden die feindlichen Flieger verjagt.
2)

 

Sir Roger Casements Anklage


Sir Roger Casement

Berlin, 17. Februar. (W. B.)
Die "Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schreibt:
Wie wir erfahren, hat Sir Roger Casement dem Staatssekretär des Auswärtigen Amts eine Abschrift seines an Grey gerichteten Briefes übermittelt, der den gegen Sir Roger geplanten Anschlag des britischen Gesandten Findlay (Kristiania) zum Gegenstand hat. Außerdem legte Casement dem Auswärtigen Amte die Originale der in seinem Besitz befindlichen, auf diesen Anschlag bezüglichen Dokumente vor. An der Richtigkeit der so ungeheuerlichen Anschuldigungen gegen den Agenten der britischen Regierung ist daher nicht mehr zu zweifeln. (Vgl. unterm 13. Februar.)
2)

 

Freispruch der deutschen Militärärzte und Sanitäter

Paris, 17. Februar.
Das zweite Pariser Kriegsgericht hat die der Hehlerei beschuldigten deutschen Militärärzte Schulz und Davidsohn sowie sieben andere Mitglieder der siebenten Ambulanz des zweiten Armeekorps im Revisionsverfahren freigesprochen. Die Angeklagten waren vom ersten Pariser Kriegsgericht im November 1914 zu verschiedenen Freiheitsstrafen verurteilt worden.
1)

 

Der 1. Weltkrieg im Februar 1915

ZURÜCK   HAUPTSEITE   WEITER

 

Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1915)

 

© 2005 stahlgewitter.com