Der Weltkrieg am 7. April 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Französische Mißerfolge zwischen Maas und Mosel

Großes Hauptquartier, 7. April.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Die von uns vorgestern besetzten Gehöfte von Drie Grachten, die der Feind mit schwerstem Artillerie- und Minenwurffeuer zusammenschoß, wurden deshalb gestern abend aufgegeben.
In den Argonnen brach ein Angriff im Feuer unserer Jäger zusammen.
Nordöstlich von Verdun gelangte ein französischer Vorstoß nur bis an unsere Vorstellungen. Östlich und südöstlich von Verdun scheiterte eine Reihe von Angriffen unter außergewöhnlich schweren Verluste.
An der Combres-Höhe wurden zwei französische Bataillone durch unser Feuer aufgerieben. Bei Ailly gingen unsere Truppen zum Gegenangriff vor und warfen den Feind in seine alten Stellungen zurück. Auch bei Apremont hatte der Feind keinen Erfolg. Ebenso sind andere französische Angriffe bei Flirey völlig gescheitert; zahlreiche Tote bedecken das Gelände vor unserer Front, deren Zahl sich noch dadurch vermehrt, daß die Franzosen, die in ihren eigenen Schützengräben Gefallenen vor die Front ihrer Stellungen werfen.
Am Westrande des Priesterwaldes schlug eines unserer Bataillone im Bajonettkampf starke Kräfte des 13. französischen Regiments zurück.
Am Hartmannsweilerkopf wird seit gestern nachmittag trotz starken Schneesturmes
gekämpft.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Bei einem Vorstoß in russisches Gebiet nach Andrzejewo, 30 Kilometer südöstlich von Memel, vernichtete unsere Kavallerie ein russisches Bataillon, von welchem der Kommandeur, 5 Offiziere und 360 Mann gefangengenommen, 120 getötet und 150 schwer verwundet wurden. Ein anderes russisches Bataillon, das zur Hilfe eilte, wurde zurückgeschlagen. Wir verloren 6 Tote.
Russische Angriffe östlich und südöstlich von Kalwarja sowie gegen unsere Stellungen östlich von Augustow wurden abgewiesen.
Sonst ereignete sich auf der Ostfront nichts Besonderes.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Die russischen Verluste bei Memel

Berlin, 7. April.
Die Russen geben in ihrem Generalstabsbericht vom 4. April (römisch) an, daß sie bei ihrem Plünderungszug nach Memel nur 149 Mann Tote, Verwundete und Vermißte gehabt hätten. Es wird hiergegen folgendes festgestellt. Bei Memel wurden 300 Russen begraben, bei Memel und Polangen 505 Russen gefangen. Hiervon wurden 3 Offiziere und 430 Mann über Tilsit abbefördert, der Rest ist noch in Memel: zum Teil im Arbeitsdienst verwendet, zum Teil verwundet im Lazarett.
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"U 29" verloren

U-Bootkrieg 1914-1918: Kapitänleutnant Otto Weddigen

Kapitänleutnant Otto Weddigen

Berlin, 7. April. (W. B. Amtlich.)
S. M. Unterseeboot "U 29" ist von seiner letzten Unternehmung bisher nicht zurückgekehrt. Nach einer von der britischen Admiralität ausgehenden Nachricht vom 26. März soll das Boot mit der ganzen Besatzung untergegangen sein. Es muß danach als verloren betrachtet werden.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabs.
gez. Behncke

Die "Frankfurter Zeitung" schreibt zu dieser Meldung:
Die Kunde von dem Untergang eines unserer erfolgreichsten Unterseeboote erfüllt das deutsche Volk mit Schmerz und Trauer, und diese Gefühle werden noch verstärkt durch
die Tatsache, daß mit der tapferen Mannschaft einer der kühnsten deutschen Seeoffiziere zu Grunde gegangen ist, der Kapitänleutnant Otto Weddigen, dessen Ruhm vor wenigen Monaten durch die ganze Welt ging, als das von ihm geführte "U 9" an einem Tage drei englische Panzerkreuzer vernichtete. Damals wurde die gewaltige Bedeutung der Unterseebootswaffe im Seekrieg, die vorher von vielen unterschätzt war, erst so recht klar, und die deutsche Marine hat seitdem bewiesen, daß sie in der Führung dieser Waffe allen anderen Seestaaten überlegen ist.
Am Morgen des 22. September 1914 versenkte das Unterseeboot die englischen Panzerkreuzer "Hogue" "Aboukir" und "Cressy", 20 Seemeilen nordwestlich von Hoek van Holland. Niemals vorher hätte man eine solche Leistung eines einzigen Tauchbootes für möglich gehalten, niemals geglaubt, daß diese Boote dem Feinde an seinen geschütztesten Stellen gefährlich werden und dabei selbst sich der Vernichtung durch die schnellen Kreuzer und Torpedoboote entziehen könnten. Freilich gehörte dazu auch ein außerordentlicher Wagemut, gepaart mit größter seemännischer Geschicklichkeit. Diese Eigenschaften zeichneten Führer und Mannschaften des erfolgreichen Unterseebootes in höchstem Maße aus, sie hatten sie schon vorher bei manchen Gelegenheiten bewiesen, und sie haben sie auch nachher in reichstem Maße bewährt. Das deutsche Volk jubelte den tapferen Helden zu, und selbst das feindliche Ausland konnte ihnen seine Bewunderung nicht versagen. Als äußere Anerkennung wurde der gesamten 25 Mann starken Besatzung das Eiserne Kreuz zweiter Klasse und ihrem Führer das Eiserne Kreuz erster und zweiter Klasse verliehen. Einen Monat später erhielt er den Orden Pour le Merite für die Versenkung des Kreuzers "Hawke". Erst sechs Jahre war der noch junge Kapitänleutnant Otto Weddigen im Unterseebootswesen tätig gewesen. 1882 in Herford geboren, war er im Jahre 1901 in die Marine eingetreten, in der er zuerst als junger Offizier auf einem Flußkanonenboot und dann sechs Jahre lang in der Unterseeboots-Abteilung Dienst tat. Erst zu Beginn des Krieges übernahm er als Kapitänleutnant das Kommando des "U 9", in dem er seine hervorragenden Führereigenschaften so glänzend bewies. Als dann später der eigentliche Unterseebootskrieg in großem Maßstab eingeleitet wurde, war es wieder Weddigen, der durch sein kühnes und erfolgreiches Vorgehen die Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Diesmal führte er "U 29", das im vorigen Monat den englischen Handelsschiffen so schweren Schaden zufügte. An einem einzigen Tage, dem 13. März, versenkte er fünf englische Dampfer, und noch so manches andere Schiff fiel seinem Unterseeboot zum Opfer. Die Gegner fürchteten und bewunderten ihn zugleich und erkannten die Ritterlichkeit an, die er dem Feinde gegenüber bewies.
Die "Times" widmete ihm, als die englische Admiralität die erste Nachricht von dem damals unbestätigten Untergang des "U 29" veröffentlichte, einen ehrenvollen Nachruf, in dem sie ausdrückte, daß man, so sehr England Grund habe, die Vernichtung des "U 29" mit Genugtuung zu vernehmen, doch Bedauern über das Ende eines so tapferen, geschickten und ritterlichen Feindes empfinde, der auch bei der Ausübung seiner Tätigkeit die Gebote der Menschlichkeit nicht außer Acht geladen habe. Die tendenziöse und gehässig - verleumderische Art, in der das Blatt ihn in der letzteren Hinsicht, wie vor Monaten den Führer der "Emden", als eine Ausnahme unter den deutschen Seeoffizieren hinzustellen suchte, hätte der tapfere Offizier bei Lebzeiten mit Entrüstung zurückgewiesen. Den Hoffnungen, die man nach diesen glänzenden Taten für den weiteren Verlauf des Unterseekrieges auf ihn setzen konnte, ist jetzt leider ein vorzeitiges Ende bereitet worden. Das Seemannslos hat auch diesen tapferen Führer und seine heldenmütige Mannschaft nicht verschont, er ist uns entrissen worden, bevor er noch auf der Höhe seiner verheißungsvollen Laufbahn stand. Schon seit einiger Zeit war man in Sorge um sein Schicksal, da Nachrichten ausblieben. Vor etwa acht Tagen meldete das Reutersche Bureau, die englische Admiralität habe Grund zu der Annahme, daß "U 29" durch Rammen zum Sinken gebracht worden und die ganze Besatzung dabei umgekommen sei. Da mit Ablauf der vorigen Woche "U 29" überfällig war, mußte man damit rechnen, daß diese Meldung richtig sei. Jetzt ist auch die letzte Hoffnung auf eine Rettung des "U 29" geschwunden.
Eine Schar Tapferer ist dahingegangen. Die Trauer um sie teilt mit den Angehörigen - Weddigen hatte sich erst vor wenigen Monaten, kurz nach seinem Zuge gegen die englischen Kreuzer, verheiratet - das ganze deutsche Volk. Aber die Verdienste, die sie sich um ihr Vaterland erworben haben, bleiben, und ihr Beispiel wird ein Ansporn für alle Teile unserer Marine sein, es ihnen an Pflichterfüllung gleichzutun. Als leuchtendes Vorbild unserer Marine leben sie fort in dem Andenken des deutschen Volkes. Was sie geleistet haben, bildet ein unvergängliches Ruhmesblatt in der vaterländischen Geschichte. Ihnen nachzueifern ist die beste Abtragung des unauslöschlichen Dankes, den das Vaterland diesen Helden schuldet. Unsere ganze Marine ist von dem gleichen Geiste beseelt; die Taten anderer Unterseeboote und alle bisher ausgefochtenen Seekämpfe haben das bewiesen. Deutscher Mut und deutsche Tapferkeit wird, wie bisher, so auch weiterhin sich zum Ruhme Deutschlands in der Welt bewähren.
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Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Kurzes Bombardement Belgrads

Wien, 7. April.
Aus Wien wird verlautbart:
An der Front in den Karpathen dauern die Kämpfe fort. Die Zahl der auf den Höhen östlich des Laborczatales gemachten Gefangenen hat sich noch um weitere 930 Mann erhöht. In den Kämpfen wurden auch 2 Geschütze und 7 Maschinengewehre erobert, zahlreiches Kriegsmaterial erbeutet, darunter über 5000 Gewehre.
In Südostgalizien nur stellenweise Geschützkampf.
In Westgalizien und Russisch-Polen keine Veränderung. Am südlichen Kriegsschauplatz wurde die am 6. April erfolgte neuerliche Beschießung der offenen Stadt Orsova durch ein kurzes Bombardement Belgrads beantwortet.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Der 1. Weltkrieg im April 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1915)

 

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