Aus
dem Großen Hauptquartier wird geschrieben:
In den französischen Tagesblättern vom 30. Mai erschien ein amtlicher
Bericht über "Die Eroberung des Priesterwaldes". Darin waren
die schweren Kämpfe geschildert, die die Franzosen in diesem Walde zu
bestehen hatten und die für sie "nach sieben Monaten unablässigen
Ringens endlich zum Ziele führten". Dieser Priesterwald war in den
ersten Julitagen der Schauplatz erneuter schwerer Kämpfe, eines durchschlagenden
deutschen Erfolges.
Vom Kamm der Höhe, die steil aus dem Moseltal aufsteigt und dieses nur
um etwa 200 Meter überhöht, erstreckt sich nordwestlich Pont-à-Mousson
ein ausgedehntes Waldgebiet. Dessen gegen Pont-à-Mousson abfallender Teil
bis an die Straße Fey en Haye-Norroy heißt auf den deutschen Karten "Priesterwald",
während auf den französischen nur der südliche Waldteil diesen Namen führt,
der nördliche aber Bois Communaux genannt ist. Hierin mag eine Erklärung
dafür liegen, daß die Franzosen sich für unbestrittene Herren des "Priesterwaldes"
hielten. Am Südrand des Waldes, an der Straße Pont-à-Mousson-Montauville-Limey
liegt der Exerzierplatz, im Walde der Schießplatz der Garnison Pont-à-Mousson.
Die Mannschaften der französischen Regimenter, die uns hier gegenüberstehen,
stammen aus den Ortschaften der Umgebung und manch gefangener Franzose
konnte in Begleitung von deutschen Landsturmmännern früher als er gedacht
und gehofft hatte, seine Angehörigen in seinem Heimatort begrüßen.
Der Priesterwald ist der echte lothringischer Wald. Nur wenige und schlechte
Wege durchziehen ihn. Dichtes Unterholz erschwert jegliche Bewegung außerhalb
der Wege. Die mangelnde Forstkultur haben unsere und die französischen
Granaten nachgeholt. Sie haben dem Walde Licht und Luft geschaffen. Freilich
sind sie dabei so weit gegangen, die alten Baumriesen teils mitsamt den
Wurzeln herauszureißen, teils inmitten der Stämme zu knicken. Tief eingerissene
Schluchten zerklüften den Wald und behindern seine Wegsamkeit. Die höchste
Erhebung hat das Waldgelände in einem Höhenkamm, der vom Eintritt der
Straße Fey en Haye-Norroy in den Wald nach Osten zieht. Auf dem höchsten
Punkt steht das Croix des Carmes. Auf diesem Höhenrücken liegen die deutschen
Stellungen.
In schweren, hin- und herwogenden, monatelangen Angriffen war es den Franzosen
dank ihrer Übermacht Anfang Juni gelungen, auf dem westlichen Teil des
Höhenrückens Fuß zu fassen. Sie wieder hinunterzuwerfen, war das Ziel
unseres Angriffes am 4. Juli. Es war kein leichtes
Stück Arbeit, das uns dort bevorstand. Die Franzosen hatten 6 und 7 Stellungen
hintereinander in einer Gesamttiefe von 400 bis 500 Meter ausgebaut. Unser
Angriff wurde eingeleitet durch einen Vorstoß aus dem an der Mosel liegenden
Abschnitt. In einer Breite von etwa 250 Meter gelang es hier, in die feindliche
Stellung einzudringen, und 5 französische Blockhäuser mitsamt ihrer Besatzung
in die Luft zu sprengen. Wir zerstörten die eingebauten Kampfmittel und
gingen dann, wie vorgesehn, wieder in die alte Kampfstellung zurück, ungestört
vom Feinde.
Nachmittags begann der Hauptangriff. Die durch unser Artilleriefeuer erschütterte
französische Infanterie konnte dem Ansturm nicht standhalten. Stellung
auf Stellung fiel. Am Abend waren alle französischen Stellungen in einer
Breite von 1500 Meter genommen. 12 Offiziere, über 1000 unverwundete Gefangene,
3 Geschütze, 7 Minenwerfer, 7 Maschinengewehre, 1 Pionierpark mit reichlichem
Gerät waren unsere willkommene Beute. Was die Franzosen in monatelangem
Ringen erworben, hat unsere stürmende Infanterie, unterstützt durch die
vortreffliche Artillerie, ihnen in wenigen Stunden wieder entrissen. Wo
man hobelt, fallen Späne. Ohne Verlust ist solch ein Erfolg nicht zu erreichen.
Unsere Gesamtverluste einschließlich der nur vorübergehend ausfallenden
Leichtverwundeten erreichten aber nicht einmal die Zahl allein der gefangenen
Franzosen. Deren Verluste an Toten waren außerordentliche. Nach Aussage
der Gefangenen waren die Kompagnien schon vor unserem Angriff nur durch
unser Artilleriefeuer auf 60 bis 70 Mann zusammengeschmolzen. In dem eingangs
erwähnten amtlichen Bericht ist betont, daß die französischen Soldaten
den Priesterwald als "unsern Wald" ungleich sinniger bezeichnen
als die Deutschen, die ihn "Todeswald" oder "Wald der Witwen"
nennen. Die Phantasie des Berichterstatters in Ehren. Uns ist indessen
von einer derartig geschmackvollen Benamung nichts bekannt. Am 4. Juli
ist aber der Priesterwald den Franzosen zum "Todeswald" geworden.
Selbstverständlich mußten wir damit rechnen, daß der Feind uns den Gewinn
bald streitig machen würde. Schon in der Nacht zum 5. Juli setzte er zu
dem erwarteten Gegenangriff an. Wir konnten diesen, wie auch die späteren,
abweisen. Unter den Gefangenen befinden sich auch farbige Franzosen. Söhne
der Insel Réunion sind es, die zum Kampfe für Zivilisation und Kultur
herangeholt sind.
Nicht nur in ihrer Uniform sind sie französische Soldaten geworden, sondern
auch in ihrer Gesinnung. Denn gleich diesen sagten sie bei ihrer Vernehmung
aus, daß sie französischen Zeitungen keinen Glauben mehr schenken, daß
sie, des Krieges müde, den Frieden wollen, sei er zugunsten Frankreichs
oder nicht. Anscheinend ist diese Stimmung auch in der Bevölkerung nicht
selten. In Pont-à-Mousson sollen Frauen das Automobil des Präsidenten
der Republik mit Steinen beworfen haben unter dem Rufe, sie wollten den
Frieden, sie wollten ihre Söhne zurückhaben.
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