Der
österreichisch-ungarische Heeresbericht:
Der
russische Rückzug über die Weichsel - Verzweifelte Angriffe der Italiener
im Görzischen
Wien,
22. Juli, mittags.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Der Raum westlich der Weichsel war gestern abermals der Schauplatz
großer Erfolge der Verbündeten. Die feindliche Hauptstellung, die westlich
und südlich Iwangorod in der Linie Kozienice-Janowiec angelegt und festungsartig
ausgestaltet war, wurde beiderseits der Straße Radom-Nowo-Aleksandria
von deutschen Truppen durchbrochen. Die Russen wichen nach Iwangorod und
auf das rechte Weichselufer. Ihr Rückzug über die Brücke von Nowo-Aleksandria
stand bereits unter dem Feuer der deutschen Artillerie. Österreichisch-ungarische
Truppen nahen sich kämpfend von West, deutsche von Süd den Forts von Iwangorod.
Zahlreiche Ortschaften westlich der Weichsel wurden von den fliehenden
Russen in Brand gesteckt. Östlich der Weichsel dauerten die Kämpfe in
unverminderter Heftigkeit fort. Der Feind leistet den zähesten Widerstand.
Bei Chodel und Borzechow warfen Teile der Armee des Erzherzogs Ferdinand
nach hartem Ringen die Russen aus mehreren Stellungen. Die Verluste des
Gegners sind groß. Die Zahl der bei der Armee des Erzherzogs eingebrachten
gestern gemeldeten Gefangenen wuchs auf 8000, die Beute auf 15 Maschinengewehre
und 4 Munitionswagen.
Auch weiter östlich gegen den Bug hin brachen deutsche und österreichisch-ungarische
Truppen an mehreren Stellen in die feindlichen Linien ein. Am oberen Bug
erstürmten ungarische Regimenter den Brückenkopf Dobrotwor nördlich Kamionka-Strumilowa.
An der Zlota-Lipa und am Dnjestr blieb die Lage unverändert.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Auch gestern wütete die Schlacht im Görzischen mit unverminderter
Heftigkeit. Das Plateau von Doberdo stand tagsüber bis zur Küste unter
besonders schwerem Artilleriemassenfeuer. Die tapferen Verteidiger hielten
stand und schlugen alle Anstürme des Feindes glänzend ab. In dem Abschnitt
von Monte Cosich bis Polazzo schoben sich die Italiener bis zum Abend
näher an unsere Stellungen heran. Nachts griffen sie zuerst bei Selz,
dann in der ganzen Front zwischen diesem Orte und Vermigliano erneuert
an. Heute frühmorgens waren alle Stürme blutig abgewiesen. Der brave ungarische
Landsturm hat sich hier wieder heldenhaft bewährt. Mehrere Vorstöße des
Gegners bei Polazzo waren schon gestern unter tags zusammengebrochen.
Östlich Sdraussina schritten unsere Truppen heute früh zum Gegenangriff
und bemächtigten sich aller ihrer früheren Stellungen. Der Feind ist hier
im Rückzuge. Am Nordwestrande des Plateaus wird erbittert weiter gekämpft.
Gegen den Görzer Brückenkopf brachten die Italiener namentlich in der
Richtung gegen Podgora immer neue Kräfte in die Schlacht. Zehn Infanterieregimenter
griffen hier nacheinander vergebens an. Fast immer führte der Kampf zum
Handgemenge. Die Stürme scheiterten gestern vor unseren Hindernissen.
In einzelne Grabenstücken gelang es dem Feinde einzudringen, nachts wurde
er wieder hinausgeworfen. Ebenso scheiterten Angriffe schwächerer mit
Gasbomben bewehrter Kräfte bei Pevna. Auch zwei Vorstöße je eines Regiments
auf den Monte Sabotino wurden unter flankierender Mitwirkung unserer Artillerie
blutig abgeschlagen.
Unsere mit einzig dastehender Begeisterung und Zähigkeit fechtenden Truppen
haben somit nach viertägiger Schlacht ihre Stellungen sowohl am Plateau
von Doberdo als auch am Görzer Brückenkopf behauptet. Der Kampf ist jedoch
noch nicht abgeschlossen.
Bei Plawa, Tolmein und weiter nördlich unterhielt der Feind gestern ein
lebhaftes Artilleriefeuer. Die Gefechte im Krngebiete dauern fort. Im
Kärntner und Tiroler Grenzgebiete ist die Lage unverändert.
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v.
Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)
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