Der Weltkrieg am 16. März 1916

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT - DER VERLUST VON ERZERUM

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Erfolglose französische Angriffe in der Champagne

Großes Hauptquartier, 16. März.
Westlicher Kriegsschauplatz:
In Flandern, besonders in der Nähe der Küste, nahmen die Artilleriekämpfe merklich an Heftigkeit zu, sie steigerten sich auch in der Gegend von Roye und von Ville-aux-Bois (nord-westlich von Reims).
In der Champagne machten die Franzosen nach starker, aber unwirksamer Artillerievorbereitung gänzlich erfolglose Angriffe auf unsere Stellungen südlich von St. Souplet und westlich der Straße Somme-Py - Souain. die uns wenige, ihnen sehr zahlreiche Leute kosteten. Wir nahmen außerdem dabei 2 Offiziere, 150 Mann unverwundet gefangen und erbeuteten 2 Maschinengewehre.
Links der Maas sind weitere Versuche des Feindes, uns den Besitz der Höhe "Toter Mann" und der Waldstellungen nordöstlich davon streitig zu machen, im Keime erstickt worden.
Zwischen Maas und Mosel hat sich die Lage nicht verändert.
Südlich von Niederaspach drangen unsere Patrouillen nach wirkungsvoller Beschießung der feindlichen Gräben in diese vor, zerstörten Verteidigungsanlagen und brachten einige Gefangene und Beute mit zurück.
Im Luftkampf wurde ein französisches Flugzeug südöstlich von Beine (Champagne) abgeschossen. Die Insassen sind verbrannt.
Feindliche Flieger wiederholten heute nacht einen Angriff auf deutsche Lazarette in Labry (östlich von Conflans). Der erste Angriff war in der Nacht zum 13. März erfolgt. Militärischer Schaden ist nicht verursacht; von der Bevölkerung sind eine Frau schwer, eine Frau und zwei Kinder leichter verletzt.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Patrouillenkämpfe an verschiedenen Stellen der Front.
Balkankriegsschauplatz:
Nichts Neues.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der Reichskanzler über die Kriegslage

München, 16. März.
Die Korrespondenz Hoffmann meldet:
Gestern nachmittag fand im Reichskanzlerpalais unter dem Vorsitz des Staatsministers des Äußeren Dr. Grafen v. Hertling eine Sitzung des Bundesratsausschusses für auswärtige Angelegenheiten statt. Der Reichskanzler gab dem Ausschuß eine eingehende Darstellung der gesamten Lage, wie sie sich im gegenwärtigen Zeitpunkt des Weltkrieges für uns ergabt. Die zuversichtlichen und von dem unerschütterlichen Willen zum Durchhalten bis zu einem siegreichen Ende getragenen Ausführungen des Reichskanzlers beschäftigten sich mit allen wichtigen schwebenden Fragen. Die vom Kanzler vertretene Politik fand die ungeteilte und vertrauensvolle Zustimmung sämtlicher Mitglieder des auswärtigen Ausschusses.
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Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Russische Vorstöße an der Strypa abgewiesen

Wien, 16. März.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Bei der Armee Pflanzer-Baltin und bei der  Heeresgruppe  Boehm-Ermolli beiderseits erhöhte Artillerietätigkeit.
Nordöstlich von Kozlow an der Strypa wiesen unsere Sicherungstruppen russische Vorstöße ab.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Die Angriffstätigkeit der Italiener an der Isonzofront war gestern schwächer. Zwei Versuche starker Kräfte, gegen die Podgorastellung vorzugehen, wurden durch Artilleriefeuer verhindert. Am Nordhange des Monte San Michele wurde ein feindlicher Angriff blutig abgewiesen. Die Geschützkämpfe dauerten vielfach nachts fort. Auch an der Kärntner Front hält das Artilleriefeuer im Fella-Abschnitt an.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Keine besonderen Ereignisse.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
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Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 16. März.
Am 13. und 14. März haben vier Kreuzer und zwei Torpedoboote des Feindes getrennt und zu verschiedenen Stunden einige Granaten auf die Umgebung von Tekke Burun abgeschossen. Sie wurden durch die Antwort unserer Artillerie gezwungen, sich zu entfernen. Eines unserer Flugzeuge griff feindliche Flugzeuge mit Maschinengewehrfeuer an und zwang sie. nach Imbros zu fliehen. Am 14. März abends von einem feindlichen Flugzeug in der Umgebung der Landungsstelle von Akaba abgeworfene Bomben fielen sämtlich ins Meer.
Wir schossen ein feindliches Flugzeug 2 Kilometer östlich des Kanals von Suez ab. Seine Insassen entflohen.

 

Der Verlust von Erzerum

Konstantinopel, 16. März.
In ihrem Bericht vom 29. Februar 1916 und in den folgenden Berichten stellen die Russen die Einnahme von Erzerum als einen großen Sieg dar und sprechen mit Prahlerei von der Bedeutung dieses von ihnen für sehr modern gehaltenen festen Platzes. Wir erkennen an, daß die Russen sich in die Notwendigkeit versetzt sehen, ihrem Lande und den Aliierten die nach dem einzigen Wort "Sieg", unter welcher Form immer, dürsten, glänzende Bulletins mitzuteilen. Wir aber erklären entschieden, daß Erzerum eigentlich kein befestigter Platz ist, daß die Bodenbeschaffenheit es nicht gestattet, die Stadt als festen Platz zu benützen, und daß wir es unserseits nicht für nützlich hielten, Erzerum stärker zu befestigen, als es seiner Natur entspricht. Die Tatsache allein, daß wir hinter den zerfallenen Mauern der Stadt eine große Zahl alter Kanonen, ehrwürdige Überreste aus dem türkisch-russischen Feldzug des Jahres 1876 zurückgelassen, und daß sich dort Lebensmittel für nur zwei Tage befunden haben, beweist unumstößlich, daß wir nicht die Absicht hatten, Erzerum als festen Platz auszunützen. Was die Russen mit großem Pomp als moderne Festung bezeichnet haben, besteht aus einigen in 12 Kilometer Entfernung von Erzerum angelegten Feldverschanzungen, und die mächtige Artillerie, von der sie sprechen, besteht aus unbespannten Kanonen, die wir im Stich ließen, nachdem wir sie unbrauchbar gemacht hatten. Wir überlassen dem russischen Generalstab die Sorge, die Vorteile, die dieser Platz den Russen vom strategischen Gesichtspunkte aus für diesen Krieg sichert, und die Ergebnisse zu würdigen, die aus seiner Preisgabe und Räumung für sie erwachsen können. Entgegen den Behauptungen der Russen hat keine offene Feldschlacht in der Umgebung Erzerums stattgefunden, und in keinem Abschnitt haben die Russen eine Artillerievorbereitung eingeleitet. Trotzdem gelang es ihnen nicht, wie sie behaupten, sich in fünf Tagen Erzerums zu bemächtigen, sondern erst nach örtlich getrennten Kämpfen in der Dauer von einem Monat. Obwohl unsere Armee den Platz zwei Tage und unsere Nachhuten einen Tag vorher geräumt haben, sind die Russen erst am Tage darauf in die Stadt eingezogen. Wir haben in der Stadt nur 300 Schwerkranke zurückgelassen.
Seit unserer Räumung von Erzerum und unserem Rückzug in neue Stellungen bis zum heutigen Tage haben die Russen, die noch unter der Nachwirkung ihrer schweren Verluste stehen, keine Bewegung von irgendwelcher Tragweite ausführen können. Unser linker und rechter Flügel sind infolge der neuen Lage gleichfalls auf erhaltenen Befehl in die für sie vorgesehenen Stellungen zurückgegangen, indem sie in einigen Abschnitten einige unbedeutende Nachhutgefechte lieferten, in anderen Abschnitten, ohne überhaupt einen Flintenschuß abgegeben zu haben. Gegenwärtig hält unsere Armee die Stellungen besetzt, die sich von dem Teil des linken Flügels von Bitlis-Musch-Aschkalee bis zu den Stellungen erstrecken, die sich einige Kilometer westlich von Ispir und Rize befinden.
Wir können mit Recht stolz sein auf den Mut und die Selbstverleugnung, von denen die Russen nach ihrem eigenen Geständnis Proben erhalten haben, und von denen sie in ihren Berichten sprechen, auf den Mut und die Selbstverleugnung, die unsere Truppen in den gegen überlegene Kräfte des Feindes gelieferten Kämpfen, sei es im Osten von Erzerum, sei es in den Stellungen dieser Stadt, bewiesen haben, und wir sind sicher, daß sie Beweise derselben militärischen Tugenden geben werden, sobald wir infolge einer Änderung der Lage, die sich jeden Tag mehr zu unseren Gunsten gestaltet, zur Offensive übergehen werden. Unsere Armee ist frei von all den Makeln, die ihr Verleumder andichten wollen.
Die Meldungen, wonach zwischen türkischen und deutschen Offizieren Meinungsverschiedenheiten und Mißverständnisse entstanden sein sollen, sind Lügengewebe, würdig derer, die sie erfunden haben.

 

Der große holländische Dampfer "Tubantia" im Sinken

Mine oder Torpedo?

Amsterdam, 16. März.
Die Blätter melden: Nach einem drahtlosen Telegramm befindet sich der Dampfer "Tubantia" des holländischen Lloyd beim Noordhinder Leuchtschiff in sinkendem Zustand. Einzelheiten fehlen.
Die Niederländische Telegrammagentur meldet aus Rotterdam vom 16. März: Es ist soeben die drahtlose Meldung eingetroffen, daß die "Tubantia" torpediert wurde und sich in 51. Grad 46 Min. nördlicher Breite und 2. Grad 45 Min. östlicher Länge in sinkendem Zustand befindet. Aus Hoek van Holland wird noch berichtet, daß das Dampferrettungsboot ausgefahren ist, um dem sinkenden Dampfer beizustehen. Zu demselben Zweck fahren aus Vlissingen Torpedoboote aus.
Notiz: Es ist höchstwahrscheinlich, daß die "Tubantia" auf eine Mine gelaufen ist.
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Der 1. Weltkrieg im März 1916

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 4
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

 

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