Der Weltkrieg am 25. Juni 1916

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

Der deutsche Heeresbericht:

Fortschreitende Angriffe der Armee Linsingen

Großes Hauptquartier, 25. Juni.
Westlicher Kriegsschauplatz:

Der Feind entwickelte im Abschnitt südlich des Kanals von La Bassée und über die Somme hinaus auch nachts anhaltende rege Tätigkeit, belegte Lens und die Vororte mit schwerem Feuer und ließ in Gegend von Beaumont-Hamel (nördlich von Albert) ohne Erfolg Gas über unsere Linien streichen. 
Links der Maas erreichte das feindliche Feuer gegen Abend besonders am "Toten Mann" große Stärke. Nichts fanden hier kleinere für uns erfolgreiche Infanterieunternehmungen statt An unseren östlich der Maas gewonnenen neuen Stellungen entspannen sich unter beiderseits dauernd starker Artillerieentfaltung mehrfach heftige Infanteriekämpfe. Alle Versuche der Franzosen, das verlorene Gelände durch Gegenangriffe wieder zu gewinnen, scheiterten unter schwersten blutigen Verlusten für sie; außerdem büßten sie dabei noch über 200 Gefangene ein. 
Östlich von St. Dié wurden bei einem Patrouillenvorstoß 15 Franzosen gefangen eingebracht.
Östlicher Kriegsschauplatz: 
Auf dem nördlichen Teile der Front kam es an mehreren Stellen zu Gefechten von Erkundungsabteilungen, wobei Gefangene und Beute in unsere Hand fielen.
Heeresgruppe des Generals v. Linsingen: 
Unserem fortschreitenden Angriff gegenüber blieben auch gestern starke russische Gegenstöße, besonders beiderseits von Zaturos, völlig ergebnislos. Südlich des Plascewka-Abschnitts (südöstlich von Beresteczko) wurden mit nennenswerten Kräften geführte feindliche Angriffe restlos abgeschlagen. Bei der Armee des Generals Grafen v. Bothmer keine besonderen Ereignisse.
Balkankriegsschauplatz:
Die Lage ist unverändert.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Thiaumont und Fleury

Die Sprache des deutschen Tagesberichts vom 24. Juni, der von einem neuen siegreichen Sturm deutscher Regimenter Kunde gibt, hat den alten Rhythmus. Vollkommene Zuversicht und Sicherheit: Es war ein großer Tag vor Verdun, wir sind bereit für den nächsten! 
Fleury ist ein kleines Dorf, auf einer plateauartigen Höhe zentral gelegen, 344 Meter hoch. Es liegt zwischen den zwei inneren Fortsgürteln des Nordostsektors von Verdun, zwischen der Befestigungskette der Linie Cote de Froide Terre (Kalte Erde-Rücken) - Fort Douaumont - Fort Vaux und der inneren Linie der Forts Belleville  - Souville - Tavannes. Fort Souville liegt etwa 1200 Meter südöstlich von Fleury und überragt das Plateau um rund 50 Meter. Im äußeren Gürtel, der bei Douaumont stark gewinkelt ist, ziehen sich auf dem westlichen Schenkel des Winkels die schweren Panzerwerke und Batterien auf dem kahlen Rücken von der Froide Terre bis Fort Douaumont hin, während der östliche Schenkel, die Strecke Douaumont - Fort Vaux, durch die Waldparzellen des Caillette- Chapitre- Fumin-, Chenois- und Lauffeewaldes besonders stark geschützt sind. Der deutsche Angriff hat sich im Zentrum dieser Linie durch die Erstürmung des Forts Douaumont Bahn gebrochen und die Lücke systematisch nach beiden Seiten erweitert, bis unsere Truppen in die allgemeine Linie: Wald von Haudromont - Thiaumont Ferme - Fort Vaux gelangt waren. Die obengenannten Waldparzellen des Abschnitts Douaumont - Damloup wurden bald zum Schauplatz erbitterter Kämpfe, während gleichzeitig auf den anderen Schenkel des Winkels, im Abschnitt des Thiaumont-Gehöftes, ein mit dem ersten konzentrischer Druck ausgeübt wurde. Nach schweren Kämpfen faßten wir in jenen französischen Hauptstellungen Fuß und verteidigten sie gegen äußerst erbitterte Gegenangriffe, wobei die Franzosen den Vorteil hatten, in permanenten oder diesen gleichwertigen Gräben zu kämpfen, während die Angreifer sich oft nur notdürftig eingraben und decken konnten. Die Bresche in der französischen Linie wurden immer breiter: ein Stück sprang nach dem anderen heraus, bis nun gestern nach stärkster Beschießung ein großer Sturmangriff, bei dem die Bayern an der Spitze kämpften, das südlich des Gehöfts von Thiaumont gelegene große und mit schwerem Geschütz bestückte Panzerwerk, die Ouvrages de Thiaumont, in unsere Hände brachte. Dies Werk liegt in der Mitte der "Kalte Erde - Douaumont - Linie und deckt die beiden Straßen, die vom Dorf Douaumont und aus dem Maastal nach Fleury und weiter nach Verdun führen. (Das Zentrum der Stadt Verdun ist von der Mitte des Dorfes Fleury etwa 5 Kilometer in südwestlicher Richtung entfernt.)
Der glückliche Vorstoß nach Fleury, der überdies durch neuen, im deutschen Bericht nach nicht näher bezeichneten Geländegewinn "südlich der Feste Vaux" in seinem Wert noch vermehrt worden sein dürfte, ist ein neuer großer Fortschritt unserer vor Verdun seit vier Monaten mit ausgezeichneter Tapferkeit kämpfenden Truppen. Ein Blick auf die Karte zeigt, daß es sich um einen neuen tiefen Einbruch in die feindliche Linie handelt. Das ist nach Westen und nach Osten hin taktisch von erheblicher Bedeutung, wenn auch nach Westen hin Fleury von der äußersten Kuppe der Côte de Froide Terre durch eine tiefeingeschnittene Mulde getrennt ist. Es sind neue Winkelungen in der Front entstanden. Mit dieser nach Fleury vorgeschobenen Spitze stehen unsere Truppen vor der nächsten und letzten Sperrlinie, dem Fortgürtel von Souville (südöstlich von Fleury), nur noch etwa 1200 Meter entfernt. Freilich ist anzunehmen, daß diese letzte Linie aufs äußerste befestigt ist, und überdies beherrschen die Fortanlagen von Souville, da sie 388 Meter hoch liegen, das ganze Plateau von Fleury. Es wird härtester Arbeit und sorgfältigster Vorbereitung bedürfen, um auch diese Mauer noch zu durchbrechen. Aber ist es nicht gerade das Unerhörteste an dieser Schlacht vor Verdun, daß unser Feind seit Monaten weiß: hier oder dort ist der Angriff zu erwarten, hier muß er erfolgen, und daß es trotzdem den Deutschen gelingt, Schritt für Schritt eine Sperre nach der andern mit furchtbaren Schlägen zu zerschmettern?
2)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Höhen nördlich der Lipa erstürmt

Zwei italienische Kriegsfahrzeuge versenkt

Wien, 25. Juni.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz: 
In der Bukowina bezogen unsere Truppen zwischen Kimpolung und Jakobeny neue
Stellungen. Die Höhen südlich von Benhometh und Wisznitz wurden von uns ohne feindliche Einwirkung geräumt. An der galizischen Front gewohnte Artillerietätigkeit, nordwestlich von Tarnopol auch Minenwerfer- und Handgranatenkämpfe. 
Südöstlich von Beresteczko wiesen wir mehrere feindliche Angriffe ab. Bei Holatyn-Grn. wurden die Höhen nördlich der Lipa erstürmt. Der Feind hatte hier schwere Verluste an Toten. Westlich von Toczyn drangen unsere Truppen in die feindliche Stellung ein und wiesen heftige Gegenangriffe ab. Am Styr abwärts Sokul ist die Lage unverändert.
Italienischer Kriegsschauplatz:
An der küstenländischen Front standen unsere Stellungen zwischen dem Meere und dem Monte Sabotino zeitweise unter lebhaftem Artilleriefeuer. Östlich von Polazzo kam es zu Handgranatenkämpfen. Nachts versuchten drei Torpedoboote und ein Motorboot einen Handstreich gegen Pirano. Als unsere Strand-Batterien das Feuer eröffneten, ergriffen die feindlichen Schiffe die Flucht. An der Kärntnerfront beschränkte sich die Gefechtstätigkeit nach den von unseren Truppen abgeschlagenen Angriffen im Plöckenabschnitt auf Geschützfeuer. In den Dolomiten brach ein Angriff der Italiener bei der Rufreddo - Stellung im Sperrfeuer zusammen. Zwischen Brenta und Etsch war die Kampftätigkeit gering. Vereinzelte Vorstöße des Gegners wurden abgewiesen. Im Ortlergebiet scheiterte ein Angriff einer feindlichen Abteilung vor dem Kleinen Eiskögele.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Ruhe.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Ereignisse zur See:
Am 23. vormittags hat eines unserer Unterseeboote in der Otranto-Straße einen von einem Zerstörer, Typ "Fourche" begleiteten Hilsskreuzer, Typ "Principe Umberto" versenkt. Der Zerstörer verfolgte das U-Boot mit Bombenwürfen, kehrte zur Sinkstelle zurück und wurde dann dort vom U-Boot ebenfalls versenkt.

Flottenkommando. 1)

 

Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 25. Juni. (W. B.)
Amtlicher Bericht:

An der Irakfront kein wichtiges Ereignis. 
In Südpersien drängten unsere vorgeschobenen Abteilungen die Russen bis in eine Entfernung von einer Stunde östlich der Stadt Sermil zurück. Die Russen bemühen sich mit allen Mitteln, sich östlich von Sermil zu halten, und verstärken
sehr rege ihre im voraus vorbereiteten Befestigungslinien. 
Kaukasus. Auf dem rechten Flügel herrscht Ruhe. Im Zentrum fanden nur örtliche Infanterie-Feuergefechte statt.
Am linken Flügel wurde die gegen die feindlichen Stellungen auf dem nördlichen Abschnitt des Tschorok begonnene Offensive und die Eroberung der von uns zum Ziel genommenen feindlichen Stellungen vervollständigt. Die von uns eroberten Stellungen befinden sich 25 bis 30 Kilometer südlich der am Meere gelegenen Ortschaften Ofi und Trapezunt, sowie auf der 2800 Meter hohen Gebirgskette, die sich von Osten nach Westen in der Gegend hinzieht, wo die Flüsse die zwischen den beiden Ortschaften ins Meer münden, entspringen. Bei dieser Offensive, die mit größter Heftigkeit seit zwei Tagen aus einer Frontbreite von 50 Kilometern andauert, schlagen sich unsere Truppen mit der größten Tapferkeit. Sie zeichnen sich besonders in den Nahkämpfen mit dem Bajonett aus, bei denen sie in jeder Hinsicht ihre Überlegenheit beweisen. Die Flucht des Feindes, der an gewissen Stellen seine Lager im Stiche ließ, ließ unsere Soldaten alle Strapazen des Kampfes vergessen. Ohne den Befehl zur Verfolgung abzuwarten, schickten sie sich fröhlich zum Angriffe gegen die Reste des Feindes an und dehnten hierdurch den von ihnen besetzten Abschnitt aus. Bei diesen Kämpfen machten wir eine reiche Beute, bestehend aus verschiedenen Arten von Ausrüstungen, Kriegsmaterial sowie 1½ Millionen Patronen und sieben Maschinengewehren, die wir gegenwärtig gegen den Feind benutzen. Wir machten 652 Mann, darunter 7 Offiziere, zu Gefangenen. Trotz des schwierigen Geländes, das dem Feind günstig ist, erlitt dieser Verluste, deren Zahl sich aus fast 2000 Tote beläuft. Unsere eigenen Verluste sind vergleichsweise äußerst gering. 
Von den übrigen Fronten keine wichtige Nachricht.
2)

 

"Unzeitiges Friedensgerede"


Arthur Henderson

London, 25. Juni. (W. B.)
Reuter meldet: 

Der Präsident des Unterrichtsamtes, Arthur Henderson von der Arbeiterpartei, hat gestern abend in North-Hamptonshire eine Rede gehalten, in der er die Zuhörer ermahnte, vor einem "unzeitigen Friedensgerede" auf der Hut zu sein. Er sagte, das Land wolle keinen übereilten Frieden, sondern einen Frieden, der sich auf Gerechtigkeit und Ehre aufbaue. "Wir müssen uns so energisch als möglich gegen einen erniedrigenden und ruhmlosen Vergleich wehren. Das Kriegsende ist noch nicht in Sicht. Der Feind blufft damit, daß England besiegt sei; aber dieses weiß besser, wie es ihm geht, und hat auf dem Wasser den Feind besser als je in seinem Griff."
2)

 

Die französische Sozialdemokratie

Paris, 25. Juni. (W. B.) 
Havas meldet: 

Die französische Kammer hat mit 512 gegen 3 Stimmen die Zwölftel des vorläufigen Haushaltes für Juli, August und September insgesamt angenommen. Präsident Deschanel erklärte in seiner Ansprache, weder Frankreich noch irgend ein Franzose könne einen sofortigen Waffenstillstand oder einen Frieden zulassen, die einen Rückzug vor der wiederholten Verletzung geltender Rechte darstellen würden. Die Sozialisten erklärten, die Kredite annehmen zu wollen, um den Sieg des Vaterlandes sicherzustellen. Brizon verlas in seinem Namen und im Namen von Raffin-Dugens und Blanc, die mit ihm an der Beratung in Zimmerwald teilgenommen hatten, eine Erklärung, in der die Gründe auseinandergesetzt werden, mit denen sie gegen die Kriegskredite und für einen Frieden ohne Gebietserweitung sowie für einen Waffenstillstand stimmen.
2)

 

Deutscher Besuch in Bulgarien

Sofia, 25. Juni. (Priv.-Tel.)
Die Morgenzeitungen "Balkanska Poschta" und "Utro" widmen den heute abend in der bulgarischen Hauptstadt eintretenden deutschen Reichstagsvertretern, denen das Festkomitee bereits bis Nisch entgegengefahren ist, herzlichste Begrüßungsartikel. "Balkanska Poschta" erinnert an den Besuch bulgarischer Volksvertreter in Deutschland und hebt die Bedeutung der Freundschaft beider Völker für eine segensreiche Zukunft hervor. "Utro" bringt einen Begrüßungsartikel des Vizepräsidenten der Kammer Dr. Momtschilow, worin ausgedrückt wird, Bugarien, das, von seinem mächtigen Verbündeten unterstützt, seine Ideale verwirklicht sehe und zufrieden mit den erreichten Ergebnissen sei, rufe den Gästen ein freudiges Willkommen entgegen. Es sei entschlossen, bis zum Ende zu kämpfen, um das mit Blut und schwerer Mühe Erreichte zu sichern. Die Stadt prangt in glänzendem Festgewand. Es herrscht ein buntbewegtes Leben. Man sieht mit freudiger Erregung dem Eintreffen der Gäste entgegen.
2)

 

Griechenland


Zaimis

Paris, 25. Juni. (Priv.-Tel., zf.)
Havas meldet aus Athen: 

Zaimis hat durch eine schriftliche Note die den Vertretern der Schutzmächte mündlich gegebene Zusicherung bestätigt, daß sich die griechische Regierung verpflichtet, unverändert die Forderungen der Entente in ihrer Kollektivnote vom 21. Juni auszuführen. - Die Neuwahlen der Kammer sind auf den 7. August festgesetzt worden.
2)

 

Der 1. Weltkrieg im Juni 1916

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TEXTQUELLEN:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen
Nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus
4. Band
Nationaler Verlag, Berlin SW 68
(1916)

2) "Frankfurter Zeitung" (1916)

 

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