Der Weltkrieg am 26. Juni 1916

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - BULGARISCHER HEERESBERICHT

 

Der deutsche Heeresbericht:

Heftige Kampftätigkeit an der englischen Front

Großes Hauptquartier, 26. Juni.
Westlicher Kriegsschauplatz:

Die Kampftätigkeit auf unserer nach Westen gerichteten Front gegenüber der englischen und dem Nordflügel der französischen Armee war, wie an den beiden letzten Tagen, bedeutend. Westlich des "Toten Mannes" scheiterten nächtliche feindliche Vorstöße im Artillerie- und Maschinengewehrfeuer. 
Rechts der Maas endete abends ein Angriff sehr starker Kräfte gegen die deutschen Stellungen auf dem Rücken "Kalte Erde" mit einem völligen Mißerfolg der Franzosen. Sie sind unter großen Verlusten, teilweise nach Handgemenge an unseren Linien, überall zurückgeworfen.
Deutsche Fliegergeschwader griffen englische Lager bei Pas (westlich von Doullens) mit Bomben an.
Östlicher Kriegsschauplatz: 
Abgesehen von teilweise reger Artillerietätigkeit und einigen Gefechten kleiner Abteilungen ist vom nördlichen Teile der Front nichts Wesentliches zu berichten.
Heeresgruppe des Generals v. Linsingen: 
Westlich von Sokul und bei Zaturcy dauern heftige für uns erfolgreiche Kämpfe an. Die Gefangenenzahl ist seit dem 16. Juni auf 61 Offiziere, 11079 Mann, die Beute auf 2 Geschütze, 54 Maschinengewehre gestiegen.
Die Lage bei der Armee des Generals Grafen v. Bothmer ist im allgemeinen unverändert
Balkankriegsschauplatz: 
Nichts Neues.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Russische Stellung bei Sokul erstürmt

Wien, 26. Juni.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
In der Bukowina keine besonderen Ereignisse. 
Auf den Höhen nördlich von Kuty wurden russische Angriffe mit schweren Verlusten für den Feind abgeschlagen. An der übrigen Front in Galizien verlief der Tag ruhiger. In Wolhynien beschränkte sich die Gefechtstätigkeit meist nur auf Artilleriekämpfe. Westlich von Sokul erstürmten deutsche Truppen die erste feindliche Stellung in etwa drei Kilometer Breite und wiesen darin heftige Gegenangriffe ab. Weiter nördlich ist die Lage unverändert.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Zur Wahrung unserer vollen Freiheit des Handelns wurde unsere Front im Angriffsraum zwischen Brenta und Etsch stellenweise verkürzt. Dies vollzog sich unbemerkt, ungestört und ohne Verluste. 
In den Dolomiten, an der Kärtner- und an der küstenländischen Front dauern die Geschützkämpfe fort. 
Zwei unserer Seeflugzeuge belegten die Adriawerke mit Bomben.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Nichts Neues.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
1)

 

Der bulgarische Heeresbericht:

Sofia, 26, Juni. (W. B.) Der Generalstab teilt mit:
Die Lage auf dem mazedonischen Kriegsschauplatz ist unverändert. Es kam zu kleinen Gefechten zwischen Patrouillen. An der ganzen Front im Wardar-Abschnitt das gewöhnliche Artilleriefeuer. Zwischen den Ortschaften Petka und Palmisch zersprengte unsere Artillerie ein feindliches Bataillon. Feindliche Flugzeuge warfen auf die Felder im Mesta-Tale und zwischen Porto Lagos und Tepedjik erfolglos Brandbomben.
2)

 

Die französische Sozialdemokratie und das Budget

Paris, 26. Juni. (Priv.-Tel.)
Bei der Abstimmung über das Budget für die Monate Juli, August und September in der französischen Deputiertenkammer gab die sozialistische Partei, wie bereits kurz gemeldet, eine Erklärung ab, um ihr Eintreten für diese Kredite zu begründen. Die Erklärung besagt u. a.: "Die sozialistische Partei bewilligt die Ausgaben, weil sie zu allen Anstrengungen und zu allen Opfern bereit ist, um die Integrität des französischen Gebietes zu sichern, um für Elsaß-Lothringen die Wiederherstellung des im Jahre 1871 mit Füßen getretenen Rechtes zu erlangen, um die vollständige politische und wirtschaftliche Wiederherstellung Belgiens und Serbiens zu sichern und um die Gewißheit eines dauernden Friedens zu erwerben." Die Erklärung führt weiter aus, daß die Sozialisten manche Kritik an der wirtschaftlichen und politischen Führung des Krieges und an der mangelnden Einheit in der militärischen und diplomatischen Tätigkeit der Regierung zu üben hätten; sie weist sodann auf die Friedensrede von Bethmann Hollweg und die Antwort Asquiths hin und bedauert, daß die französische Regierung nicht ebenfalls das Wort ergriffen habe, denn diese Unterlassung des französischen Ministerpräsidenten könne dazu beitragen, das Ansehen des Reichskanzlers vor dem deutschen Volke zu stützen. Schließlich legt die Parteierklärung Verwahrung dagegen ein, daß die Pläne einer wirtschaftlichen Allianz unter den Ländern der Entente zu einem übertriebenen Protektionismus zum Schaden der Arbeiterklasse ausgenützt werden könnten. Die Erklärung ist von 87 Abgeordneten unterzeichnet, es fehlen nur die Unterschriften der 3 sozialistischen Minister und der 3 sozialistischen Dissidenten. Im Namen der Dissidenten wollte der Abg. Brizon eine besondere Erklärung verlesen. Diese Erklärung begann, wie aus den vereinzelten in der Presse mitgeteilten Bruchstücken hervorgeht, mit einer Verherrlichung der Minderheit der deutschen Sozialdemokratie, die "die Hoffnung der Welt" darstelle und der die französischen Genossen die Bruderhand darböten. Schon diese Einleitung wurde von einen furchtbaren Lärm auf der Rechten übertönt. In der Erklärung wird dann gegen die Rede protestiert, die der Präsident Poincare in Nancy gehalten hat. (Neuer Lärm.) Der Präsident Deschanel verbot dem Redner, das Staatsoberhaupt in die Diskussion zu ziehen und fügte hinzu: "Weder die Kammer noch irgend ein Franzose können in diesem Augenblick einem Waffenstillstand zustimmen oder einen Frieden annehmen, der einem Verzicht gleichkäme." Brizon antwortete: "Wir wollen nicht mehr unsere Soldaten fallen sehen, damit die Russen Konstantinopel nehmen können." Deschanel: "Diese Sprache ist eines Franzosen unwürdig." Brizon schloß mit den Worten: "Wir stimmen gegen die Kriegskredite für die Menschheit, für Frankreich, für den Sozialismus." (Neuer lebhafter Lärm und stürmische Unterbrechung.) Es ist bezeichnend, daß das sozialistische Parteiorgan, die "Humanité", den Wortlaut der Erklärung der Minderheit seinen Lesern vorenthält.
2)

 

Der deutsche Besuch in Bulgarien


Watschew

von Heydebrand

Sofia, 26. Juni. (Priv.-Tel.)
Gestern abend trafen die deutschen Reichstagsmitglieder mit einem Sonderzuge in Sofia ein. Zum Empfange waren auf dem Bahnhof erschienen der Präsident der Sobranje, Watschew, Abgeordnete aller großen Parteien, Vertreter des Gemeinderats, die Spitzen der Zivil- und Militärbehörden und Vertreter der mazedonischen Bruderschaft. Bürgermeister Radew hielt die Begrüßungsrede an die Gäste und brachte ein Hoch auf Deutschland aus, das begeistert aufgenommen wurde. Reichstagsabgeordneter Müller-Meiningen dankte im Namen der Deutschen für den Empfang und brachte ein Hoch auf das bulgarische Volk, den Zaren und die Armee aus. Die Straßen vom Bahnhof zum Hotel "Bulgaria" waren dicht voller Menschen, die Jugend bildete Spalier, die Automobile der deutschen Gäste wurden mit Blumen überschüttet; alles das schuf ein Bild, wie Sofia es nie gesehen hat. Müller-Meiningen bezeichnet die Fahrt durch Bulgarien als einen wahren Triumphzug.

Sofia, 26. Juni. (W. B.) 
Den deutschen Abgeordneten wird an allen Orten ein überaus herzlicher Empfang bereitet. In Tschuprija, wo sie bulgarisches Besetzungsgebiet betraten, wurden sie von dem Bezirkspräfekten begrüßt. Nach Nisch fuhren ihnen der königliche Kommissar, Gesandter Tschapraschikow und der Vizepräsident der Sobranje, Momtschilow, entgegen. Abgeordneter von Heydebrand dankte und brachte ein Hurra auf den Zaren und das bulgarische Volk aus. Namens der Armee bewillkommnete General Kutintschew die Gäste mit einer deutschen Ansprache, die in ein Hurra auf den Kaiser und das deutsche Volk und Heer ausklang. Nach einer kurzen Besichtigung der Stadt und der Zitadelle, wo die denkwürdige Begegnung des Deutschen Kaisers mit dem Zaren der Bulgaren stattfand, wurde die Fahrt mit dem Sonderzuge fortgesetzt. In Bela-Palanka, Pirot und Zaribrod war die gesamte Bevölkerung auf dem Bahnhofe erschienen und begrüßte die Gäste mit Tücherschwenken und begeisterten Zurufen. Die Ortsvorsteher hielten Ansprachen, auf die die Abgeordneten Naumann und Dr. Mayer mit herzlichen Worten antworteten.

Berlin, 26. Juni. (Priv.-Tel.)
Aus Anlaß des Besuchs deutscher Reichstagsabgeordneter in Sofia hat Oberbürgermeister Radew in Sofia an Oberbürgermeister Wermuth folgende telegraphische Begrüßung gesandt:
"Heute empfing die Bevölkerung der Hauptstadt Sofia festlich und freudevoll die Vertreter des Deutschen Reichstags als ersehnte teure Gäste. Die Ehre, welche uns durch den Besuch zuteil wird, schätzen wir hoch. Wir sind von dem Glauben durchdrungen, daß die politisch-ökonomischen Bande, welche das edle Germanenvolk mit dem bulgarischen verbinden, ewig dauern werden, und daß sie die Kraft, mit welcher die Zentralmächte der Kultur, dem Fortschritt und der Freiheit zusteuern, erhöhen werden. Ich benütze diese Gelegenheit, meinen heißen Dank für die großen Aufmerksamkeiten, welche die Berliner unseren Mitbürgern und Volksvertretern anläßlich des Besuches der letzteren im kaiserlichen Berlin zuteil werden ließen, auszusprechen. Das junge Sofia wird dem Besuche der deutschen Reichstagsabgeordneten eine ewige Erinnerung bewahren." Oberbürgermeister Wermuth hat folgenden telegraphischen Dank übermittelt: "Mit lebhafter, freudiger Genugtuung empfingen wir Ihren warmherzigen Ausdruck der Gefühle, mit denen Bulgariens Hauptstadt den Gegenbesuch der deutschen Volksvertreter ausgenommen hat, und sprechen Ihnen dafür unseren aufrichtigen Dank aus. Wir sind mit Ihnen der festen Zuversicht, daß die Bande der Waffen wie der Geister, die Bulgarien jetzt so eng mit dem Deutschen Reich verbinden, beiden Staatswesen eine politische und wirtschaftliche Entwicklung sicherstellen, wie sie dem Glauben an unserer Völker Sendung entspricht. Glückauf für diesen neuen Zeitabschnitt unserer Völkergeschichte."
2)

 

Bundesrats-Beschlüsse

Berlin, 26. Juni. (Priv.-Tel.) 
Vom Bundesrat ist eine Verordnung zur Bekämpfung des Kettenhandels in Lebens- und Futtermitteln erlassen worden. Ferner hat der Bundesrat eine Verordnung über die Gewinnung von Kraftfuttermitteln aus Küchenabfällen erlassen.
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Der 1. Weltkrieg im Juni 1916

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TEXTQUELLEN:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen
Nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus
4. Band
Nationaler Verlag, Berlin SW 68
(1916)

2) "Frankfurter Zeitung" (1916)

 

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