Der Weltkrieg am 29. August 1916

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

Hindenburg Chef des Generalstabes des Feldheeres

Ludendorff Generalquartiermeister

Generalfeldmarschall von Hindenburg

Generalfeldmarschall von Beneckendorff und von Hindenburg

Berlin, 29. August. 
Seine Majestät der Kaiser hat durch Allerhöchste Kabinettsorder vom heutigen Tag den Chef des Generalstabes des Feldheeres, General der Infanterie von Falkenhayn, zwecks anderweitiger Verwendung von dieser Stellung enthoben. 
Zum Chef des Generalstabes des Feldheeres hat Seine Majestät den Generalfeldmarschall von Beneckendorff und von Hindenburg ernannt, zum ersten Generalquartiermeister den Generalleutnant Ludendorff unter Beförderung zum General der Infanterie.
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Der deutsche Heeresbericht:

Gefechte mit russisch-rumänischen Vortruppen

Großes Hauptquartier, 29. August. 
Westlicher Kriegsschauplatz: 
In vielen Abschnitten der Front machte sich eine erhöhte Feuertätigkeit des Feindes bemerkbar. 
Im Somme- und Maasgebiet nahm der Artilleriekampf wieder große Heftigkeit an. 
Nördlich der Somme wiederholten sich die mit erheblichen Kräften unternommenen englischen Angriffe zwischen Thiepval und Pozières. Sie sind blutig gescheitert, zum Teil führten sie zum Nahkampf, der nördlich von Ovillers mit Erbitterung fortgesetzt wird. Mehrere Handgranatenangriffe wurden am Delville-Walde und südöstlich von Guillemont abgewiesen. 
Rechts der Maas griffen die Franzosen zwischen dem Werk Thiaumout und Fleury, sowie im Bergwalde an. Im Feuer der Artillerie, der Infanterie und Maschinengewehre brachen die Angriffswellen zusammen. 
Schwächere feindliche Vorstöße südlich und südöstlich von St. Mihiel blieben ohne Erfolg.
Drei feindliche Flugzeuge sind im Luftkampf abgeschossen, und zwar eins südlich von Arras, zwei bei Bapaume. Ein viertes fiel östlich von St. Quentin unversehrt in unsere Hand.
Östlicher Kriegsschauplatz: 
An einzelnen Stellen war die Feuertätigkeit etwas lebhafter. Westlich des Stochod bei Rudka Czerewiszcze kam es zu Infanteriekämpfen; nördlich des Dnjestr wurden. Bei Abwehr schwacher russischer Angriffe über 100 Gefangene gemacht. 
In den Karpathen fanden Zusammenstöße mit russisch-rumänischen Vortruppen statt. 
Bei Bursztyn (an der Gnila Lipa) wurde ein russisches Flugzeug im Luftkampf zur Landung gezwungen.
Balkan-Kriegsschauplatz:
Keine Ereignisse von besonderer Bedeutung.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Die Versenkung des Hilfskreuzers "Duke of Albany"

Berlin, 29. August.
Am 24. August hat eines unserer Unterseeboote in der nördlichen Nordsee einen englischen Hilfskreuzer versenkt. 
(Notiz: Es handelt sich offenbar um den von amtlicher englischer Seite als gesunken gemeldeten Hilfskreuzer "Duke of Albany".)
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Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Die Kämpfe im ungarisch-rumänischen Grenzgebirge

Wien, 29. August. 
Amtlich wird verlautbart:
Östlicher Kriegsschauplatz: 
Der Donaumonitor "Almos" zerstörte durch Feuer bei Turnu-Severin mehrere militärische Anlagen. 
An allen Übergängen der 600 km langen ungarisch-rumänischen Grenzgebirge sind unsere Grenzsicherungstruppen ins Gefecht gekommen. Der Feind holte sich, wo er auf unsere Bataillone stieß, blutige Köpfe; namentlich nordöstlich von Orsowa, bei Petroseny, im Gebiete des Vöröstorony (Roter Turm)-Passes, auf den Höhen südlich von Brasso, auf denen das tapfere Szeklerinfanterieregiment Nr. 82 heimischen Boden verteidigte, und im Gyergyogebirge. Nur das weite Ausholen starker rumänischer Umfassungskolonnen vermochte unsere vorgeschobenen Abteilungen zu veranlassen, rückwärts angelegte und planmäßig zugewiesene Stellungen zu beziehen. 
In der Bukowina und in den galizischen Karpathen keine besonderen Ereignisse. Bei den gestern gemeldeten Kämpfen nördlich von Mariampol wurden über 100 Mann und ein Maschinengewehr eingebracht. 
Südlich von Zborow vereitelten unsere Truppen russische Annäherungsversuche durch Gegenstoß. 
Hindenburgfront: 
Bei Szelwow brach ein russischer Angriff in unserem Artilleriefeuer zusammen. Bei Rudka Czerewiszcze kam es zu Infanteriekämpfen.
Italienischer Kriegsschauplatz: 
Die Tätigkeit des Feindes ist in mehreren Frontabschnitten lebhafter geworden. 
Unsere Stellungen auf den Fassaner Alpen stehen unter andauerndem starken Geschützfeuer. Angriffe gegen die Cauriolscharte und die Cima di Cece wurden abgeschlagen; der Cauriolgipfel fiel nach hartnäckigem Kampf in Feindeshand. An der Dolomitenfront scheiterten mehrere Vorstöße der Italiener gegen unsere Rufreddostellungen. 
Im Plöckenabschnitt und an der küstenländischen Front zwischen dem Col Santo und Nova Vas versuchte feindliche Infanterie an mehreren Stellen, mit kräftiger Artillerieunterstützung vorzugehen. Diese Versuche wurden überall vereitelt.
Südöstlicher Kriegsschauplatz: 
Unsere Donau-Flottille schoß die Petroleumraffinerie bei Giurgiu in Brand.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
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Der Wortlaut der rumänischen Kriegserklärung

Kopenhagen, 29. August.
Die Petersburger Telegraphen-Agentur verbreitet folgende Meldung aus Bukarest:
Nach dem Kronrat wurde dem österreichisch-ungarischen Gesandten Grafen Czernin folgende Note übermittelt:
Das zwischen Deutschland, Österreich-Ungarn und Italien abgeschlossene Bündnis hatte nach den ebenen Erklärungen der Regierungen nur einen wesentlich erhaltenden und verteidigenden Charakter. Sein Hauptziel war, die verbündeten Länder gegen jeden von außen kommenden Angriff zu schützen und einen Zustand zu befestigen, der durch frühere Verträge geschaffen worden war. In dem Wunsche, seine Politik mit diesen friedlichen Bestrebungen in Einklang zu bringen, schloß sich Rumänien diesem Bündnis an, mit dem Werke seiner inneren Verfassung beschäftigt und treu seinem festen Entschlusse, in der Gegend an der unteren Donau ein Element der Ordnung und des Gleichgewichtes zu bleiben. Rumänien hörte nicht auf, zur Aufrechterhalte des Friedens am Balkan beizutragen. Die letzen Balkankriege, welche den status quo zertrümmerten, zwangen ihm eine neue Richtung für sein Verhalten auf. Sein Eingreifen bewirkte den Frieden und stellte das Gleichgewicht wieder her. Rumänien begnügte sich mit einer Grenzberichtigung, die ihm mehr Sicherheit gegen einen Angriff verschaffte und zu gleicher Zeit eine Ungerechtigkeit gut machte, die zu seinem Schaden aus dem Berliner Kongreß begangen worden war. Aber in der Verfolgung dieses Zieles erlebte Rumänien die Enttäuschung, feststellen zu müssen, daß es von seiten des Wiener Kabinetts nicht der Haltung begegnete, die es mit Recht erwarten konnte.
Als der gegenwärtige Krieg ausbrach, lehnte es Rumänien ebenso wie Italien ab, sich der Kriegserklärung Österreich-Ungarns anzuschließen, von der es vorher vom Wiener Kabinett nicht benachrichtigt worden war. Im Frühjahr 1915 trat Italien in den Krieg mit Österreich-Ungarn. Der Dreibund bestand nicht mehr. Die Gründe, welche den Anschluß Rumäniens an dieses politische System bestimmt hatten, verschwanden in demselben Augenblick.
An die Stelle einer Gruppe von Staaten, die durch gemeinsame Anstrengungen an der Sicherung des Friedens und der Erhaltung der tatsächlichen und rechtlichen Lage, wie sie durch die Verträge geschaffen war, zu arbeiten suchten, befand man sich Mächten gegenüber, die nur in der bestimmten Absicht Krieg führten, die früheren Verhältnisse, die als Grundlage ihres Bündnisvertrages gedient hatten, von Grund aus zu ändern. Diese tiefen Änderungen waren für Rumänien der klare Beweis, daß das Ziel, welches es verfolgen sollte, als es sich dem Dreibunde anschloß, nicht mehr erreicht werden konnte, und daß es seine Absichten und Anstrengungen in neue Wege lenken mußte. Dies um so mehr, als das von Österreich-Ungarn unternommene Werk einen die wesentlichen Interessen Rumäniens ebenso wie seine legitimsten nationalen Wünsche bedrohenden Charakter annahm. Angesichts einer so radikalen Änderung der zwischen der österreichisch-ungarischen Monarchie und Rumänien geschaffenen Lage hat letzteres seine Handlungsfreiheit wiedergewonnen. Die Neutralität, welche sich die Königliche Regierung nach einer Kriegserklärung auferlegte, die außerhalb ihres Willens und entgegen ihren Interessen erlassen worden war, war in erster Linie infolge der zu Anfang von der Kaiserlich-Königlichen Regierung gegebenen Zusicherungen angenommen worden, daß die Monarchie bei ihrer Kriegserklärung an Serbien nicht von Eroberungsdrang beseelt gewesen sei, und daß sie in keiner Hinsicht auf Landerwerb ausgehe. Diese Justierungen haben sich nicht verwirklicht. Heute stehen wir vor einer tatsächlichen Lage, aus der große territoriale und politische Umänderungen hervorgehen können, die derart sind, daß sie eine schwere Bedrohung der Sicherheit und Zukunft Rumäniens bilden. Das Friedenswerk, welches Rumänien, treu dem Geiste des Dreibundes, zu schaffen versucht hatte, wurde so von denjenigen selbst unfruchtbar gemacht, die dazu berufen waren, es zu stützen und zu verteidigen.
Als Rumänien sich 1883 der Gruppe der Mittelmächte anschloß, hatte es, weit entfernt, die Bande des Blutes zu vergessen, welche die Bevölkerung des Königreichs mit den rumänischen Untertanen der österreichisch-ungarischen Monarchie verband, in den zwischen den drei großen Mächten geschaffenen Beziehungen der Freundschaft und des Bündnisses ein wertvolles Pfand seiner inneren Ruhe wie auch der Verbesserung des Schicksals der Rumänen Österreich-Ungarns ist. In der Tat konnten Deutschland und Italien, die ihre Staaten auf der Grundlage des Nationalitätenprinzips wieder aufgebaut hatten, nichts anderes als die Gesetzmäßigkeit der Grundlage anerkennen, auf der ihr eigenes Dasein beruhte. Was Österreich-Ungarn betrifft, so fand es in den freundschaftlichen Beziehungen, welche sich zwischen ihm und dem Königreich Rumänien entwickelten, die Sicherheiten für seine Ruhe sowohl im Innern wie an unseren gemeinsamen Grenzen; denn es wußte sehr wohl, in welchem Grade die Unzufriedenheit der dortigen rumänischen Bevölkerung bei uns widerhallte, indem sie jeden Augenblick die guten Beziehungen zwischen den beiden Staaten zu stören drohte. Die Hoffnung, die wir unter diesem Gesichtspunkt auf unsere Zugehörigkeit zum Dreibunde gesetzt hatten, wurde mehr als 30 Jahre lang getäuscht. Die Rumänen der Monarchie haben nicht nur niemals Reformen einführen sehen, die ihnen auch nur scheinbare Genugtuung hätten geben können, sondern sie wurden im Gegenteil wie eine minderwertige Rasse behandelt und dazu verdammt, die Unterdrückung durch ein fremdes Element zu erleiden, das nur eine Minderheit inmitten der verschiedenen Nationalitäten bildet, aus denen die österreichisch-ungarischen Staaten begehen. All die Ungerechtigkeiten, die man so unsere Brüder erleiden ließ, hielten zwischen unsrem Lande und der Monarchie einen fortwährenden Zustand der Animosität aufrecht, den die Regierungen des Königreichs schließlich nur um den Preis großer Schwierigkeiten und zahlreicher Opfer besänftigen konnten.
Als der jetzige Krieg ausbrach, konnte man hoffen, daß die österreichisch-ungarische Regierung wenigstens in letzter Stunde sich von der dringenden Notwendigkeit würde überzeugen lassen, diese Ungerechtigkeit aufzugeben, die nicht nur unsere freundschaftlichen Beziehungen, sondern sogar die normalen Beziehungen, die zwischen benachbarten Staaten bestehen sollen, in Gefahr brachte. Zwei Kriegsjahre, während deren Rumänien seine Neutralität aufrecht erhielt, haben bewiesen, daß Österreich-Ungarn jeder inneren Reform abgeneigt, die das Leben der von ihm regierten Völker besser gestalten konnte, sich ebenso bereit zeigte, sie zu opfern, wie ohnmächtig, sie gegen äußere Angriffe zu verteidigen.
In dem Kriege, an dem fast das ganze Europa beteiligt ist, handelt es sich um die wichtigsten Fragen, die die nationale Entwicklung und sogar die Existenz der Staaten berühren. Rumänien in dem Wunsche, dazu beizutragen, daß das Ende des Konflikts beschleunigt werde und unter dem Zwange der Notwendigkeit, seine Rasseninteressen zu wahren, sieht sich gezwungen, an die Seite derer zu treten, die ihm die Verwirklichung seiner nationalen Einigung sichern können Aus diesen Gründen betrachtet es sich von diesem Augenblick an als im Kriegszustand mit Österreich-Ungarn befindlich.
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Beschlagnahme des Palazzo Venezia durch Italien

Bern, 29. August.
Der Palazzo Venezia, das Heim der österreichisch-ungarischen Botschaft beim päpstlichen Stuhl, ist von seiten der italienischen Regierung beschlagnahmt worden.
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Der 1. Weltkrieg im August 1916

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TEXTQUELLEN:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen
Nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus
5. Band
Nationaler Verlag, Berlin SW 68
(1916)

 

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