Bericht
aus dem deutschen Großen Hauptquartier vom 14. Oktober 1916
Nach
den um die Wende August September 1916 vorliegenden Nachrichten waren
in der Dobrudscha und in dem wichtigen Donaubrückenkopf Tutrakan
zunächst nur verhältnismäßig schwache feindliche
Kräfte versammelt. Sie überraschend anzugreifen, versprach einen
schönen Erfolg. Dem linken Flügel der bulgarischen Armee fiel
die Aufgabe zu, die ersten starken Schläge gegen den neuen Feind
zu führen; abgesehen davon, daß bei Tutrakan die feindlichen
Kräfte am schnellsten zu treffen waren, mußten die Rumänen
durch Wegnahme dieses Brückenkopfes gezwungen werden, mindestens
bis Silistria zurückzugehen. Wie die späteren Ereignisse zeigen,
trafen aber die ersten Schläge so gut, daß auch dieser wichtige
Platz kampflos geräumt werden mußte.
Demgemäß war von dem Oberbefehlshaber der verbündeten
deutsch-bulgarischen Truppen in Nordbulgarien, Generalfeldmarschall von
Mackensen, die Versammlung der bulgarischen Armee befohlen worden, so
rechtzeitig, daß bereits für den 2. September früh der
Vormarsch starker Kräfte aus dem Raum westlich Karaac in die Linie
Kasimlar-Ahmatlar-Belica-Mese Mahle angeordnet werden konnte. Diese Teile
hatten die Aufgabe, die Süd- und Sudwestfront der Festung anzugreifen,
während deutsche Truppen, die Abteilung des Majors Freiherrn von
H., verstärkt durch mehrere Bataillone bulgarischen Landsturms, den
äußersten linken Flügel bildeten.
Diese Abteilung sollte in der Folge einen hervorragenden Anteil an der
weiteren Entwicklung der siegreichen Kämpfe um Tutrakan nehmen. Die
Mitte unter dem Befehl des Abteilungsführers bildeten die deutschen
Kräfte, denen sich rechts und links zwei Gruppen unter bulgarischer
Führung anreihten. Auf dem rechten Flügel sicherten Ulanen und
deutsche Artillerie den Raum zwischen Abteilung H. und der benachbarten
bulgarischen Division. Diese wurde am 3. September morgens in der Linie
Denitzler - Mese Mahle - Sijahlar gemeldet, während Abteilung H., die
wie befohlen am 2. September die Grenze überschritten hatte, sich
mit der mittleren Gruppe östlich Türk Smil befand.
Im Laufe des 3. und 4. September schoben sich die bulgarischen Hauptkräfte
näher an den Brückenkopf heran; das Dorf Dajdir wurde im Sturm
genommen. Da der linke Flügel der Abteilung H. nördlich der
Straße Rustschuk-Tutrakan in völlig offenem Gelände unter
starkem Artillerie- und Maschinengewehrfeuer vom jenseitigen Donau-Ufer
und von Kanonenbooten auf der Donau aus zu leiden hatte, war das Vorwärtskommen
auch für die mittlere, deutsche Gruppe schwierig. Dennoch gelang
es ihr, am 9. September Höhe 131, westlich Staroselo, zu nehmen und
an ihrem Westhange ihre Artillerie in Stellung zu bringen. So waren die
Vorbedingungen für den eigentlichen Angriff auf die innere Fortlinie
für den 5. September gegeben. In diese wurde die erste Bresche durch
die bulgarische Brigade auf dem rechten Flügel geschlagen. Fort 8
westlich Antimovo fiel durch Sturm in die Hand der tapferen Bulgaren,
es folgten an demselben Tage die Werke 5, 6 und 7. Vor der Abteilung H.
waren in der Nacht vom 4. zum 5. September die feindlichen Vorposten auf
die stark befestigte Höhenstellung östlich der Straße
Sijahlar - Tutrakan zurückgegangen. Ein deutsches Bataillon besetzte
entschlossen den Ostrand von Staroselo, und bald darauf hatten auch die
bulgarischen Truppen rechts und links Gelände gewonnen. Am 5. September
vormittags eröffnete die deutsche Artillerie das Feuer auf Werk 2
(Höhe 109) und die Stellung nördlich und südlich dieses
Werkes. Bis zum Mittag hatte sich deutsche Infanterie bereits auf 400
m an Fort 2 herangearbeitet, und 5 Uhr 30 Minuten nachmittags war es in
der Hand der Deutschen. 5 Panzergeschütze wurden hier mit stürmender
Hand genommen, wovon eines auf den fliehenden Feind verwendet werden konnte.
Mit 41 Bataillonen, 20 Batterien und 6 Eskadrons hatte der Feind geglaubt,
die für ihn so wichtige Brückenkopfstellung halten zu können,
dazu in mehreren hintereinander liegenden, besonders stark mit allen technischen
Mitteln ausgebauten Infanteriestellungen, die mit 6 bis 7 m breiten Drahthindernissen,
Wolfsgruben usw. versehen waren. Aber der Feind hatte nicht mit dem Angriffs-
und Siegerwillen der deutsch-bulgarischen Truppen gerechnet. Am Abend
des 5. September waren die Forts 2 bis 9, die Hauptstellung, genommen.
Für den 6. September war geplant, mit dem linken Flügel über
Höhe 62 vorgehend, die Division zum Angriff gegen die letzte Stellung
der Rumänen vorzuführen. Abteilung H. erhielt den Befehl, die
nördlichsten Werke 0 und 1 zu nehmen. Die Abteilung, die bis zum
5. September abends die Front nach Nordisten hatte, nahm nun die Front
nach Norden und setzte am 6. September vormittags aus Linie Höhe
62 - Werk 2 erneut den Angriff an. 1 Uhr nachmittags hatte sie die Stellungen
nördlich Werk 2 in unwiderstehlichem Ansturm genommen, eine Panzerbatterie
und eine lange Kanonenbatterie auf dem Rücken, der sich von Tutrakan
nach Südwesten zieht, erobert. Ein letzter verheißungsvoller
Stoß des Feindes, der bei Höhe 62 durchzubrechen versuchte,
wurde abgewiesen. Inzwischen hatten auch die Bulgaren im Südosten
und Osten der Stadt den eisernen Ring geschlossen. 8 Uhr abends rückten
als erste deutsche Kompanien in die Stadt ein. Etwa 28000 Gefangene, über
400 Offiziere, darunter 3 Brigadegenerale, über 100 Geschütze,
darunter viele schwere, und 2 Fahnen waren die Beute. Auf ein deutsches
Bataillon entsielen allein 15 Geschütze, darunter 4 Kruppsche lange
15 cm- Ringkanonen Modell 88 und 4 10 cm-Skoda-Haubitzen Modell 04, alle
in Schirmlafetten, große Mengen von Artillerie- und Infanteriemunition,
Gerät und Ausrüstungsstücke. Die Tage von Tutrakan bilden
ein neues Ruhmesblatt in der Geschichte der an der Wegnahme beteiligten
Truppen. |