Der
österreichisch-ungarische Heeresbericht:
Die
Kämpfe im Südosten
Wien,
16. September. (W. B.)
Aus dem Kriegspressequartier wird amtlich gemeldet:
Der Sieg an der Huczwa hatte eine Kriegslage geschaffen, die es ermöglichte,
zu einem Angriffe gegen die in Ostgalizien eingebrochenen, sehr starken
russischen Kräfte vorzugehen. In Erkenntnis der Notwendigkeit, unsere
nach den Gefechten östlich Lemberg zurückgegangene Armee zu
unterstützen, erhielt die in der Schlacht bei Komarow siegreich gewesene
Armee den Befehl, gegen den geschlagenen Feind nach kurzer Verfolgung
nur untergeordnete Kräfte zurückzulassen, ihr Gros aber in dem
Raume Narol-Uhnow zur Vorrückung in der ihrer bisherigen Angriffsrichtung
fast entgegengesetzten Direktion Lemberg zu gruppieren, was schon am 4.
September durchgeführt war. Die Russen schienen nach dem Einzuge
in die ihnen kampflos überlassene Hauptstadt Galiziens einen Flankenstoß
in der Richtung Lublin vorzuhaben, wobei sie unsere hinter die Grodecker
Teichlinie zurückgeführte Armee wohl vernachlässigen zu
können glaubte. Indessen stand diese Armee bereit, in die zu erwartende
Schlacht unserer nun von Norden gegen Lemberg anrückenden Armeen
einzugreifen. Am 5. September war letztere Heeresgruppe bereits über
die Bahnstrecke Rawaruska-Horynice hinausgelangt. Sich weiterhin mit dem
linken Flügel im Raum von Rawaruska behauptend, schwenkte sie mit
dem rechten Flügel am 6. September bis Kunriki, trat am 7. September
in einen ernsten Kampf gegen starke nordwärts vorgeschobene feindliche
Kräfte. Mit Tagesanbruch des 8. September begann auf der 70 Kilometer
breiten Front Komarow-Rawaruska unser allgemeiner Angriff, der bis zum
11. September durchaus erfolgreich, namentlich am südlichen Flügel.
nahe an Lemberg herangetragen worden ist. Trotz dieser Erfolge ist es
notwendig geworden, eine neue Gruppierung unseres Heeres anzuordnen, weil
sein Nordflügel bei Rawaruska bedroht war und frische, weit überlegene
russische Kräfte sowohl gegen die vorwärts Krasnik kämpfende
Armee als auch in dem Raume zwischen dieser und dem Schlachtfelde von
Lemberg vorgingen. In den schweren Kämpfen östlich Grodek am
10. September waren die Erzherzöge Armeekommandant Friedrich und
Karl Franz Josef bei der dort angreifenden Division. Wie in allen bisherigen
Schlachten und Gefechten haben unsere braven, nun schon seit drei Wochen
ununterbrochen kämpfenden Truppen auch vor Lemberg ihr Bestes geleistet
und ihre Bravour und Tüchtigkeit abermals erwiesen. In der fünftägigen
Schlacht hatten beide Teile schwere Verluste; namentlich bei Rawaruska
wurden mehrere Nachtangriffe der Russen blutig abgeschlagen. Gefangene
Russen, darunter viele Offiziere, wurden wieder in Massen eingebracht.
Aus Ausweisen unserer leitenden Etappenbehörden geht hervor, dass
bisher 41000 Russen und 8000 Serben in das Innere der Monarchie abgeschoben
worden sind; bisher wurden über 300 Feldgeschütze im Kampfe
erobert. - Resumierend kann hervorgehoben werden, daß unsere Armee
bisher in aktivster Weise in heldenmütigstem Kampfe dem numerisch
überlegenen, tapferen und hartnäckig kämpfenden Feinde
erfolgreich entgegentreten konnte.
Der Stellvertreter
des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Generalmajor.
Wien
16. September. (W. B. Korr.-Bureau.)
Die Petersburger Telegraphenagentur hat in den letzten Tagen die gewohnten
phantastischen Siegesmeldungen anläßlich des Abbruches der
Schlacht bei Lemberg gebracht. Als Beleg für diese wird von 30000
Kriegsgefangenen, die die Russen gemacht hätten, und vom Verluste
von 90 Kanonen gesprochen. Es ist interessant, festzustellen, daß
in dem offiziellen Communique des russischen Generalstabes vom 14. September
über die Ereignisse um Lemberg nunmehr von 30 Kanonen und 8000 Gefangenen
die Rede ist. Von der Armee des Generals Brussilow wird zugegeben, daß
sie sich in kritischer Lage befand, und daß es ihr nur nach schweren
Kämpfen gelungen ist, uns den Sieg zu entreißen. Es war zu
erwarten, daß die russischen Communiques die aus strategischen Rücksichten
trotz des Sieges unserer Heereskörper um Lemberg erfolgte Zurücknahme
unserer Armee zum Anlaß nehmen würden, Siegesnachrichten in
die Welt zu posaunen. Daß dies in so zahmer Weise geschieht, dürfte
die Öffentlichkeit davon überzeugen, daß man unseren offiziellen
Nachrichten, die nichts beschönigen und nichts verhehlen, volles
Vertrauen entgegenbringen kann.
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