Der Weltkrieg am 24. Oktober 1914

DEUTSCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Der Yserkanal überschritten

Großes Hauptquartier, 24. Oktober, vormittags.
Die Kämpfe am Yser-Ypern-Kanal-Abschnitt sind außerordentlich hartnäckig. Im Norden gelang es uns, mit erheblichen Kräften den Kanal zu überschreiten. Östlich Ypern und südwestlich Lille drangen unsere Truppen in heftigen Kämpfen langsam weiter vor. Ostende wurde gestern in völlig zweckloser Weise von englischen Schiffen beschossen.
Im Argonnenwald kamen unsere Truppen ebenfalls vorwärts; es wurden mehrere Maschinengewehre erbeutet und eine Anzahl Gefangener gemacht. Zwei französische Flugzeuge wurden hier heruntergeschossen.
Nördlich Toul, bei Flirey, lehnten die Franzosen eine von uns zur Bestattung ihrer in großer Zahl vor der Front liegenden Toten und zur Bergung ihrer Verwundeten angebotene Waffenruhe ab.
Westlich Augustow erneuerten die Russen ihre Angriffe, die sämtlich abgeschlagen wurden.
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Die Schlacht am Yserkanal

Amsterdam, 24. Oktober. (Priv.-Tel.)
Der "Telegraaf" meldet von der Grenze: Die Belgier kämpfen mit großem Mut unter den Augen ihres Königs. In der Nacht hörte die Beschießung nicht auf. Heute morgen trat auf beiden Seiten eine Ruhepause ein und der Kanonendonner war weniger heftig, aber gegen Mittag begann er wieder in alter Stärke. Deutsche Marinesoldaten haben gestern Heyst und Knocke und verschiedene zwischen Sluis und Brügge gelegene Dörfer besetz. Die Deutschen bewachen den Leuchtturm von Knocke, wahrscheinlich, um nicht durch eine Landung der Engländer überrascht zu werden; auch sind Wachtposten auf den Dünen aufgestellt. Englische Bürger, die sich noch an der Küste befinden, müssen heute vor 12 Uhr das Land verlassen haben. Weitere fortdauernde Truppenbewegungen finden in der Richtung nach Brügge statt. Am Freitag kamen in Antwerpen, Brügge und Gent Truppen mit Bestimmung nach Thourout und Westende an. Am Donnerstag Abend wurden einige belgische Gefangene in die Tuchhalle von Brügge gebracht. Die Besatzung von Brügge besteht aus Bayern und Marinesoldaten; auf dem Regierungsgebäude weht die bayerische Flagge. Die Stadt ist ruhig. Post und Telegraph arbeiten allerdings noch nicht.
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Die Vernichtung des Kreuzers "Hawke"

Berlin 24. Oktober.
Amtlich wird bekanntgegeben:
Die bereits früher nichtamtlich gemeldete, am 13. Oktober mittags erfolgte Vernichtung des englischen Kreuzers "Hawke" durch ein deutsches Unterseeboot wird hierdurch amtlich bestätigt. Das Unterseeboot ist wohlbehalten zurückgekehrt. Am 20. Oktober ist der englische Dampfer "Glitra" an der norwegischen Küste von einem deutschen Unterseeboot durch Öffnen der Ventile versenkt worden, nachdem die Besatzung auf Aufforderung das Schiff in den Schiffsbooten verlassen hatte.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabs.
Behncke.
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Vom Krieg mit Rußland

Wien, 24. Oktober. (W. B.)
Aus dem Kriegspressequartier wird amtlich gemeldet:
Die Methoden der russischen Kriegführung finden durch eine aus zuverlässiger Quelle stammende Nachricht neuerdings eine Illustration. Hiernach setzten die Russen auf die Gefangennahme oder den Tod eines unserer Truppenführer einen Preis von 80000 Rubel. Nun erklärt sich auch ein Attentat auf einen dieser Kommandanten, das glücklicherweise erfolglos blieb.
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Der Hochverratsprozeß in Sarajewo

Sarajewo, 24. Oktober (W. B.)
Im Hochverratsprozeß hielt der Staatsanwalt nach Beendigung des Beweisverfahrens sein Plädoyer, in welchem er die Hauptergebnisse der Verhandlung zusammenfaßte. Diese habe den unwiderleglichen Beweis erbracht, daß Serbien, welches seine selbständige Existenz und seine vielfachen Gebietserweiterungen hauptsächlich der österreichisch-ungarischen Monarchie verdanke und dieses Entgegenkommen nur mit Haß vergolten habe, aufgestachelt durch das despotische Zarenreich, das Serbien zu seinen eigenen Zwecken gegen Österreich-Ungarn als Werkzeug benutzte, in den Größenwahn verfallen sei. im Süden unter den Slawen dieselbe Rolle zu spielen wie Rußland im Norden. Von diesem megalomanen Gedanken erfüllt, scheute die serbische Regierung kein Mittel, um unter dem Deckmantel der südslawischen Einheit alle von Südslawen bewohnten Gebiete der Monarchie und zwar in erster Linie Bosnien und die Herzegowina mit Serbien zu vereinen. Serbische Minister, ja selbst der Thronfolger, seien erwiesenermaßen vielfach mit gegen die leitenden Staatsmänner der Monarchie, ja sogar gegen den Erzherzog gedungenen Mördern in persönliche Berührung getreten. Das übrige tat als Werkzeug der serbischen Regierung der Verein "Narodna Obrana", der alle Schichten der südslawischen Gesellschaft der Monarchie vergiftet und die kulturellen, wirtschaftlichen und finanziellen Vereine von Bosnien und der Herzegowina gewonnen habe, die ihm als Werkzeug und Mittel für die Wühlarbeit der großserbischen Propaganda und des Hochverrats gegen die Monarchie dienten. Nach den übereinstimmenden Aussagen der Angeklagten selbst habe der ermordete Thronfolger den Tendenzen der serbischen Regierungskreise im Wege gestanden. Diese beschlossen daher, dieses Bollwerk gegen das Großserbentum um jeden Preis zu vernichten. Die serbische Regierung habe die gedungenen Mörder mit Geld und Waffen versehen. Der Mord von Sarajewo sei nur ein neues Glied in der langen Kette der Verbrechen gewesen, die die serbische Regierung gegen die Monarchie im Interesse ihrer imperialistischen Zwecke teils angezettelt, teils vollbracht habe. Der Staatsanwalt beantragte schließlich die Bestrafung der Angeklagten im Sinne der Anklageschrift.
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Der 1. Weltkrieg im Oktober 1914

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1914)

 

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