Der
Hochverratsprozeß in Sarajewo
Sarajewo,
24. Oktober (W. B.)
Im Hochverratsprozeß hielt der Staatsanwalt nach Beendigung
des Beweisverfahrens sein Plädoyer, in welchem er die Hauptergebnisse
der Verhandlung zusammenfaßte. Diese habe den unwiderleglichen Beweis
erbracht, daß Serbien, welches seine selbständige Existenz
und seine vielfachen Gebietserweiterungen hauptsächlich der österreichisch-ungarischen
Monarchie verdanke und dieses Entgegenkommen nur mit Haß vergolten
habe, aufgestachelt durch das despotische Zarenreich, das Serbien zu seinen
eigenen Zwecken gegen Österreich-Ungarn als Werkzeug benutzte, in
den Größenwahn verfallen sei. im Süden unter den Slawen
dieselbe Rolle zu spielen wie Rußland im Norden. Von diesem megalomanen
Gedanken erfüllt, scheute die serbische Regierung kein Mittel, um
unter dem Deckmantel der südslawischen Einheit alle von Südslawen
bewohnten Gebiete der Monarchie und zwar in erster Linie Bosnien und die
Herzegowina mit Serbien zu vereinen. Serbische Minister, ja selbst der
Thronfolger, seien erwiesenermaßen vielfach mit gegen die leitenden
Staatsmänner der Monarchie, ja sogar gegen den Erzherzog gedungenen
Mördern in persönliche Berührung getreten. Das übrige
tat als Werkzeug der serbischen Regierung der Verein "Narodna Obrana",
der alle Schichten der südslawischen Gesellschaft der Monarchie vergiftet
und die kulturellen, wirtschaftlichen und finanziellen Vereine von Bosnien
und der Herzegowina gewonnen habe, die ihm als Werkzeug und Mittel für
die Wühlarbeit der großserbischen Propaganda und des Hochverrats
gegen die Monarchie dienten. Nach den übereinstimmenden Aussagen
der Angeklagten selbst habe der ermordete Thronfolger den Tendenzen der
serbischen Regierungskreise im Wege gestanden. Diese beschlossen daher,
dieses Bollwerk gegen das Großserbentum um jeden Preis zu vernichten.
Die serbische Regierung habe die gedungenen Mörder mit Geld und Waffen
versehen. Der Mord von Sarajewo sei nur ein neues Glied in der langen
Kette der Verbrechen gewesen, die die serbische Regierung gegen die Monarchie
im Interesse ihrer imperialistischen Zwecke teils angezettelt, teils vollbracht
habe. Der Staatsanwalt beantragte schließlich die Bestrafung der
Angeklagten im Sinne der Anklageschrift. 2)
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