Der Weltkrieg am 29. März 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Tauroggen im Sturm genommen - 
Generaloberst v. Kluck leicht verwundet

Generaloberst v. Kluck
Generaloberst v. Kluck

Großes Hauptquartier, 29. März
Westlicher Kriegsschauplatz:
Der Tag verlief auf der ganzen westlichen Front ziemlich ruhig, nur im Argonner Walde und in Lothringen fanden kleine für uns erfolgreiche Gefechte statt.
Generaloberst v. Kluck wurde bei Besichtigung der vorderen Stellungen seiner Armee durch einen Schrapnellschuß leicht verwundet. Sein Befinden ist zufriedenstellend
Östlicher Kriegsschauplatz:
Tauroggen wurde von unseren Truppen im Sturm genommen, 300 Russen gefangengenommen.
An der Bahn Wirballen-Kowno brach bei Pilwiszki ein russischer Angriff unter schwersten Verlusten zusammen.
In Gegend Krasnopol machten wir über 1000 Gefangene, darunter eine Eskorte Gardeulanen mit Pferden und erbeuteten 5 Maschinengewehre.
Ein russischer Angriff nordwestlich von Ciechanow wurde abgewiesen.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Eine Ansprache des Königs von Württemberg

König Wilhelm II. von Württemberg

König Wilhelm II. von Württemberg

Stuttgart, 29. März. (W. B. )
Bei der heutigen Truppenvereidigung hielt der König nach Schluß der Vereidigung vor der Kirche folgende Ansprache an die Truppen:
"Kameraden! Ihr habt soeben einen heiligen Eid geschworen, Eure Pflicht als Soldaten bis zum letzten Atemzuge zu erfüllen. Es war mir ein Herzensbedürfnis, in diesem feierlichen Augenblick in Eurer Mitte zu erscheinen und Euch dem Schutze des Höchsten zu empfehlen, daß er Euch auf Eurem neuen Lebenswege und in der neuen Pflicht, die an Euch herantritt, beschützen und bewahren möge. Ich weiß, daß es für viele von Euch ein schweres Opfer ist, aus Eurem seitherigen Berufe herausgerissen zu werden, selbst von der Familie und allem persönlich Lieben und Teuren, aber ich weiß, daß jeder Deutsche den letzten Blutstropfen einsetzen wird zum Schutze unseres angegriffenen Vaterlandes. Ich weiß, daß ich mich ganz auf Euch verlassen kann. Meine besten, innigsten Wünsche begleiten Euch. Gott befohlen. Nun stimmt alle mit mir ein in den Ruf, von dem jedes deutsche Soldatenherz erfüllt ist: S. M. der Kaiser, unser oberster Kriegsherr, und unser teures, geliebtes Vaterland, Hurra!"
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Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Russische Angriffe in den Karpathen zurückgeschlagen

Wien, 29. März.
Amtlich wird verlautbart:
Die Kämpfe in den Karpathen dauern fort. Ein gestern durchgeführter russischer Angriff auf die Höhen westlich Banyavölgy wurde nach mehrstündigem Kampfe unter großen Verlusten für den Feind zurückgeschlagen. Die Regimenter der vierten Kavallerietruppendivision haben sich, wie in den vergangenen Gefechten die Truppen der ersten Landsturm-Infanterie-Brigade, beispielgebend geschlagen. Wiederholte überlegene feindliche Vorstöße wurden von ihnen blutig abgewiesen. Nördlich des Uzsoker Passes scheiterten Nachtangriffe der Russen im wirksamsten Feuer unserer Stellungen.
An der Front in Südostgalizien Geschützkampf. Russische Kräfte, die östlich Zaleszcyki über den Dnjestr vorstießen, wurden nach heftigem Kampfe über den Fluß zurückgezogen.
In Russisch Polen und Westgalizien stellenweise Geschützkampf. Ein russischer Nachtangriff an der Losczina in Polen scheiterte vollkommen.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Marschall Liman v. Sanders Oberbefehlshaber der Dardanellenarmee

Marschall Liman von Sanders

Marschall Liman von Sanders

Konstantinopel, 29. März. (W. B.)
Durch ein kaiserliches Irade wurde angeordnet, daß die in den Dardanellen und in deren Umgebung zusammengezogenen ottomanischen Streitkräfte fortan eine Armee, und zwar die fünfte, zu bilden haben, deren Oberbefehl Marschall Liman von Sanders, dem früheren Oberbefehlshaber der ersten Armee, anvertraut wurde.

Konstantinopel, 29. März. (W. B.)
Privatnachrichten vom kaukasischen Kriegsschauplatz zufolge unternahmen vorgestern russische Kosaken Infanterieangriffe gegen die türkischen Truppen südlich des Flusses Arax; sie wurden aber mit schweren Verlusten zurückgeworfen. Bei Artwin wurden russische Angriffe gleichfalls abgeschlagen. Nördlich Olty wurde ein russischer Angriff von den türkischen Truppen aufgehalten. Ein russisches Flugzeug warf über der Ebene von Passinler eine Anzahl Proklamationen in türkischer Sprache ab, die angeblich von Muselmanen im Kaukasus verfaßt sein sollen. In Aserbeidschan herrscht vollkommene Ruhe. Die Russen konzentrieren ihre Hauptkräfte in der Umgebung von Choi.
Aus Medina wird vom 21. März gemeldet:
Ein vor Musseldsche an der Küste von Medina verankertes Kriegsschiff feuerte einige Granaten gegen die Stadt und versuchte etwa 30 Soldaten zu landen. Die Araber eröffneten aus dem Hinterhalt ein lebhaftes Feuer, wodurch ein großer Teil der Engländer getötet oder verwundet wurde. Hierzu wird bemerkt, daß dieser Zwischenfall mit den Behauptungen in dem Schreiben des Admirals Pears an den Wali von Smyrna, wonach England Freundschaft für die Muselmanen hege, schlecht zusammenstimme.

Konstantinopel, 29. März. (Priv.-Tel.)
Aus zuverlässiger Quelle erfahre ich, daß das französische Linienschiff "Gaulois", das am 18. März bei der Beschießung der Dardanellen schwere Beschädigungen erlitt, trotz aller Versuche, es flott zu erhalten, am Freitag Morgen vor Lemnos gesunken ist.
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Neue Erfolge unserer U-Boote

London, 29. März. (W. B.)
Meldung des Reuterschen Bureaus:
Der Dampfer "Falaba" ist auf der Höhe von Milford torpediert und zum Sinken gebracht worden. An Bord befanden sich 260 Personen, von denen 137 gerettet wurden.

London, 29. März (W. B. )
Den Zeitungen zufolge ist am Samstag der Dampfer "Aquila" aus Liverpool in der Höhe der Küste von Pembrokeshire von einem deutschen Unterseeboot zum Sinken gebracht worden. Zwanzig Mann der Besatzung sind heute in Fishguard gelandet worden.
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Bulgarien bleibt neutral


Ministerpräsident Wasil Radoslawow

Sofia, 29. März. (W. B.)
Die Session der Sobranje ist geschlossen worden. Vor der Verlesung der Schließungs- Verordnung erklärte der Ministerpräsident Radoslawow, er lege Wert darauf, seine frühere Erklärung zu erneuern und gleichzeitig zu unterstreichen, daß die Regierung bisher die strengste Neutralität beobachtet habe und weiterhin beobachten werde. Sie werde keiner Pression nachgeben und sich durch keinerlei eitles Versprechen fortreißen lassen, weil sie der Ansicht sei, daß die wirklichen Interessen Bulgariens Erwägungen sentimentaler Art vorgehen müßten. Das bulgarische Volk könne Vertrauen zu seiner Regierung haben, deren Politik dem Lande nur nützlich sein werde. Bulgarien habe niemanden gegenüber Verpflichtungen. Es könne sich nicht voreilig binden, denn es sei sicher, in diesem Falle zu verlieren. Die bulgarische Regierung müsse sich vor jeder Verlockung, von welcher Seite auch immer, hüten. Sobald die Interessen Bulgariens verletzt werden sollten, werde die Regierung mit der gesamten Nation die notwendigen Beschlüsse fassen müssen. Indem er die sozialistische These von der Balkanföderation zurückwies, sagte Radoslawow: "Diese Föderation ist unmöglich, weil es schwer ist, die Interessen der Balkanvölker zu versöhnen, die Bulgarien auflauern, um ihm den letzten Bissen zu entreißend Der Ministerpräsident schloß mit folgenden Worten an die Deputierten: "Sie kennen das letzte Wort der Regierung, die Bulgarien den Frieden durch die Neutralität geben will. Wenn es andere gibt, die mutiger und kühner sind und ihm den Krieg geben wollen, mögen sie kommen, um unseren Platz einzunehmen. (Beifall.)
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Der 1. Weltkrieg im März 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1915)

 

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