Der Weltkrieg am 12. Juni 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Vordringen der Armee Linsingen am Dnjestr

Großes Hauptquartier, 12. Juni.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Feindliche Angriffe in den Dünen nordöstlich von Nieuport und bei Mannekensvere, auf dem Osthang der Lorettohöhe und gegen Souchez wurden abgeschlagen.
In den Nahkampf nördlich Ecurie (Labyrinth) setzten die Franzosen gestern zweimal frische Kräfte zum Angriff ein. Es gelang, den Feind am Nachmittag vollkommen aus unseren Stellungen zu werfen, ein abends einsetzender neuer Vorstoß der Franzosen brach im Infanteriefeuer zusammen, der zurückflutende Feind erlitt sehr erhebliche Verluste.
Bei Serre (südöstlich Hebuterne) sind wir aus unseren rückwärtigen Stellungen wieder im Vorgehen.
Östlicher Kriegsschauplatz:
An der Dubissa in Gegend Zoginie und Betygola mißlangen russische Vorstöße.
Nördlich Prasznysz griffen unsere Truppen an, stürmten eine russische Stellung und nahmen 150 Gefangene, einige Maschinengewehre und Minenwerfer.
An der Rawka halbwegs Bolimow-Sochaczew brachen wir in die feindliche Stellung ein. Bis jetzt wurden 500 Russen gefangen.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Östlich Przemysl ist die Lage unverändert.
Die Armee des Generals v. Linsingen hat den von Norden her gegen ihren Flügel vorgehenden Feind angegriffen, Zurawno, das vor dem Anmarsch russischer Kräfte vorgestern geräumt worden war, ist wieder genommen und der Gegner in die Brückenköpfe bei Mlyniska (nordwestlich Zurawno) und Zydaczow zurückgeworfen. Feindliche Angriffe bei Halicz und auf Stanislau wurden abgewiesen.

Oberste Heeresleitung. 1)

Karte zum Ersten Weltkrieg

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Siegreicher Übergang über den Dnjestr - Rückzug der Russen aus der Bukowina - Rückeroberung von Zurawno

Wien, 12.Juni. 
Amtlich wird verlautbart.
Russischer Kriegsschauplatz: 
Zwischen Dnjestr und Pruth bekämpften die Truppen der Armee Pflanzer neuerdings mehrere russische Stellungen. Die Orte Jezierzany und Niezwiska nördlich Obertyn wurden erstürmt. Unsere siegreichen Truppen dringen gegen Czernelica vor und haben dort östlich Horodenko den Dnjestr überschritten. Zaleszczyki wurde genommen. Gegen diese Stadt richteten die Russen abends und während der Nacht verzweifelte Angriffe, die alle unter den schwersten Verlusten des Feindes abgewiesen wurden. Auch die Attacke eines Kosakenregiments brach in unserem Feuer vollständig zusammen.
In der Bukowina mußten die Russen auch die letzten Stellungen am Pruth aufgeben. Sie ziehen sich, von unseren Truppen scharf verfolgt, unter großen Verlusten über die Reichsgrenze zurück.
Die gestrigen Kämpfe der Armee Pflanzer brachten uns an 5000 Gefangene ein.
Südlich des oberen Dnjestr dauern die Kämpfe noch fort. Ein russischer Gegenangriff auf Stanislau wurde abgewiesen. Zurawno, das infolge Eintreffens russischer Verstärkungen geräumt worden war, wurde gestern von den verbündeten Truppen wieder genommen.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Die Einzelgefechte und Artilleriekämpfe am Isonzo dauern fort. Bisher haben die Italiener auf dem östlichen Flußufer nur bei Monfalcone und Karfreit, an Punkten, die vor unserer Kampffront liegen, Fuß gefaßt. Gestern erstiegen gegnerische Abteilungen bei Morgengrauen bei Plawa die östlichen Uferhöhen, wurden aber wieder herabgeworfen.
An der Kärntner Grenze wiesen unsere Truppen feindliche Angriffe auf die Übergänge in der Gegend des Monte Paralba ab und besetzten diesen Berg. Ein Versuch der Italiener, den Monte Piano wiederzugewinnen, scheiterte. Ansonsten schiebt sich der Feind in einzelnen Grenzräumen allmählich an unsere Stellungen heran. So steht er in Cortina d´Ampezzo, Fiera di Primiero und Borgo. 

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Der türkische Heeresbericht:

Die Versenkung eines russischen Torpedojägers im Schwarzen Meer

Konstantinopel, 12. Juni.
Das türkische Hauptquartier teilt mit:
Auf der Kaukasusfront wurde eine aus den drei Waffengattungen bestehende feindliche Kolonne, die in der Richtung auf Olty vorrücken wollte, durch einen Gegenangriff unserer Truppen aus der Umgegend verjagt. Wichtige Stellungen wurden dem Feinde entrissen. Während einer Operation unserer leichten Flotte im Schwarzen Meer in der letzten Nacht griff die "Midilli" ("Breslau") zwei große russische Torpedobootszerstörer vom Typ "Bespokolny" an, versenkte den einen und beschädigte den anderen.
An der Dardanellenfront bei Sed-ül-Bahr versuchten gestern feindliche Streitkräfte von anderthalb Kompagnien anzugreifen, wurden aber durch unser Feuer dezimiert und gezwungen, sich in ihre Schützengräben zu flüchten. Unsere Artillerie sprengte ein feindliches Munitionsdepot in diesem Küstenstrich in die Luft. Auf den übrigen Fronten keine Veränderung. 

 

Neue englische Niederlage an der Dardanellenfront

Konstantinopel, 12. Juni.
Das Große Hauptquartier meldet von der Dardanellenfront: 
In der Nacht vom 11. zum 12. Juni wurde der Feind, der mehrmals bei Sed-ül-Bahr unseren rechten Flügel anzugreifen versuchte, unter beträchtlichen Verlusten für ihn nach seinen alten Stellungen zurückgeworfen. Am Morgen des 12. Juni verschwendete die feindliche Artillerie bei Ari Burun eine große Menge von Geschossen, ohne irgendeine Wirkung zu erzielen. Unsere anatolischen Küstenbatterien beschossen gestern auch mit Erfolg die feindlichen Stellungen. - Von den übrigen Kriegsschauplätzen ist nichts zu melden.
1)

 

Die Antwortnote Amerikas über den "Lusitania"Fall

Berlin, 12. Juni. 
Die gestern von dem hiesigen Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika im Auswärtigen Amt überreichte Mitteilung vom 10. d. M. führt zum Fall der "Lusitania" aus, daß die deutsche Auffassung von der Bewaffnung der "Lusitania" und ihr Charakter als englisches Kriegsschiff auf falscher Information beruhe. Die Frage der Beförderung von Konterbande durch dieses Schiff sei unerheblich. Die Nebenumstände müßten gegenüber den Grundsätzen der Menschlichkeit in den Hintergrund treten, auf deren Achtung Amerika bestehen müsse. Sein tatsächlicher Widerstand oder die Weigerung anzuhalten rechtfertige eine Torpedierung. Die Regierung Amerikas erklärt sich mit Vergnügen bereit zur Vermittelung einer Verständigung zwischen Deutschland und England über eine Änderung des Charakters des Seekrieges. Sie erneuert aber ernstlichst und feierlichst ihre Vorstellungen vom 15. Mai und erwartet, daß Deutschlands Gerechtigkeit und Menschlichkeit in allen Fällen, wo Amerikaner geschädigt oder amerikanische Rechte verletzt sind, zur Geltung gebracht werden.
1)

 

Der 1. Weltkrieg im Juni 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

 

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