Der Weltkrieg am 28. Juni 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Die ganze Armee Linsingen überschreitet den Dnjestr - Einnahme von Halicz

Großes Hauptquartier, 28. Juni.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Nördlich von Arras wurden feindliche Nachtangriffe beiderseits der Straße Souchez - Aix-Roulette und am Labyrinth nördlich Ecurie abgeschlagen.
Im Westteil der Argonnen versuchten die Franzosen gestern abend ihre verlorene Stellung wieder zu nehmen. Trotz Masseneinsatzes von Artillerie scheiterten ihre Angriffe gänzlich.
Dasselbe Ergebnis hatte auf den Maashöhen ein zwei Kilometer breiter Infanterieangriff beiderseits der Tranchée. Nach ungewöhnlich großen Verlusten flüchtete der Feind in seine Stellungen zurück.
In den Vogesen überfielen unsere Truppen die Besatzung einer Kuppe hart östlich von Metzeral. 50 Gefangene und ein Maschinengewehr blieben in unserer Hand.
Besonders gute Erfolge hatten wir an dem südlichsten Teil unserer Kampffront gegen feindliche Flieger. Im Luftkampf wurden zwei feindliche Flugzeuge nördlich des Schluchtpasses und bei Gerardmer heruntergeschossen, zwei weitere durch Artilleriefeuer bei Largitzen und bei Rheinfelden auf Schweizer Gebiet zur Landung gezwungen.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Russische Angriffe nördlich und nordöstlich von Prasznysz, die sich hauptsächlich gegen unsere neue am 25. Juni eroberte Stellung südöstlich von Oglenda richteten, brachen unter großen Verlusten für den Gegner zusammen.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Halicz wurde von uns besetzt; der Dnjestr ist heute früh auch hier überschritten worden. Damit ist es der Armee des Generals v. Linsingen gelungen, auf ihrer ganzen Front nach fünftägigen schweren Kämpfen den Übergang über diesen Fluß zu erzwingen. Weiter nördlich verfolgen unsere Truppen den geschlagenen Feind gegen den Gnila-Lipa-Abschnitt. Seit dem 23. Juni nahm die Armee Linsingen 6470 Russen gefangen.
Nordöstlich von Lemberg nähern wir uns dem Bugabschnitt. Weiter westlich bis zur Gegend von Gieszanow sind die verbündeten Truppen im weiteren Vorgehen; sie machten mehrere Tausend Gefangene und erbeuteten eine Anzahl Geschütze und Maschinengewehre.

Oberste Heeresleitung. 1)

In dem gestrigen Bericht der Obersten Heeresleitung muß es heißen:
Bei der Zitadelle von Arras stehende feindliche Artillerie wurde von uns beschossen. Die Kathedrale ist nicht beschossen. 

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Wien, 28. Juni, mittags.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Die verbündeten Armeen in Ostgalizien verfolgen. Sie erreichten gestern unter fortdauernden Nachhutkämpfen nordöstlich Lemberg die Gegend Klodzienko-Zadworze, dann mit Vortruppen den Zwirz, der im Unterlauf schon überschritten wurde. Halicz ist in unserem Besitz. Das südliche Dnjestrufer aufwärts Halicz ist vom Feinde frei. Nach fünftägigen schweren Kämpfen haben die verbündeten Truppen der Armee Linsingen den Dnjestrübergang erzwungen. An der übrigen Dnjestrfront herrscht Ruhe.
Truppen der Armee des Erzherzogs Josef Ferdinand erstürmten gestern Plazow südwestlich Narol und drangen heute nacht in die feindlichen Stellungen auf den Höhen nordöstlich des Ortes ein. Die Russen sind im Rückzuge über Narol.
Die sonstige Lage im Nordosten hat sich nicht geändert.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Die Lage auf dem italienischen Kriegsschauplatz ist unverändert, der Feind fast vollkommen untätig. Nur die Geschützkämpfe dauern an allen Fronten fort.
Ein Marineflieger hat am 27. Juni bei Villa Vicentina einen feindlichen Fesselballon beschossen und zum Niedergehen gezwungen, am 28. Juni mitten im feindlichen Artilleriepark S. Canciano eine schwere Bombe mit verheerendem Erfolge abgeworfen, einen Dampfer in der Sdobba durch eine Bombe schwer beschädigt, so daß der Achterteil auf Grund sank.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Abreise des Reichskanzlers von Wien

Wien, 28. Juni. 
Der Reichskanzler und der Staatssekretär von Jagow haben heute abend Wien wieder verlassen.
1)

 

Der 1. Weltkrieg im Juni 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

 

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