Der Weltkrieg am 29. Juni 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Die Russen über die Gnila-Lipa geworfen

Großes Hauptquartier, 29. Juni.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Die Franzosen bereiteten gestern durch starkes Feuer zwischen der Straße Lens-Bethune und Arras nächtliche Infanterieangriffe vor, die jedoch durch unser Artilleriefeuer niedergehalten wurden.
Auf den Maashöhen griff der Feind die von uns am 26. Juni gewonnenen Stellungen südwestlich von Les Eparges im Laufe des Tages fünfmal an. Unter großen Verlusten brachen diese Angriffe - ebenso wie ein nächtlicher Vorstoß östlich der Tranchée - erfolglos zusammen.
Östlich von Lunéville gelangten drei von mehreren feindlichen Bataillonen ausgeführte Angriffe gegen unsere Stellungen am Walde Les Remabois und westlich von Leintrey-Gondrexon nur bis an unsere Hindernisse. Der Feind flüchtete unter unserem Feuer in seine Stellungen zurück.
Eine feindliche Artilleriebeobachtungsstelle auf der Kathedrale von Soissons wurde gestern von unserer Artillerie beseitigt.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Es hat sich nichts von Bedeutung ereignet.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Die Armee des Generals v. Linsingen hat den Feind in der Verfolgung auf der ganzen Front zwischen Halicz und Firlejow über die Gnila-Lipa geworfen. In diesem Abschnitt wird noch gekämpft.
Weiter nördlich ist die Gegend von Przemyslani-Kamionka erreicht. Nördlich Kamionka wartete der Gegner unsern Angriff nicht ab, er ging hinter den Bug unterhalb dieses Ortes zurück.
Nördlich und nordwestlich Mosty-Wielkie (50 km nördlich Lemberg) sowie nordöstlich und westlich von Tomaszow stellte sich gestern der Feind. Er wurde überall geworfen. Wir stehen jetzt auch hier auf russischern Boden.
Unter dem Drucke unseres Vorgehens in diesem Raum beginnt der Feind seine Stellungen am Tanewabschnitt und am unteren San zu räumen.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Erfolgloser Fliegerangriff auf die Friedrichshafener Zeppelinwerft

Stuttgart, 29. Juni.
Das württembergische Kriegsministerium teilt mit:
Am Sonntag, den 27. Juni, um 10 Uhr 30 Minuten vormittags, näherte sich ein französischer Doppeldecker von Konstanz her Friedrichshafen. Schon beim Anflug heftig von Artillerie beschossen, setzte er den Flug nicht dicht über Friedrichshafen fort, sondern machte eine Schleife über dem Seeufer westlich der Stadt, wobei er drei Bomben, die keinerlei Schaden anrichteten, abwarf. Eine Bombe fiel in den See bei Manzell, die anderen in das Gelände zwischen Schützenhausen-Waggershausen und dem Seeufer. Nach Abwurf der letzten Bombe entzog sich der Flieger dem Artilleriefeuer durch Wegflug in der Richtung Konstanz. Wie aus Schweizer Zeitungen zu entnehmen ist, mußte er später auf Schweizer Boden landen, wo er festgenommen wurde.
1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Einnahme von Tomaszow

Wien, 29. Juni, mittags. 
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
In Ostgalizien sind die verbündeten Armeen in der Verfolgung bis an die Gnila-Lipa und den Bug bei Kamionka-Strumilowa vorgedrungen. Die in dieser Linie stehenden russischen Kräfte werden angegriffen. Burstyn wurde gestern genommen. Starke feindliche Kräfte, die bei Sielec (nord-westlich Kamionka-Strumilowa) hielten, wurden heute nacht nach heftigem Kampfe unter großen Verlusten auf Krystynopol zurückgeworfen.
Nördlich Rawa-Ruska und nördlich Cieszanow drangen die verbündeten Truppen auf russisches Gebiet vor. Tomaszow ist in unserem Besitz. Heute nacht räumte der Feind seine Stellungen am nördlichen Tanew und nördlichen Sanufer und begann den Rückzug in nordöstlicher Richtung. Er wird überall verfolgt.
In Polen und am Dnjestr ist die Lage unverändert.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Am italienischen Kriegsschauplatz hat sich auch gestern nichts von Bedeutung ereignet. Der Feind verschoß wieder viel Artilleriemunition gegen den Görzer Brückenkopf.
Das italienische Sanitätspersonal befördert unter Mißbrauch der Genfer Konvention Maschinengewehre auf seinen Tragbahren.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Ehrung der verbündeten Generalstabschefs

v. Hötzendorf
v. Hötzendorf
v. Falkenhayn
v. Falkenhayn

Wien, 28. Juni.
Kaiser Franz Josef hat den Generalstabschef Freiherrn Conrad v. Hötzendorf zum Generalobersten und den preußischen Generalstabschef v. Falkenhayn zum Oberstinhaber des 8. österreichischen Infanterieregiments ernannt.
1)

 

Ein großer englischer Dampfer torpediert

London, 29. Juni. 
Wie das Reutersche Bureau meldet, ist gestern nachmittag bei Tuskar in der Irischen See der große englische Dampfer "Indrani" torpediert worden. Die Besatzung ist gestern früh in Milfordhaven durch Fischerdampfer aus Swansea gelandet worden.
1)

 

Ernennung Poliwanows zum russischen Kriegsminister


Poliwanow

Petersburg, 29. Juni.
Der Zar hat das Rücktrittsgesuch des Kriegsministers, Generaladjutanten Suchomlinow, angenommen und den General der Infanterie Poliwanow zum Verweser des Kriegsministeriums ernannt.
1)

 

Der 1. Weltkrieg im Juni 1915

ZURÜCK   HAUPTSEITE   WEITER

 

Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

 

© 2005 stahlgewitter.com